Die Löwin
Mord an ihrem Vater aufgeklärt zu sehen und ihn rächen zu können.
Ihre Laune zu Beginn des Rittes war deshalb so schlecht, dass selbst Steifnacken es nicht wagte, sie anzusprechen. Ganz in ihre trüben Gedanken eingesponnen, bemerkte sie erst nach einer Weile, dass Amadeo Caetani fehlte. Im ersten Augenblick glaubte sie, er hätte genug davon gehabt, Soldat spielen zu müssen, und wäre zu seinem Onkel heimgekehrt. Doch noch während sie diesen Gedanken mit einem verächtlichen Schnauben quittierte, rief Biancas jüngerer Bruder Camillo ihr zu, ein Reiter folge ihnen im vollen Galopp.
Es war der vermisste Amadeo. Er schloss zu Caterina auf und wirkte dabei so erleichtert, als hätte ihn ein Legat des Papstes von sämtlichen begangenen und zukünftigen Sünden freigesprochen. »Verzeiht mir mein Säumen!«, rief er Caterina zu. »Doch es ist mir gelungen, kurz vor Eurer Abreise mit Messer Iacopo unter vier Augen zu sprechen. Ich soll Euch vielmals von ihm grüßen und Euch sagen, dass unsere Kompanie auch weiterhin in seinen Diensten stehen wird. Er hält zu meinem Onkel und zu der gegen Gian Galeazzo Visconti gerichteten Allianz und wird sich der ihm aufgezwungenen Mailänder Söldner bei nächster Gelegenheit entledigen.«
Das war endlich einmal eine gute Nachricht. Caterina ärgerte sich dennoch, dass Appiano sie einfach übergangen und nur mit Amadeo Caetani gesprochen hatte, zumal dieser in erster Linie als Vertreter seines Onkels bei ihrer Kompanie weilte. Der Not gehorchend hatte er etliche Aufgaben als Söldneroffizier übernommen, wurde aber von den einfachen Soldaten beinahe noch weniger ernst genommen als Biancas tollpatschige Brüder.
Ein wenig von ihrem Unmut musste sich auf ihrem Gesicht abgezeichnet haben, denn Amadeo hob beschwichtigend die Hände und verlor dadurch für einen Augenblick die Herrschaft über sein Pferd. Als er es wieder in seine Gewalt gebracht hatte, zauberte er ein schmeichlerisches Lächeln auf seine Lippen, das die Wirkung auf seinen Onkel nur selten verfehlt hatte. »Messer Iacopo bittet zu entschuldigen, dass er sich nicht direkt an Euch gewendet hat, doch dies hätten die Kreaturen der Visconti-Schlange sofort erfahren. Es schien ihm daher sicherer, mich zu bitten, Euch seine Anweisungen zu übermitteln.«
»Dann tut dies!« Caterina streckte den Arm aus und erwartete, Amadeo Caetani werde ihr einen Brief des Pisaner Stadtherrn überreichen.
Amadeos Miene nahm einen erstaunten Ausdruck an. »Verzeiht, Capitana, doch diese Anweisungen soll ich Euch mündlich ausrichten.«
»Also muss ich glauben, was Ihr sagt.« Caterinas Stimme klang schärfer als beabsichtigt, doch nachdem die Gegenseite sie in Pisa wie einen Stein in einem Brettspiel benutzt hatte, um ihren Vorteil auszubauen, wollte sie sich von ihren Verbündeten nicht ebenfalls wie eine Marionette behandeln lassen.
Amadeo fluchte im Stillen über die sture Tedesca, die so tat, als wäre sie in der Lage, Männern Befehle zu erteilen, und überlegte bereits, seinen Onkel zu bitten, Caterina nach Molterossa einzuladen, damit er selbst das Kommando über die Kompanie übernehmen konnte. Doch ihm fehlte die Erfahrung als Condottiere und Steifnacken und dessen Kameraden würden ihn wohl nicht als Capitano akzeptieren.
»Signorina, Ihr beleidigt mich, wenn Ihr an der Wahrheit meiner Worte zweifelt!« Amadeo beschloss, Caterina mit Festigkeit entgegenzutreten, wie man es allen Weibern gegenüber tun musste, denn wie die weisen Männer der Vergangenheit und der Gegenwart bekundeten, verfügte dieses Geschlecht nur über einen beschränkten Verstand.
Caterina kämpfte um ihre Beherrschung. »Ich will Euch weder beleidigen, noch ziehe ich Eure Worte in Zweifel. Doch wäre es mir lieber, mir meine Meinung selbst bilden zu können. Es ist schließlich meine Kompanie und ich bin für ihr Wohlergehen verantwortlich.«
Amadeo hatte genug Erfahrung mit Frauen, um zu wissen, wann er einlenken musste. Er verbeugte sich im Sattel und sah Caterina dann mit jener ergebenen Miene an, die zu erlernen ihn etliche Monate gekostet hatte. Damit und mit geduldigem Eingehen auf ihre weiblichen Schrullen würde er sie genauso einwickeln, wie es ihm bei seinem Onkel gelungen war. »Signorina, weder Messer Iacopo noch ich ziehen Eure Herrschaft über die Compagnia Ferrea in Zweifel. Uns treibt jedoch der gleiche Wille an, der auch Euren ruhmreichen Vater erfüllte, nämlich Gian Galeazzo Visconti seine Grenzen aufzuzeigen. Wenn die Zeit
Weitere Kostenlose Bücher