Die Löwin
Bianca, die sich als sehr dickköpfig erwiesen und durchgesetzt hatte, mitzukommen, da sie die Capitana nicht ohne weibliche Begleitung hatte reiten lassen wollen. Caterina war es nicht recht gewesen, doch da Malle ein solch scharfer Ritt nicht zuzumuten gewesen war, hatte sie schließlich nachgegeben. Zu ihrer Erleichterung saß Bianca sicher auf ihrem Maultier und hatte den Gewaltritt über Fels und Stein nicht nur klaglos ertragen, sondern ihn auch kaum verlangsamt.
Während die beiden Offiziere eifrig erklärten, den Plan der Capitana verstanden zu haben, schob Bianca sich an Caterinas Seite, zupfte ein wenig an deren Kleidung herum und forderte sie dann auf, sich seitwärts in den Sattel zu setzen.
»Eine Dame reitet nicht wie ein Pferdeknecht, Signorina! Wenn Ihr die Sitten so verletzt, könnte es Misstrauen erregen.«
Caterina schwang seufzend ihr rechtes Bein über Pernicas Hals und bemühte sich, nur noch im linken Steigbügel stehend einen festen Sitz auf dem dafür recht ungeeigneten Sattel zu finden.
»Lass uns reiten!«, forderte sie Bianca auf, die sie in das geplante Täuschungsspiel mit einbezogen hatte.
»Ihr anderen folgt uns, wenn wir am Tor angekommen sind. Oder besser noch – betet zehnmal das Vaterunser und reitet dann los.« Caterina winkte ihren Männern aufmunternd zu und lenkte dann die Stute durch den Wald, bis sie eine Stelle erreichten, an der sie auf die Hauptstraße einschwenken konnten, ohne von der Stadt aus gesehen zu werden. Bianca steckte in einem Kleid, das sie als ihre Hausdame auswies, und sie wurden von fünfzehn Reitern begleitet.
An der Porta Grosso war man gerade dabei, die letzten Reisenden hindurchzutreiben, um die Tore schließen zu können. Caterinas Erscheinen ließ die Wächter innehalten. Neugierige Blicke trafen die kleine Schar, dann trat ihnen der Unteroffizier der Wache mit einer höflichen Verbeugung entgegen.
»Verzeiht, Signorina, dürfte ich Euren Namen erfahren? Es wurde Alarm gegeben und ich darf niemand ungefragt in die Stadt lassen.«
»Du siehst Ihre Erlaucht die Gräfin von Trutzingen-Wutzingen vor dir, die zum Grabe des heiligen Francesco von Assisi pilgert.« Bianca hatte die Antwort übernommen und dabei italienische und deutsche Worte so bunt gemischt, dass der Wächter nur einen Teil davon verstand. Sein Blick hellte sich jedoch auf, als er annehmen musste, dass er eine deutsche Adelsdame vor sich sah, die sich nur für Reliquien und heilige Orte interessierte. Er trat höflich beiseite und gab Befehl, die Gruppe einzulassen. Kaum hatten Caterinas Leute das Tor passiert, umringten sie die Wachen und hielten ihnen die Schwerter an die Kehlen.
»Seid ihr für Visconti oder gegen ihn?«, fragte Caterina, obwohl ihr die Farben Muozzolas auf den Waffenröcken der Wachen bereits Antwort genug war. Wie es aussah, hatte der Podesta in Erwartung der Visconti-Truppen bereits die Macht in der Stadt an sich gerissen. Für einen Augenblick befürchtete Caterina, mit ihren wenigen Reitern das Blatt nicht mehr wenden zu können, dann aber wies sie energisch auf die schmale, steile Gasse, die zu einem wuchtigen Gebäude führte. »Dort ist das Arsenal. Zehn Leute sollen es sofort besetzen.«
»Könnt ihr das Tor mit so wenigen halten?«, fragte einer ihrer Begleiter besorgt.
Caterina sah, dass die Wachen unter Kontrolle waren, und nickte. »Zumindest so lange, bis Camillo und Friedel mit dem Haupttrupp erscheinen.«
Der Mann nickte, auch wenn er nicht ganz überzeugt zu sein schien, und winkte einigen Gefährten, ihm zu folgen. Caterina sah ihnen einen Augenblick lang nach und griff, um ihre angespannten Nerven zu beruhigen, selbst zum Schwert. Sie musste die Waffe jedoch nicht einsetzen, denn die Bürger, die ihr Manöver beobachtet hatten, interessierten sich nur wenig für das, was am Tor geschah, sondern eilten in ihre Häuser und schlossen die Fensterläden. Keinem schien es einzufallen, die Nachricht von den unerwarteten Eindringlingen zu dem Palazzo zu tragen, in dem Umberto di Muozzola seit einigen Tagen als unumschränkter Herr der Stadt residierte. Die Spuren seiner Machtergreifung konnte Caterina deutlich sehen und riechen, denn auf dem kleinen Platz, der sich an das große Tor anschloss, schaukelten drei Gehenkte im leichten Wind. Der Herzog von Molterossa hätte ihr sagen können, dass es sich um jene Bürger handelte, die ihn auf seiner Burg aufgesucht hatten, um seine Hilfe gegen Muozzola und den Visconti zu erbitten.
Während ihre
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