Die Löwin
Denk nach! Du hast doch selbst unsere Leute in die Nähe der beiden Besitzungen geschickt. Nimm sie mit und tu, was ich dir aufgetragen habe. Wenn Bianca anfängt zu plärren, haust du ihr ein paar um die Ohren.«
Mit einem Mal glitzerten Ranuccios Augen begehrlich auf. »Das Miststück wird nach meiner Pfeife tanzen, solange ich dort bin, sonst lasse ich es im Hemd auf die Straße jagen.«
»Ja, tu das!«, brummte Borelli uninteressiert und widmete sich seinem Schriftstück.
16.
C aterina versuchte, ihre Tränen zu trocknen, um den Söldnern kein allzu jämmerliches Bild zu bieten. Während die biederen Männer ihr mit schlichten Worten bekundeten, wie sehr sie den Tod ihres Herrn bedauerten, schob sich ein protzig gekleideter junger Mann durch die Reihen und trat auf sie zu. Er verbeugte sich graziös und zog dabei das Barett so schwungvoll vom Kopf, dass die Spitzen der Reiherfedern über den Boden schleiften. »Buon giorno, cugina! Seid mir willkommen. Gemeinsam werden wir den tiefen Schmerz tragen, den der Verlust Eures Vaters und Eures Bruders, die auch meine geliebten Verwandten waren, in uns hinterlassen hat.«
Caterina blickte Borelli fragend an und wandte sich dann an Steifnacken. »Wer ist der Herr?«
»Euer Euch in Treue ergebener Vetter Fabrizio, der Sohn Eures Onkels Ludwig von Eldenberg«, antwortete Borelli anstelle des Unteroffiziers.
»Ich wusste gar nicht, dass ich einen Vetter habe.« Caterina schüttelte ungläubig den Kopf, reichte Borelli dann aber die Hand. Dieser ergriff sie und hielt sie fest. »Mein verehrter Onkel, Euer Vater, war ein sehr beschäftigter Mann und hat wohl vergessen, Euch von meiner Existenz zu berichten, zumal meine Mutter nicht die Ehefrau Eures Onkels war, sondern dessen Mätresse.«
»Eher seine Stallmagd«, murmelte Steifnacken vor sich hin.
Im Gegensatz zu Caterina hörte Borelli die Bemerkung und musste sich eine böse Entgegnung verkneifen. Er richtete sich auf, um noch größer zu wirken, und sah mit hochmütigem Gesichtsausdruck auf den bulligen Unteroffizier hinab.
»Was stehst du noch hier herum und hältst Maulaffen feil? Sieh zu, dass das Zelt des Capitano für seine Tochter hergerichtet wird! Signorina Caterina benötigt auch ein Bad, um den Staub der Reise abwaschen zu können, und danach ein Mahl.«
Während er Hans Steifnacken Befehle erteilte wie einem Trossknecht, stellte Borelli sich vor, wie die Söldner sich vor Caterinas Zelt drängen würden, um einen Blick auf die Badende werfen zu können. Das würde der erste Schachzug sein, diesem deutschen Fräulein den Aufenthalt im Lager unauffällig, aber wirkungsvoll zu verleiden und sie dazu zu bringen, wieder in ihr kaltes Nordland heimzukehren. Vorher aber musste sie ihn als neuen Capitano der Kompanie bestätigen oder diese am besten ganz an ihn abtreten.
Er verbeugte sich erneut vor Caterina und bot ihr den Arm. »Darf ich Euch in Euer Zelt begleiten?«
Caterina nickte dankbar und ließ sich von ihm führen. Malle sah den beiden mit gerunzelter Stirn nach und tippte Steifnacken auf die Schulter. »Ist dieser aufgeblasene Wicht wirklich der Vetter der Herrin?«
»Leider hat Ludwig von Eldenberg dies kurz vor seinem Tod verkündet. Ich wäre mir an seiner Stelle nicht so sicher gewesen. Borellis Mutter war nicht glücklich, wenn sie nicht einen Schwanz zwischen den Beinen stecken hatte, und wurde in einem Jahr mehr beritten als eine alte, ausgediente Stute in ihrem ganzen Leben. Sogar ich habe sie ein- oder zweimal gestoßen.« Dann erst merkte Steifnacken, dass er eine Frau vor sich hatte, und schluckte. »Nichts für ungut, aber …«
»Kein Aber! Ich habe genau das erfahren, was ich wissen wollte. Jetzt solltest du mich zu dem Zelt des Capitano führen, das ich für Caterina herrichten möchte. Besorge mir eine Wanne oder einen Waschbottich und warmes Wasser, damit die Herrin sich vom Straßenstaub reinigen kann. Und dann schau zu, dass du und die anderen vermaledeiten Schurken sich von dem Zelt fern halten. Solange die Herrin nicht umgezogen und frisiert ist, klatsche ich jedem, der hineinzulugen versucht, einen Lappen mit scharfer Seifenlauge in die Augen, so dass er die nächsten Tage blind durchs Leben stolpern muss!« Malle sah bei diesen Worten so kriegerisch aus, dass Steifnacken unwillkürlich einen Schritt zurücktrat.
Dann aber grinste er bis zu den Ohren. »Du bist schon richtig, Frau! Sei versichert, hier wird sich keiner Frechheiten gegen Jungfer Caterina oder dich
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