Die Löwin
allen Menschen gezeichnet. Daher habe ich meine Schritte nach Padua gelenkt, wo ich einen Geschäftsfreund meines Vaters wusste. Ich hatte gehofft, er würde mir andere Kleidung und etwas Geld für die Weiterreise geben. Er aber hat mir nicht geglaubt, dass ich Hartmann Trefflichs Sohn bin, und mich von seinen Knechten von der Schwelle jagen lassen.«
Caterina unterdrückte ein schadenfrohes Lächeln, denn Botho begann ihr leid zu tun. Hätte er die heilige Stadt in der Kutte eines Mönchs betreten, wäre dies gleichbedeutend mit dem Versprechen gewesen, sein weiteres Leben Gott zu weihen. Sein durch Hunger schmal gewordenes Gesicht und die von blutigen Schrunden bedeckten Füße rührten ihr Herz mehr, als ihr Stolz es zulassen wollte, und sie sagte sich, dass Bothos Vater hier in Italien keine Macht mehr über sie hatte. »Also gut, du kannst ebenfalls bleiben. Aber du wirst dich nützlich machen! Ohne Gegenleistung erhältst du hier nicht einmal eine Scheibe trockenen Brotes.«
»Ich danke Euch, Jungfer Caterina!« Botho verbeugte sich und atmete erst einmal auf, auch wenn er sich bereits mit der Forke in der Hand Pferdemist beseitigen sah.
Caterina kehrte ihm den Rücken und ging zu Steifnacken hinüber, der bei den wenigen treu gebliebenen Unteranführern stand. Bislang hatte sie sich nicht um die Leitung der Kompanie gekümmert, sondern alles ihm und Borelli überlassen. Die Miene des treuen Schwaben verriet ihr jedoch, dass er zumindest ihres moralischen Beistands bedurfte.
»Kann ich einen Augenblick mit dir reden, Hans?«, fragte sie ihn.
Steifnacken nickte erleichtert. »Ich wollte Euch gerade um ein Gespräch bitten, Herrin.«
Er fasste sie am Arm und zog sie auf ihr Zelt zu. Dann ging ihm die Ungehörigkeit seiner Handlung auf und er entschuldigte sich mit hochrotem Kopf.
Caterina hob lachend die Arme. »Schon gut, Hans! Ein Schluck Wein wird uns beiden gut tun. Malle wird darauf achten, dass wir nichts Verbotenes tun.«
Der Schwabe sah zu Caterinas Dienerin hinüber, die zwei Schritte hinter ihnen ging und scheinbar nur die Weinberge in der Umgebung im Sinn hatte. Aber er konnte deutlich feststellen, dass sie ihn und Caterina nicht aus den Augen ließ. »Weiß sie zu schweigen und könnt Ihr der Frau ganz und gar vertrauen?«
Bevor Caterina antworten konnte, hatte Malle aufgeschlossen und fauchte ihn an. »Die Jungfer kann mir gewiss eher vertrauen als dir und deinem Soldgesindel! Heilige Madonna, welch eine Schande, so mit der Tochter ihres Herrn umzugehen, wie Borelli und die restlichen Lümmel es getan haben!«
Steifnacken zuckte mit den Schultern. »So ist nun einmal der Lauf der Welt. Treue zählt wenig, wenn es um den eigenen Vorteil geht. Der einfache Mann ist gewohnt zu gehorchen und er liebt keine Veränderungen. Die Offiziere hingegen schauen, wo ihr Korn am besten wächst, und ihnen scheint die Ernte bei der Eisernen Kompanie in nächster Zeit arg dürftig zu sein. Leider könnten sie damit Recht behalten.«
»Nicht, wenn ich es verhindern kann!« Caterina sprach den Gedanken fast schneller aus, als er in ihrem Kopf entstanden war, und schämte sich sofort für ihren Vorwitz, denn sie hatte nicht die geringste Ahnung vom Kriegsgeschäft und wusste auch viel zu wenig über die Verhältnisse in Italien, um gute Entscheidungen treffen zu können. Die Wut über Borellis schändliches Verhalten und der Spott, der sich auf d’Abbatis Gesicht abgezeichnet hatte, zwangen sie jedoch dazu, die Söldner als ihre Untergebenen anzusehen und für sie zu sorgen. Sie kaute noch an ihren vorschnellen Worten, als sie in ihrem Zelt saßen und Malle die gefüllten Becher vor sie stellte. Die Dienerin achtete sorgfältig darauf, dass die Schicklichkeit gewahrt blieb, deshalb hatte sie den Eingang des Zeltes weit offen stehen lassen, damit die Soldaten die Herrin und den Unteroffizier ungehindert beobachten konnten.
Caterina warf einen Blick auf die Leute, die ihnen gefolgt waren und Gesichter schnitten, als werde im Zelt ihres ermordeten Capitano gerade entschieden, ob ihr Weg nun geradewegs in die Hölle führe oder ob ihnen wenigstens ein Zipfelchen der ewigen Seeligkeit erhalten bliebe. »Ich hoffe aber, dass du mich in allen Dingen, die die Kompanie betreffen, gut berätst und mir den Rücken stärkst, lieber Hans … ich meine, Herr Steifnacken«, setzte sie kleinlaut ihr Gespräch fort.
Hans Steifnacken nickte grimmig. »Oh ja, das werde ich! Ich will, dass die Kompanie weiterhin im Sinne des
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