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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Begleiter die gefangenen Wächter in einen der beiden Tortürme sperrten, erschienen Friedel und Camillo di Rumi mit dem Haupttrupp ihrer Schar und schlossen das Tor hinter sich. Während zwei Gruppen die beiden anderen Stadttore von innen sicherten, ritt Caterina mit einigen Begleitern zum Arsenal, das sich bereits in der Hand ihrer Leute befand.
    Mit einem Mal öffneten sich etliche Türen und Fenster wieder, die eben noch hastig geschlossen worden waren, und von allen Seiten strömten Menschen herbei. Caterinas Begleiter hoben die Waffen, um sich zu verteidigen, atmeten aber erleichtert auf, als plötzlich Hochrufe ausgebracht wurden. Bürger, Knechte und Frauen aller Stände drängten sich um Caterinas Trupp, blickten mit leuchtenden Augen zu ihnen auf und jubelten, als sie einige bekannte Gesichter unter ihnen entdeckten.
    »Seid ihr wirklich die Männer von Monte Elde?«, fragte eine ältere Frau noch etwas scheu.
    »Wir sind die Eisernen, Signora Bassi, und das hier ist Monte Eldes Tochter, unsere Capitana!«, antwortete Friedel, der in ihr die Ehefrau eines der führenden Bürger der Stadt erkannt hatte.
    Signora Bassi krampfte die Hände vor der Brust zusammen und stieß ein Schluchzen aus, das nach zwei Atemzügen in ein wildes Geheul überging. »Die Eisernen sind hier! Tod den Visconti-Hunden! Rache für meinen Mann und meinen Neffen! Vorwärts! Worauf wartet ihr noch?«
    Ihre Worte wirkten wie ein Signal. Die versammelte Menge, die eben noch so fröhlich gewirkt hatte, verwandelte sich innerhalb eines Augenblicks in eine heulende Furie. Caterina sah, wie ein Teil der Leute in die Häuser stürmte und alles herausholte, das als Waffe zu verwenden war. Wenige Augenblicke später hatte sich die Stadt in einen Höllenpfuhl verwandelt. Türen wurden eingeschlagen, Menschen schrien in hellster Angst auf und verstummten plötzlich, und dann wurden die ersten Leichen aus den Fenstern geworfen.
    Voller Entsetzen erkannte Caterina, dass die heulende Masse weder Frauen noch Kinder verschonte. Wütend gab sie ihren Leuten Befehl, einzugreifen, fühlte jedoch prompt Biancas Hand wie eine eiserne Klammer um ihren Arm.
    »Tu das nicht, wir haben keine Chance, etwas zu verhindern! Es ist entsetzlich, aber so geht es in Italien nun einmal zu. Der Hass zwischen den Visconti-Leuten und ihren Feinden kennt keine Grenzen. Denke an die Gehenkten beim Tor. Sie waren gewiss nicht die einzigen Toten, die es in den letzten Tagen hier gegeben hat. Die Bürger der Stadt haben Umberto di Muozzola vertraut und sind von ihm verraten worden. Sie haben ein Recht, sich an ihm und seinen Helfershelfern zu rächen.«
    »Aber was ist mit den Kindern?« Caterina zeigte mit blutleerem Gesicht auf einen sich wie irrsinnig gebärdenden Städter, der einem kleinen Jungen mit dem Absatz den Kopf zertrat.
    »Lässt man die Kinder am Leben, zwingt das Gesetz der Vendetta diese zur Rache, und deswegen tötet man sie gleich mit.«
    »Aber du und deine Brüder, ihr seid doch noch am Leben, obwohl euer Vater umgebracht wurde.«
    »Das war etwas anderes! Das Urteil ist von einem Gericht gesprochen worden, so ungerecht es auch gewesen sein mag, und damit steht eine ganze Stadt dahinter. In meinem Fall Rache zu suchen ist unmöglich, wenngleich ich zugeben muss, dass mein Francesco einige der Männer, die am Tod meines Vaters schuld waren, hat abfangen und aufhängen lassen.« Biancas Gesicht zeigte keine Regung. Sie hielt Caterina fest, während ihre Leute die kleine Bastion der Stadt übernahmen und die Besatzung, die ihnen angesichts der tobenden Masse freiwillig das Tor geöffnet hatte, in den Kellern dort einsperrte, damit sie vor der Rache der Städter geschützt war.
    Während Muozzolas Söldner als Caterinas Gefangene in Sicherheit waren, hatten die einheimischen Anhänger des Podesta keine Chance, ihren Mördern zu entkommen. Da Caterinas Männer die Tore der Stadt besetzt hatten und niemand hinausließen, damit die Visconti-Truppen nicht vorschnell die Nachricht von der geglückten Einnahme Rividellos erhielten, überlebten nur diejenigen Visconti-Anhänger, die von mutigen Freunden versteckt wurden. Die anderen fielen ihren Feinden zum Opfer, die mehr an ihnen zu rächen hatten als die drei Toten am Tor.
    Caterina fand es unerträglich, diesem Massaker zusehen zu müssen, ohne einschreiten zu können. Doch wenn sie versucht hätte, dazwischenzutreten, wäre die entfesselte Meute auch über sie und ihre Leute hergefallen. In diesem Augenblick

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