Die Löwin
Stellvertreter bin ich – anders als Leute wie dieser Schwätzer Steifnacken – in die geheimen Pläne des Capitano eingeweiht worden. Er stand kurz davor, die Seiten zu wechseln. Monte Elde hat jahrelang für verschiedene Vasallen des Kirchenstaats gekämpft und wenig Lob und noch weniger Lohn dafür erhalten. Das lag an deinem Großvater, dem Markgrafen Olivaldi, einem der engsten Berater des Heiligen Stuhls. Dieser hat jeden Versuch hintertrieben, deinen Vater so zu belohnen, wie es ihm eigentlich zustand, denn er hat deinem Vater die Entführung seiner Tochter – deiner Mutter – und deren Verschleppung in das kalte Germanien nie verziehen.«
»Ja, das ist mir bekannt.«
»Dein Vater hat lange gehofft, den Markgrafen durch treue Dienste für den Heiligen Stuhl versöhnen zu können, aber zuletzt musste er einsehen, dass er gegen den Hass seines Schwiegervaters nichts ausrichten konnte. Aus diesem Grund hat er vor kurzem Verhandlungen mit Mailand aufgenommen und von Herzog Gian Galeazzo ein großzügiges Angebot erhalten, nämlich eine Stadt in der Romagna als erbliches Lehen. Doch bevor er die Condotta abschließen konnte, wurden er und dein Bruder von ruchlosen Mördern umgebracht.«
Für einen Augenblick sah Caterina ihren Vater als stolzen Krieger vor sich, der das Ziel seines Lebens schon zum Greifen nahe vor sich sah – und elend umkam, bevor er es erreichen konnte. Sie wischte sich die Tränen ab, die ihr in die Augen geschossen waren, und schüttelte sich. »Es tut mir so leid für meinen Vater! Dieses Lehen hätte gewiss seinen Ehrgeiz befriedigt – und mich all meiner Probleme enthoben.«
Borelli rieb sich innerlich die Hände, er glaubte seinen Fisch nun an der Angel zu haben. »Setze mich offiziell als Capitano der Eisernen Kompanie ein und erteile mir den Auftrag, mit dem Herzog von Mailand zu verhandeln, Base. Da du die Erbin bist, wollte ich nicht ohne deine Zustimmung handeln, obwohl die Zeit drängt. Du glaubst ja nicht, wie froh ich bin, dass du durch Gottes Güte hierher geführt worden bist.«
Das Letzte war keine Lüge, denn während ihrer Gespräche war ihm klar geworden, dass er aus ihrer Anwesenheit noch mehr Nutzen ziehen konnte, als er es sich zunächst vorgestellt hatte, denn Steifnacken und die verbliebenen Offiziere, die sich ihm bisher widersetzten, würden ihren Anweisungen Folge leisten müssen.
Caterina nickte nachdenklich, schüttelte dann aber heftig den Kopf. »Diese Verhandlungen sollte ich wohl selbst führen oder wenigstens daran teilnehmen. Immerhin bin ich die Eigentümerin der Truppe.«
Borelli schluckte den Fluch hinunter, der ihm im ersten Moment über die Lippen kommen wollte, und begann schallend zu lachen. »Du bist köstlich, meine Liebe! Kein Herr in Italien wird mit einer Frau über Kriegspläne und Schlachten sprechen! Über amore jederzeit, aber nicht über Politik und die dafür notwendigen Winkelzüge.«
Sein Blick hätte ebenso gut einem unverständigen Kind gelten können, das schmutzige Wörter in den Mund genommen hatte. Caterina wurde rot und zog sich zurück wie eine Schnecke in ihr Häuschen. Ihr war, als wäre ihr der Strohhalm entrissen worden, an den sie sich hatte klammern wollen. Wenn sie als Frau nicht das Recht hatte, über ihr Eigentum zu verfügen, dann war dieses Erbe weniger wert als ihre von der Reise fadenscheinig gewordenen Kleider.
Borelli genoss die Verzweiflung, die sich auf ihrem Gesicht abzeichnete, und stand auf, um sie noch mehr zu verunsichern. Mit einer ausholenden Geste öffnete er den Zeltvorhang und wies nach draußen. »Meine Liebe, die Männer dort sind keine Nähmägde, die ihrer Herrin aufs Wort gehorchen, sondern wilde Wölfe, die nach Blut und Beute gieren und denen die Ehre einer Frau oder eines Mädchens weniger gilt als der Dreck unter ihren Nägeln. Du bist hier nicht sicher! Derzeit schützt dich noch meine Anwesenheit, doch auf Dauer werden die Kerle keine Rücksicht mehr darauf nehmen, dass du die Besitzerin ihrer Kompanie bist, und im Rudel über dich herfallen. Du musst dieses Lager in absehbarer Zeit verlassen und wieder in deine Heimat zurückkehren!«
Caterina breitete hilflos die Hände aus. »Ich sagte dir schon: dazu fehlt mir das Geld.«
Borelli setzte sich wieder und lächelte verständnisvoll. »Deswegen will ich dir ja einen Vorschlag machen, der dich deiner Sorgen enthebt. Beauftrage mich mit den Verhandlungen mit Gian Galeazzo Visconti, und ich werde sehen, ob ich eine genügend
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