Die Löwin
schallen hörte, wanderte Caterina an den Wagen mit dem Arsenal und an den Zelten vorbei, die als Ställe dienten, bis sie die Pferdeweide erreicht hatte. Dort setzte sie sich auf einen zerbrochenen Säulenstumpf, der aus dem Grün ragte, und barg ihr Gesicht in den Händen. An diesem Tag war mehr auf sie eingestürmt, als sie glaubte ertragen zu können, und nichts davon konnte sie mit einer Handbewegung beiseite schieben. Es war weniger die Sorge um die Kompanie, die ihr zu schaffen machte, als die private Hinterlassenschaft ihres Vaters, der das Leben offensichtlich in vollen Zügen genossen hatte, während sie in der Angst gelebt hatte, er müsse um jedes Stück Brot kämpfen.
Diese Bianca hatte sich ihm wohl zunächst nur aus Dankbarkeit im Bett ergeben, aber sie machte nun den Eindruck, als habe sie ihren Beschützer recht innig geliebt. Seltsamerweise empfand Caterina keine Eifersucht, weil diese Frau ihr vielleicht den Rest an Liebe weggenommen hatte, den ihr Vater für sie übrig gehabt haben mochte, sondern spürte nur die Last der Verantwortung, für zwei Halbschwestern und damit auch für deren Mutter sorgen zu müssen. Auch wenn sie bis zu diesem Tag nichts von den Mädchen gewusst hatte, gehörten sie doch ebenso zu ihr, als wären sie mit ihr aufgewachsen.
Da sie jetzt drei Mäuler mehr zu stopfen hatte, war es umso wichtiger, die Entscheidung zu treffen, was mit der Kompanie ihres Vaters geschehen sollte. Am besten erschien es ihr, die Truppe aufzulösen, den verbliebenen Rest der Kriegskasse zu nehmen und mit ihren Schutzbefohlenen nach Eldenberg zurückzukehren. Noch während sie sich das ausmalte, wurde ihr jedoch klar, dass sie damit dem guten Steifnacken einen Tort antat, den er nicht verdiente. Nicht nur er, sondern auch viele andere brave Männer vertrauten auf ihre Führung, und sie durfte sie nicht enttäuschen. Aber sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie es nun weitergehen sollte, und diese Erkenntnis quittierte sie mit einem bitteren Auflachen.
Malle, die ihrer Herrin gefolgt war, hielt es für an der Zeit einzugreifen. »Ihr grübelt zu viel, Jungfer. Dabei solltet Ihr Euch zuerst um die wirklich wichtigen Dinge kümmern.«
Caterina blickte auf. »Um was denn?«
»Diese Bianca hat doch gesagt, Borellis Schufte würden die Besitzungen Eures Vaters besetzt halten. Also müssen sie schnellstens von dort vertrieben werden, bevor sie die Güter ganz ausrauben oder – was Gott verhindern möge – sogar in Brand stecken können. Auch besteht Gefahr, dass dieser Schurke Borelli Euer Erbe an irgendeinen Tölpel verkauft, der ihn für den rechtmäßigen Besitzer hält. Wenn Ihr nicht das Nachsehen haben wollt, müsst Ihr um Euer Eigentum kämpfen!«
Caterina nickte, nun sah sie zumindest die nächsten Züge in diesem ihr noch unwirklich erscheinenden Spiel vor sich, in das das Schicksal sie geworfen hatte. Zwar war sie die Erbin ihres Vaters, doch die beiden Güter würden erst ihr gehören, wenn ihre Leute sie gegen räuberische Zugriffe verteidigen konnten. Dafür war sie auf die Söldner der Kompanie angewiesen. Diese würden jedoch ohne Ziel, ohne Vertrauen in ihre Führung und ohne Aussicht auf Sold in alle Himmelsrichtungen auseinander laufen. Wenn sie sich und ihren Halbschwestern eine Zukunft schaffen wollte, musste sie tatsächlich und nicht nur dem Namen nach die Capitana der Compagnia Ferrea werden.
Sie hob den Kopf und lächelte Malle dankbar an. »Du hast Recht! Borelli darf Giustomina und Viratelli nicht bekommen. Ich werde Steifnacken noch heute den Befehl geben, mit einem Trupp dorthin zu reiten.«
»Nehmt lieber nicht den Schwaben! Schickt einen anderen Anführer, Jungfer, diesen de Lisse zum Beispiel, denn Steifnacken werdet Ihr hier noch dringend brauchen. Ich fürchte, dass kein anderer in der Lage ist, die Kerle im Zaum zu halten, sollte es zu Unruhen kommen.«
Caterina stand auf, zog sie lachend an sich und küsste sie auf die Wange. »Was täte ich ohne dich, meine Gute? Ich werde so handeln, wie du mir geraten hast. Doch kannst du mir auch sagen, was ich mit Bianca tun soll? Die Söldner scheinen sie zu mögen.«
»Verschafft ihr einen Ehemann, damit sie beschäftigt ist, aber nicht den, den Ihr selbst haben wollt.«
Caterina stieß keuchend die Luft aus und lachte dann gezwungen. »Ich und ans Heiraten denken? Wie könnte ich das in dieser verfahrenen Situation?«
»Man weiß heute nie, was morgen kommt, Jungfer, und Ihr müsst zuallererst an Eure Zukunft
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