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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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zu verdrängen, um selbst dessen ausgedehnte Besitztümer zu erben. Unwillkürlich winkte er ab, es war sinnlos, viele Gedanken an eine Vergangenheit zu verschwenden, die sich doch nicht ändern ließ. Er musste seinen Weg gehen, selbst wenn dieser ihn an die Seite Gian Galeazzo Viscontis stellte.
    Sein Blick streifte noch einmal Olivaldi, der in seinem weiten, dunkelroten Überrock und dem kurz gehaltenen, eisgrauen Bart wie ein Relikt aus alter Zeit wirkte, und blieb dann auf Henry Hawkwood haften, der nun direkt in den Diensten des Herzogs von Mailand stand und dessen Vertrauten Angelo Maria Visconti hierher begleitet hatte. Obwohl Hawkwood der Sohn einer Italienerin war, gefiel er sich im Praktizieren von Ritualen, die er für englisch hielt, und tat so, als fuße der Erfolg seines Vaters und dessen ruhmvoller Weißer Kompanie auf dessen Herkunft, statt dass sie durch Verstand und Mut errungen worden war. Dieser Condottiere war in Rodolfos Augen eine zu vernachlässigende Person im Raum, ganz im Gegensatz zu Angelo Maria Visconti, der ganz in Silber und Blau, den Farben seiner Sippe, gekleidet war und den Ehrenplatz einnahm. Sein hageres Gesicht drückte Abscheu und Zorn aus, und als er sprach, trommelte er mit den Fingerkuppen auf der Stuhllehne.
    »Mein Vetter ist sehr ungehalten über Euch, Messer Battista! Ich vermag gar nicht, die Größe seines Zornes angemessen darzustellen.«
    Er sagt tatsächlich Vetter, dachte Rodolfo belustigt. Dabei war die Verwandtschaft Angelo Maria Viscontis zu Herzog Gian Galeazzo so weitläufig, dass es schon eines Advokaten bedurfte, sie zu erklären.
    Während Battista Legrelli sich wie ein Wurm krümmte, nickte der Marchese mit ernster Miene. »Seine Gnaden ist zu Recht erzürnt, Messer Angelo, und ich bin es nicht minder. Es war eine Narrheit von Messer Battista, diesen Eldenberg zu sich zu rufen und ihn auf dem Heimweg ermorden zu lassen.«
    Olivaldi sprach den Namen Eldenberg in einer Weise aus, als beschmutze er seinen Mund. Angelo Maria Visconti schien diese Gefühlsäußerung jedoch nicht zu bemerken. »Euch muss dieser Mord ja doppelt treffen, Euer Durchlaucht, denn dieser Monte Elde war Euer Eidam und sein Sohn Euer Enkel.«
    Olivaldi hieb mit der Hand durch die Luft, als müsse er einen unangenehmen Gedanken verscheuchen. »Ich habe Eldenberg nie als Schwiegersohn anerkannt und meine Tochter in dem Augenblick verstoßen, in dem sie sich mit diesem Tedesco eingelassen hat. In meinen Augen haben er und sein Sohn ein gerechtes Ende gefunden. Es hätte jedoch nicht an diesem Tag und auf diesem Weg geschehen dürfen. Eldenberg war ein Feind, und es musste unser Ziel sein, ihn auszuschalten. Dieser Mord aber hätte niemals mit dem Namen Seiner Gnaden, des Herzogs von Mailand, in Verbindung gebracht werden dürfen.«
    »Ich frage mich, wer ausgeplaudert hat, dass Messer Battista ein Mann Viscontis geworden ist! Sein Frontwechsel hätte auf keinen Fall so früh bekannt werden dürfen. Jetzt pfeifen ihn bereits die Sperlinge von den Dächern. Wenn ich den Schuldigen erwische, wird er sich wünschen, nie geboren worden zu sein!« Angelo Maria Viscontis Stimme klang gelassen, doch seine Haltung und sein Gesichtsausdruck strömten eine Wut aus, die schier die Luft im Raum vibrieren ließ.
    Rodolfo beobachtete, wie Hawkwoods Miene für ein, zwei Herzschläge einen schuldbewussten Ausdruck annahm. Vermutlich hatte der Condottiere geplaudert, aber ehe er zu einem endgültigen Urteil über den Mann kommen konnte, stieß Battista Legrelli einen verzweifelten Fluch aus und reckte die Hände gen Himmel. »Bei der Heiligen Jungfrau und sämtlichen Heiligen unserer apostolischen Kirche schwöre ich, dass ich Monte Elde nicht habe umbringen lassen!«
    »Kein anderer als Ihr hatte Grund dafür. Ihr habt ihn eingeladen und ihm ein Angebot gemacht, das er abgelehnt hat. Vielleicht waren seine Worte beleidigend, doch auch das kann diese Tat nicht entschuldigen«, erklärte Angelo Maria Visconti kalt.
    »Der Mord wirft dunkle Schatten auf unsere Pläne, denn er schweißt unsere Feinde zusammen und macht es uns unmöglich, mit Leuten der Gegenseite oder neutralen Personen erfolgreich zu verhandeln. Als ich kurz danach zwei Condottieri auf meine Burg bat, die ich für uns gewinnen wollte, erhielt mein Bote die Antwort, ich solle gefälligst zu ihnen kommen, denn sie hätten keine Lust, so zu enden wie Monte Elde.« Der Marchese verwendete zum ersten Mal die italienisierte Version des Namens

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