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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Borelli wunderte sich über die zunehmende Unruhe im Lager und erhob sich, um nach dem Grund zu sehen. In dem Augenblick stürmte sein Vetter Ranuccio in sein Zelt. Das Gesicht des hageren Mannes wirkte so fassungslos, als hätte er eben einen Blick in die tiefste Hölle geworfen. »Die Tedesca ist hier! Die muss der Teufel hierher geweht haben.«
    »Welche Deutsche?«, fragte Borelli.
    »Monte Eldes Tochter!«
    Im ersten Augenblick winkte Borelli ungläubig ab, begriff aber dann, dass sein Vetter die Wahrheit sprach, und lachte auf. »Bei Gott, sei doch froh darüber! Sie kommt gerade richtig, um uns in die Hände zu spielen. Ich habe mir schon ausgerechnet, wie lange ein Bote benötigt, um nach Deutschland zu reisen und mir ihre Antwort zurückzubringen. Verdammt lange, sage ich dir! Jetzt kann ich die Frage, wem die Compagnia Ferrea gehört, vielleicht heute noch klären.«
    Ranuccios Miene glättete sich und er streichelte grinsend den Griff seines Dolches. »Lässt du es mich diesmal tun?«
    Borelli dämpfte seine Stimme. »Halt den Mund, du Narr! Wenn dich jemand hört, haben wir verspielt! Mit einem Mord ist das Problem nicht zu lösen. Steifnacken und einige seiner Freunde misstrauen mir und werfen mir vor, meinen Onkel im Stich gelassen zu haben. Wenn jetzt der Tochter etwas passiert, werden sie mich auf jeden Fall für den Schuldigen halten, und dann können wir froh sein, wenn wir mit heiler Haut davonkommen.«
    »Was willst du denn sonst tun?«, fragte sein Vetter argwöhnisch.
    »Ganz friedlich mit ihr reden und ihr erklären, dass ich als ihr Verwandter und als Vertrauter ihres Vaters der beste Mann bin, um die Kompanie zu übernehmen.«
    Ranuccio nickte. »Das könnte klappen.«
    Die Erleichterung im Blick seines Vetters reizte Borelli zu einem spöttischen Grinsen. »Steifnacken wird versuchen, meine Base gegen mich aufzubringen, doch der alte Sturkopf wird feststellen müssen, dass ich so ein naives Ding auch unter seinen Augen um sämtliche Finger wickeln kann.«
    »Willst du sie heiraten und dir vom Kaiser einen Adelstitel verleihen lassen?« In Ranuccios Miene flammte Neid auf.
    Borelli schüttelte amüsiert den Kopf. »Warum sollte ich mich mit so einer geringen Verbindung zufrieden geben? Bin ich erst ein geachteter Condottiere, kann ich mir eine weitaus reichere Braut angeln, eine mit einer einflussreichen Verwandtschaft, die meinen Aufstieg fördert. Würde ich Caterina heiraten, müsste ich mich über kurz oder lang ihrer entledigen, und das könnte meine Chancen auf eine neue Heirat arg beeinträchtigen. Noch bin ich kein so hoher Herr, dass ich mir derlei Dinge ungestraft leisten kann.«
    »Aber …«, begann Ranuccio.
    Borelli schnitt ihm das Wort ab. »Jetzt werde ich mir die Tedesca erst einmal ansehen und an mein vetterliches Herz drücken. Bevor sie weiß, wie ihr geschieht, habe ich ihr die Kompanie abgeschwatzt. Sie wird glücklich sein, mit ein paar tausend Dukaten zu ihrer verfallenen Burg zurückkehren zu können.«
    »Du besitzt nicht einmal hundert Dukaten, geschweige denn tausend!«
    »Du wirst mir das Geld besorgen! Nimm deinen Gaul und reite nach Giustomina und Viratelli und hole dort alles von Wert heraus, was zu finden ist, und verkaufe oder versetze es. Solltest du nicht genug zusammenbekommen, verkaufst du eben eine der beiden Besitzungen. Ich werde dir die entsprechende Vollmacht ausstellen.«
    »Das Zeug gehört doch ebenfalls Monte Eldes Tochter«, wandte Ranuccio ein.
    »Wir wissen das! Aber in der Romagna hat keiner eine Ahnung, dass es eine Erbin gibt. Beeil dich aber, ehe dir die Gerüchte zuvorkommen.«
    »Die Tedesca wird es wissen und hat vielleicht schon ihre Vorkehrungen getroffen.«
    Borelli wischte auch diesen Einwand mit einer verächtlichen Handbewegung beiseite. »Ich habe jeden der wenigen Briefe gelesen, die mein Onkel ihr geschickt hat. Von seinen Besitzungen in der Romagna war darin nie die Rede. Ich denke, er wollte ihr nicht unter die Nase reiben, dass er kein armer Schlucker mehr war, denn sonst hätte sie Geld von ihm gefordert. Monte Elde war geiziger als ein alter Jude.« Während Borelli einen Bogen Papier zur Hand nahm und einige Zeilen darauf kritzelte, kratzte Ranuccio sich an seinem schlecht rasierten Kinn.
    »Was ist mit Bianca? Die wird Zicken machen und versuchen, mich von den Knechten zum Teufel jagen zu lassen.«
    Borelli sah seinen Vetter beinahe mitleidig an. »Jetzt weißt du, mein Guter, warum du es nie zu etwas bringen wirst.

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