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Die Loge

Die Loge

Titel: Die Loge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Wohnung sichergestellte Material zu sichten? Notizbücher, Computerdateien, Adreßbücher – er hatte alles durchgearbeitet, um Hinweise auf Einzelpersonen oder Gruppen zu finden, die dem Professor Informationen geliefert hatten. Bisher jedoch ergebnislos. Der Professor hatte die Spuren gut verwischt. Man hätte fast glauben können, die Dokumente seien ihm von einem Geist zugespielt worden.
    »Ich fürchte, dieses Element des Falls wird vorerst ein Rätsel bleiben, Euer Eminenz. Wurde der Verrat von jemandem innerhalb des Vatikans verübt, werden wir die Wahrheit vielleicht nie erfahren. Die Kurie ist leider ein guter Exerzierplatz für derartige Intrigen.«
    Diese Bemerkung rief bei Brindisi ein flüchtiges Lächeln hervor. Sie gingen eine Zeitlang schweigend weiter. Der Kardinal hielt den Blick gesenkt.
    »Vorgestern habe ich mit dem Heiligen Vater zu Mittag gegessen«, sagte er schließlich. »Wie wir vermutet haben, will Seine Heiligkeit sein Programm zur Versöhnung mit den Juden fortführen. Ich habe versucht, ihm das auszureden, aber der Versuch war zwecklos. Er will kommende Woche die Große Synagoge in Rom besuchen.«
    Roberto Pucci spuckte aus. Carlo Casagrande atmete laut aus. Die Mitteilung des Kardinals überraschte ihn nicht. Brindisi und er hatten eine Quelle im Stab des Heiligen Vaters: einen Sekretär, der Mitglied der Bruderschaft war und sie über Entwicklungen im päpstlichen appartamento auf dem laufenden hielt.
    »Er ist ein Statthalterpapst«, knurrte Pucci. »Er muß lernen, wo sein Platz ist.«
    Casagrande hielt den Atem an, weil er darauf wartete, daß Pucci seine universale Lösung für Probleme vorschlagen würde, aber anscheinend schreckte diesmal selbst Pucci vor dieser Option zurück.
    »Der Heilige Vater will sich nicht damit begnügen, unsere früheren Differenzen mit den Juden einfach in einem weiteren Hirtenwort zu bedauern. Er hat zudem die Absicht, unsere Geheimarchive zu öffnen.«
    »Das kann nicht sein Ernst sein!« rief Casagrande.
    »Das ist sein heiliger Ernst. Die Frage ist nur: Werden die Historiker etwas finden, wenn er ihnen die Archive öffnet?«
    »In den Archiven ist jeglicher Hinweis auf das Treffen im Kloster getilgt. Was die Augenzeugen betrifft, sind sie zum Schweigen gebracht und ihre Personalakten vernichtet worden. Besteht der Heilige Vater darauf, eine neue Untersuchung in Auftrag zu geben, liefern die Archive keinerlei neues belastendes Material. Außer natürlich es gelänge dem Israeli, Professor Sterns Arbeit wiederherzustellen. Dann …«
    »… befänden sich die Kirche und das Institut in sehr schwierigem Fahrwasser«, führte der Kardinal Casagrandes Satz zu Ende. »Zum Besten der Kirche und aller, die an sie glauben, muß das Geheimnis des Klosters genau das bleiben, was es ist – ein Geheimnis.«
    »Ja, Euer Eminenz.«
    Roberto Pucci zündete sich eine Zigarette an. »Vielleicht kann unser Freund im appartamento den Heiligen Vater dazu bringen, seinen Fehler einzusehen, Euer Eminenz.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht, Don Pucci. Nach Auskunft unseres Freundes ist der Papst jedoch entschlossen, sich weder von seinen Sekretären noch von der Kurie von seinem Vorhaben abbringen zu lassen.«
    »Aus finanzieller Sicht könnte die Initiative des Heiligen Vaters katastrophale Folgen haben«, sagte Pucci, der so das Gespräch von Liquidation auf Liquidität brachte. »Viele Leute machen gern Geschäfte mit dem Vatikan, weil der einen guten Ruf hat. Zieht der Heilige Vater diesen guten Ruf durch den Schlamm der Geschichte …«
    Brindisi nickte zustimmend. »Unter vier Augen äußert der Heilige Vater oft den Wunsch, in Zeiten zurückzukehren, in denen die Kirche arm war.«
    »Wenn er nicht aufpaßt«, sagte Pucci, »geht sein Wunsch in Erfüllung.«
    Kardinal Brindisi sah zu Casagrande hinüber. »Dieser Mitarbeiter Sterns«, sagte er, »glauben Sie, daß der uns gefährlich werden kann?«
    »Das tue ich, Euer Eminenz.«
    »Was brauchen Sie von mir, Carlo? Außer meiner Genehmigung, versteht sich.«
    »Nur die, Euer Eminenz.«
    »Und von Don Pucci?«
    Casagrande blickte in die schwarzen Augen unter den schweren Lidern.
    »Ich brauche sein Geld.«

T EIL II
    Ein Kloster am See

8
    L AGO DI G ARDA
    Es war früher Nachmittag, als Gabriel das Nordufer des Gardasees erreichte. Während er auf der Uferstraße nach Süden fuhr, ging der alpine Charakter von Klima und Vegetation allmählich in einen mediterranen über. Als er sein Fenster herunterließ,

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