Die Löwin
denken!«, antwortete die Magd unbeeindruckt.
Gern hätte Caterina ihr widersprochen; einen Ehemann, dem sie zu Gehorsam verpflichtet war, konnte sie nun als Allerletztes gebrauchen. Doch nach all dem, was seit Hartmann Trefflichs Übergriff bis zu diesem Tag auf sie eingestürmt war, hatte sie zum ersten Mal das Gefühl, eine starke Schulter zu vermissen, an die sie sich hätte anlehnen können.
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Dritter Teil
Das erste Gefecht
1.
D as Bankett war prunkvoll und die Tafel so reich gedeckt, wie Caterina es noch nie erlebt hatte. Jeder Gast wurde von einem, die Hochrangigen sogar von zwei Pagen bedient, die in die Farben der Familie Appiano gekleidet waren, nämlich in Schwarz, Silber und Blau. Diese Familie stellte derzeit mit Messer Iacopo den Capitano del Popolo von Pisa und mit dessen ältestem Sohn und erklärtem Nachfolger Vanni den Vikar der Stadt. Während die Teilnehmer an dieser Festivität einander mit Artigkeiten übertrafen, in denen sie Francesco di Monte Elde als größten Condottiere aller Zeiten ebenso priesen wie die Schönheit und Anmut seiner Tochter, wäre Caterina am liebsten davongerannt. Die schmeichelnden Reden klangen in ihren Ohren wie giftdurchtränkter Hohn, und die Speisen zerfielen in ihrem Mund zu Asche, denn sie fühlte sich überlistet und lächerlich gemacht.
Sie war in diese Stadt gekommen, um Battista Legrellis Schwur zu hören, dass er am Tod ihres Vaters und Bruders schuldlos sei. Der frühere Podesta von Mentone und jetzige Stadtherr von Gian Galeazzos Gnaden hatte diesen Schwur auch geleistet – und zwar mit großem Pomp vor Hunderten von Zeugen auf dem großen Platz vor den Toren des Domes. Zu diesem Zweck waren nicht nur die Gebeine der Stadtheiligen von Pisa, sondern auch ein Dutzend anderer, eilig herbeigeschaffter Reliquien aufgebaut worden. Nach der feierlichen Versicherung, unschuldig am Tod des Francesco di Monte Elde zu sein, hatte Legrelli sein Knie vor Caterina gebeugt und sein Bedauern über ihren Verlust mit vielen aufrichtig klingenden Worten ausgedrückt. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie noch halbwegs zufrieden gewesen, auch wenn der Mord an ihrem Vater ihr nun noch rätselhafter erschien.
Dann aber war Signore Angelo Maria Visconti, ein Verwandter des Mailänder Herzogs, ebenfalls vor die Reliquien getreten und hatte im Namen Gian Galeazzo Viscontis einen heiligen Eid geschworen, dass weder sein Herr noch ein Vasall der Visconti an diesem Mord beteiligt wären oder ihn befohlen hätten. Da keiner der Anwesenden, der die Feierlichkeit des Augenblicks erlebt hatte, annehmen konnte, dass der Herzog von Mailand sein Seelenheil und das seines Verwandten auf eine so schnöde Weise opfern würde, galt der Mailänder nun als ebenso unschuldig wie sein Vasall Legrelli. Damit hatte Gian Galeazzo Visconti sein Ziel erreicht, denn kein Condottiere würde es mehr ablehnen, zu einer Zusammenkunft mit seinen Gesandten oder Vasallen zu erscheinen. Das betraf ganz besonders die Söldnerführer, die mit Francesco di Monte Elde befreundet gewesen waren und nun, gelockt vom Visconti-Gold, die Macht des Herzogs vergrößern würden.
Hier in Pisa war bereits zu spüren, wie weit der Arm des Mannes reichte, den seine Gegner nach seinem Wappen die Viper von Mailand nannten. Sogar bei diesem Fest überwogen die Farben der Visconti – Blau, Silber und Rot – die der Familie Appiano, zumindest bei den Gästen und den Wachen. Wohl galt Iacopo Appiano als Gastgeber, doch jeder konnte sehen, dass die Visconti bereits das Heft in der Hand hielten. Durch einen in Caterinas Augen sehr dummen Angriff der Stadt Florenz auf Pisa hatte der alte Capitano del Popolo den Mailänder um Hilfe bitten müssen, und nun war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er die Unabhängigkeit Pisas und des von ihr beherrschten Umlands an den Visconti verlor. Es gab bereits eine kleine Garnison Visconti-Truppen in der Stadt, während die Söldner der Eisernen Kompanie trotz des Vertrags mit Appiano ein ganzes Stück von den Toren entfernt lagern mussten und Pisa nur einzeln und ohne Waffen betreten durften. Dieser Umstand hatte die Eidesleistung zu einer Farce werden lassen, man hätte die Zeremonie ebenso gut in Mailand abhalten können. Caterina wusste zwar inzwischen, dass Iacopo Appiano an dieser Entwicklung unschuldig war, dennoch grollte sie ihm ebenso wie dem abwesenden Gian Galeazzo Visconti, dessen Schatten über jedem Fußbreit Boden zu liegen schien.
Sie konnte nicht festmachen,
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