Die Löwin
heraus!«
Sie tauchte einen großen, grob gewebten Lappen in das heiße Wasser, rieb ihn mit Seife ein und begann die junge Frau wie ein kleines Kind von Kopf bis Fuß zu waschen, ohne auf deren Proteste einzugehen. Da ein Teil des Schmutzes auch dieser Behandlung widerstand, schickte sie eine Magd jene scharfe Laugenseife holen, mit der sonst Kleidung gereinigt wurde.
»Macht die Augen zu, sonst beißt es!«, befahl sie Caterina und rückte ihr mit dem scharf riechenden Schaum zu Leibe.
Sofort begannen die vielen kleinen Wunden und Abschürfungen, die Caterina sich bei ihrer Flucht zugezogen hatte, wie Feuer zu brennen, und als sie sich über die vor Schmerzen tränenden Augen wischte, drang die Seife unter die Lider und brachte sie erst recht zum Weinen. Jetzt spürte sie, dass die Flucht ihr beinahe Menschenunmögliches abverlangt hatte, denn es gab keine Stelle ihres Körpers, die ihr nicht wehtat.
Malle fasste Caterinas linke Hand und beäugte eine große Blutblase, die ihre Herrin sich zugezogen hatte, als sie mit dem Stein danebengeschlagen und ihre Finger getroffen hatte. »Bei Gott, wenn ich den erwische, der Euch so zugerichtet hat, jage ich ihm den Bratspieß durchs Herz!«
Sie schüttelte sich und befand, dass ihre Herrin jetzt sauber genug sei, um in die Wanne zu steigen. Sie versetzte Caterina einen aufmunternden Schubs, sah dann das Blut, das aus einer Schnittwunde an deren Fuß auf den Boden gesickert war, und schüttelte ein weiteres Mal den Kopf. »Bei der Heiligen Jungfrau! Was hat man Euch angetan?«
»Wenn du mich zu Wort kommen lassen würdest, anstatt mich andauernd herumzukommandieren, hätte ich es dir längst berichtet!«, fauchte Caterina sie an.
»Das könnt Ihr tun, wenn Ihr endlich in der Wanne sitzt!« Malle ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, sondern nörgelte so lange, bis ihre Herrin sich aufstöhnend in dem noch dampfenden Wasser niederließ.
»Das wird Euch gut tun!«, erklärte die Beschließerin, schnitt die Duftseife mit einem Messer in kleine Stücke und begann, Caterinas verklebtes Haar zu waschen und zu entwirren. »So, jetzt könnt Ihr mir erzählen, was Euch zugestoßen ist. Dieser Trefflich sollte sich schämen, Euch in einem solch elenden Zustand zurückkommen zu lassen. Da sieht man gleich, dass seinesgleichen kein Edelmann ist, sondern zum Gesindel gehört.« Malle sagte das so hochnäsig, als blicke sie selbst auf einen adeligen Stammbaum zurück, der vielleicht nicht zu Adam und Eva, aber gewiss bis zu Noah und dessen Sohn Japhet zurückzuverfolgen war.
»Trefflich ist eine räudige Ratte, die man mit einer Mistgabel aufspießen müsste!« Dies war nur der Beginn einer Kaskade phantasiereicher Beschimpfungen, mit der Caterina all die Schlechtigkeiten aufzählte, die Trefflich sich ihr gegenüber zuschulden hatte kommen lassen. Da ihr die deutschen Worte zu schlaff erschienen für das, was sie hatte erdulden müssen, ging sie in die Sprache ihrer Mutter über, die viel klangvollere Flüche und Verwünschungen enthielt.
Malle, die mit Caterinas Mutter aus Italien gekommen war und die Sprache daher fließend sprach, schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als sie Worte vernahm, die einem edel geborenen Fräulein wahrlich nicht angemessen waren. »Ihr solltet Eure Zunge besser im Zaum halten, Jungfer Caterina. Eure Mutter würde gewiss nicht dulden, dass Ihr solche Dinge in den Mund nehmt. Schließlich seid Ihr keine Küchenmagd.«
»Pah! Mama war die Tochter eines Markgrafen und hat sie auch benutzt.« Während Caterina einen weiteren Schwall wüster Beschimpfungen über Trefflich ausgoss, musste Malle an die Mutter ihrer Herrin denken und an Franz von Eldenberg, der sie aus dem Süden mitgebracht und zu seiner Frau gemacht hatte. Seine Liebe zu Margerita war nicht stark genug gewesen, ihn in der Heimat zu halten: Schon vier Jahre später, kurz nach Caterinas Geburt, hatte er seine Frau und seine Kinder auf Eldenberg zurückgelassen und war fortgegangen, um sein altes Leben als Söldnerführer wieder aufzunehmen. Als er das nächste Mal auf seinen Besitz in Schwaben zurückgekehrt war, hatte Signora Margerita bereits in geweihter Erde geruht. Dennoch war er nicht geblieben, sondern hatte den sieben Jahre alten Jakob – oder Giacomo, wie die Mutter ihn genannt hatte – und die vierjährige Caterina unter der Obhut Malles und seines Kastellans zurückgelassen. Seitdem war Franz von Eldenberg nur noch dreimal aufgetaucht. Das erste Mal hatte er seinen
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