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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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missverstehen?«
    Mariano spürte, dass seine Worte Rodolfo nicht sonderlich gefielen, doch er dachte nicht daran, sie zurückzunehmen. Es war nun einmal die Wahrheit, dass ein Mailänder keinen Römer als Landsmann ansah und der keinen Apulier oder gar Sizilianer. Je schneller Rodolfo das begriff und sich damit abfand, umso besser war es für ihn. Mariano hatte in seinem Leben gelernt, dass ein leerer Magen ein mächtigerer Zuchtmeister war als ein noch so edler Gedanke, und ihm erschien die Idee eines vereinigten Italien, die Rodolfo in den Bemühungen des Visconti zu erkennen glaubte, arg verschroben. Er war sich sicher, dass es dem Mailänder um nichts anderes ging als um seine persönliche Macht. Da er Rodolfo nicht noch mehr verärgern wollte, verkniff er sich eine weitere Bemerkung und kam stattdessen wieder auf Caterina zu sprechen.
    »Die Tedesca hat Recht! Es war schofelig von dir, ihr zehn- oder fünfzehntausend Dukaten für ihre Kompanie bieten zu wollen, denn ihr Vater hätte bereits das Vier- bis Fünffache als Sold für ein Jahr fordern können.«
    »Mit dieser Summe hätte er aber auch sämtliche Ausgaben für seine Truppe begleichen müssen, während seine Tochter sich mit dem Geld in Giustomina ein schönes Leben machen könnte!« Rodolfo hatte Caterinas Bemerkung über seinen angeblichen Geiz gekränkt, und er hätte ihr die Worte liebend gerne heimgezahlt. Noch während er über eine passende Gelegenheit nachdachte, erinnerte er sich daran, dass drinnen im Saal weitergefeiert wurde und der betrunkene Malatesta gewiss schon dabei war, die Tedesca zu bedrängen. Dieses Schauspiel wollte er sich nicht entgehen lassen. Daher verabschiedete er sich von seinem Freund und kehrte in die große Halle zurück.

4.
    A m Ende konnte niemand die Feier in Pisa als großen Erfolg für sich verbuchen. Den Mailändern war es zwar gelungen, sich als führende Macht zu präsentieren, doch Iacopo Appiano hatte ihnen weder die wichtigen Bastionen der Stadt überlassen noch eine höhere Anzahl an Visconti-Truppen in Pisa akzeptiert. Ebenso fehlgeschlagen war der Versuch, sich mithilfe Ugolino Malatestas der Eisernen Kompanie zu bemächtigen. Auch wenn die Truppe derzeit ohne erfahrene Offiziere war, würde ihr Ruf noch etliche Condottieri dazu bringen, ihr Glück im Königreich Neapel oder in Venedig zu suchen, um ihr nicht im Kampf gegenüberstehen zu müssen.
    Iacopo Appianos Freude hielt sich ebenfalls in Grenzen, denn er musste die Anwesenheit einiger kleinerer Visconti-Verbände in Pisa und in dem von ihm beherrschten Umland dulden und konnte sich nur mit Mühe weiterer Umarmungsversuche erwehren, die Angelo Maria Visconti im Auftrag seines herzoglichen Verwandten unternahm.
    Caterina dachte nur mit Schaudern an den Abend zurück, an dem sie sich beinahe bis zum Schluss mit Ugolino Malatesta hatte herumschlagen müssen. Entgegen ihrer Hoffnung war dieser dem reichlich genossenen Wein erst spät zum Opfer gefallen und hatte zuvor mit allen Mitteln versucht, sich ihr aufzudrängen. Auch für ihre Offiziere waren es ein paar unangenehme Stunden gewesen, denn sie hatten sich alle nur erdenklichen Unverschämtheiten und Beleidigungen anhören müssen. Wäre Hans Steifnacken ihnen nicht mit gutem Beispiel vorangegangen, indem er alle Unflätigkeiten wie ein Fels an sich abprallen ließ, hätten die übrigen das halbe Visconti-Heer zum Zweikampf gefordert. Biancas Brüder war es nicht leicht gefallen, ihr Temperament zu zügeln, doch die Angst und das Wissen um ihre geringen Waffenfertigkeiten hatten sie im Zaum gehalten, und Botho Trefflich hatte mangels ausreichender Kenntnisse der norditalienischen Mundarten gar nicht begriffen, was alles auf ihn niedergeprasselt war.
    Am meisten ergrimmte es Caterina, dass sie und ihre Begleiter die Stadt am nächsten Tag noch vor der Mittagsstunde verlassen mussten, während die Visconti-Truppen zurückbleiben und sich häuslich einrichten durften. Auch die Nachrichten, die sie noch in Pisa erreicht hatten, waren nicht dazu angetan, hoffnungsfroher in die Zukunft zu blicken. Den Berichten der zuständigen Kanzleien und Amtleute zufolge gab es keine Spur der Räuber, die ihren Vater überfallen haben sollten. Wenn es sie gegeben haben sollte, so hatten sie den Landstrich längst verlassen. Zudem würde wohl kaum einer der Mörder so verwegen sein, sich mit einer Schandtat zu brüsten, die Auswirkungen bis in die Kreise der Mächtigen gehabt hatte. Damit sank Caterinas Aussicht, den

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