Die Löwin
schlagen wollen, finden wir gewiss.«
»Vielleicht sogar sechsundsechzig oder gar einhundertelf!«, rief Borelli begeistert.
Rodolfo widerstand nur mit Mühe dem Wunsch, ihn ins Gesicht zu schlagen. Keine Frau der Welt überstand eine solche Behandlung ohne bleibenden Schaden, wenn sie nicht gar dabei starb. Da Borellis Vorschlag bei den versammelten Offizieren Anklang fand und Lanzelotto Aniballi bereits eine Liste der entsprechenden Männer zusammenstellte, zwang Rodolfo sich zur Ruhe. »Ich weiß nicht, ob diese Idee so gut ist. Die Tedesca ist immerhin Olivaldis Enkelin, und ich glaube nicht, dass der Marchese es gerne sehen würde, wenn sein Blut auf diese Weise geschändet wird. Wie Ihr wisst, ist er leicht zu erzürnen. Er hätte dem Papstnepoten Salvatore Tomacelli nur jenes eine Lehen übergeben müssen, welches dieser von ihm verlangt hat, und wäre von Seiner Heiligkeit mit einem ebenso reichen Landstrich abgefunden worden. Doch er hat es vorgezogen, sich vom Heiligen Stuhl zu trennen und sich Herzog Gian Galeazzo anzuschließen. Wollt Ihr daran schuld sein, wenn er seinen Sinn wieder ändert?«
Für einen Augenblick sah es so aus, als könnte er Malatesta überzeugen. Dann aber spie der Condottiere aus und griff sich in den Schritt. »Egal, was geschieht, sie wird unter mir liegen. Diese Genugtuung kann auch Olivaldi mir nicht verwehren.«
»Unter mir muss sie ebenfalls liegen!«, schrie Borelli mit sich überschlagender Stimme. »Eher gehe ich zum Feind über, als auf meine Rache zu verzichten!«
»Das wäre kein Schaden für uns«, murmelte Rodolfo, doch er sah keine Möglichkeit mehr, die Männer umzustimmen. In diesem Augenblick begann er zu hoffen, Caterina möge klug genug gewesen sein, ihre Truppe einem erfahrenen Offizier anzuvertrauen und sich selbst nach Giustomina zurückzuziehen. Doch während er Malatesta beobachtete, der sich eben in all jenen Dingen erging, die er der Tedesca antun wollte, wurde ihm klar, dass sie auch dort nicht sicher sein würde. Malatesta hatte den Weg seiner Truppen so gelegt, dass dieser sie in die Nähe von Monte Eldes Gütern führte. Also war Caterina inmitten ihrer Soldaten immer noch am sichersten, zumindest so lange, wie sie einer Schlacht mit Malatesta oder einem anderen Mailänder Condottiere auswich. Doch genau daran zweifelte er. Sie war eine Tochter des Nordens und damit von Hause aus unvernünftig und eigensinnig. Daher würde sie keinem Kampf aus dem Weg gehen. Irgendwie tat ihm das Mädchen jetzt schon leid, denn er sah keine Chance, das Verhängnis aufzuhalten, das auf Caterina zurollte.
11.
C aterina zügelte ihre Stute am Rande des kleinen Wäldchens und winkte ihren Begleitern, ebenfalls anzuhalten. Vor zwei Tagen hatten sie den Haupttrupp der Kompanie verlassen und waren von Chiusi della Verna aus über die Berge geritten. Ein Söldner, der aus dieser Gegend stammte, hatte ihnen diesen Weg gezeigt und strahlte nun über das ganze Gesicht, als er zu seiner Capitana aufschloss. »Dort liegt Rividello, genau wie ich es gesagt habe. Ich bin sicher, dass kein einziger Visconti-Spion weiß, wie nahe wir unserem Ziel bereits sind.«
»Das war sehr gut! Jetzt müssen wir die Stadt nur noch einnehmen.« Caterina atmete scharf durch, dies war der schwache Punkt in ihrer Planung.
»Wir müssen die Porta Grosso gewinnen, Capitana«, erklärte der Söldner. »Wenn wir dieses Tor haben, beherrschen wir auch den Rest.«
Caterina nickte und sah auf die Stadt hinab, die sich im Schein der Abendsonne malerisch an den Hang schmiegte. Nicht weit vor ihnen führte die Hauptstraße auf ein von zwei runden Türmen flankiertes Tor zu, durch das eben die letzten Reisenden in die Stadt eilten.
»Ist das die Porta?«, fragte sie den Söldner.
Der Mann nickte. »Si, Signorina. Das ist das große Tor von Rividello.«
»Ihr wisst, was ihr zu tun habt?« Caterinas Worte galten Friedel und Camillo di Rumi, die sie als Unterführer der etwas mehr als einhundert Reiter eingesetzt hatte. Für diesen Ritt hatte sie die starre Aufteilung der Einheit in Lanzen aufgehoben und auf Lanzenknechte verzichtet, die, wenn sie überhaupt beritten waren, auf elenden Kleppern saßen. So wurden die Ritter nur von ebenso vielen Knappen begleitet, die ebenfalls über schnelle Pferde verfügten. Ihr Trupp war daher so rasch vorwärts gekommen, wie sie es erhofft hatte, und könnte über die Visconti-Leute in der Stadt kommen, ehe diese sich der Gefahr bewusst wurden. Ein kurzer Blick galt
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