Die Loge
verüben wollten. Diese Informationen gingen an Bartoletti, der prompt Alarm auslöste. Keinem Amerikaner wurde auch nur ein Haar gekrümmt, und Bartoletti hatte seither mächtige Freunde bei der CIA und sogar im Weißen Haus.
Beim Kaffee brachte Casagrande das Gespräch auf das Thema, das ihn am meisten interessierte – auf den Israeli Ehud Landau, der sich in München als Benjamin Sterns Bruder ausgegeben hatte. Auf den Israeli, der das Herz-Jesu-Kloster in Brenzone besucht und Casagrandes Beschatter so mühelos abgeschüttelt hatte, als wische er im »L'Eau Vive« ein paar Brotkrümel von der Tischdecke.
»Ich stehe vor einem echten Problem, Achille. Ich brauche Ihre Hilfe.«
Bartoletti registrierte Casagrandes ernsten Tonfall und stellte seine Tasse auf die Untertasse zurück. Hätte Casagrande ihn nicht protegiert und gefördert, wäre Bartoletti nicht der italienische Geheimdienstchef, sondern weiterhin nur ein Apparatschik auf der mittleren Führungsebene. Deshalb konnte er Casagrande keinen noch so ausgefallenen Wunsch abschlagen. Dennoch ging der Sicherheitschef des Vatikans die Sache behutsam und überlegt an. Er wollte seinen prominentesten Schützling auf keinen Fall durch überzogene Ansprüche an ihre Beziehung in Verlegenheit bringen.
»Sie wissen, daß Sie auf meine Loyalität und Unterstützung zählen können, General«, sagte Bartoletti. »Stecken Sie oder der Vatikan in irgendwelchen Schwierigkeiten, tue ich alles, um Ihnen zu helfen.«
Casagrande griff in die Brusttasche seines Jacketts und zog ein Photo heraus, das er aufs Tischtuch legte und zu Bartoletti hindrehte. Der Geheimdienstchef griff danach und hielt es schräg vor eine Kerzenflamme, um es besser betrachten zu können.
»Wer ist das?«
»Das weiß ich nicht sicher. Manchmal nennt er sich Ehud Landau.«
»Ehud? Israeli?«
Casagrande nickte.
»Wo liegt das Problem?« fragte Bartoletti, der weiter das Photo studierte.
»Wir glauben, er hat die Absicht, den Papst zu ermorden.«
Bartoletti hob ruckartig den Kopf. »Ein Attentäter?«
Casagrande nickte langsam. »Wir haben ihn einige Male im Petersdom gesehen, wo er sich bei der mittwöchlichen Generalaudienz merkwürdig benommen hat. Er ist auch schon bei Papstbesuchen in Italien und im Ausland beobachtet worden. Wir glauben, daß er letzten Monat an der Messe unter freiem Himmel in Madrid mit der Absicht teilgenommen hat, den Heiligen Vater zu ermorden.«
Bartoletti, der das Photo zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, drehte es Casagrande zu. »Wo haben Sie diese Aufnahme her?«
Casagrande behauptete, einer seiner Männer habe den Israeli vor einer Woche im Petersdom gesehen und anschließend vor die Linse bekommen. Das war natürlich gelogen. Dieses Photo hatte Axel Weiss in München gemacht, aber das brauchte der Geheimdienstchef nicht zu wissen.
»Wir haben in den letzten Wochen mehrere Drohbriefe erhalten – Briefe, die unserer Überzeugung nach von diesem Mann stammen. Wir halten ihn für eine ernste Gefahr für das Leben des Heiligen Vaters. Deshalb möchten wir ihn natürlich aufspüren, bevor er Gelegenheit hat, seine Drohungen wahr zu machen.«
»Ich stelle gleich morgen eine spezielle Ermittlergruppe zusammen«, sagte Bartoletti.
»Aber unauffällig, Achille. Dieser Papst will unbedingt vermeiden, daß die Öffentlichkeit so früh in seiner Amtszeit durch eine Attentatsdrohung aufgeschreckt wird.«
»Sie können versichert sein, daß die Jagd auf diesen Mann so lautlos durchgeführt wird, als hätten Sie selbst das Kommando.«
Casagrande nickte kaum merklich, um sich für dieses Kompliment seines jungen Schützlings zu bedanken. Gleichzeitig gab er der Bedienung mit einem Zeichen zu verstehen, daß er die Rechnung wollte. In diesem Augenblick trat die Missionsarbeiterin, die Casagrande an diesem Abend begrüßt hatte, mit einem Mikrofon in der Hand in die Mitte des Raums. Dort sprach sie mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen ein kurzes Gebet. Dann versammelten sich die Bedienungen mit gefalteten Händen um die Muttergottesstatue und stimmten »Unbefleckte Maria« an. Bald fiel das gesamte Restaurant ein. Sogar Bartoletti, der hartgesottene Geheimpolizist, sang mit.
Der Chor verstummte, und die Bischöfe und Kardinäle setzten, von der mitreißenden Hymne und gutem Wein erhitzt, ihre Unterhaltung fort. Als die Rechnung kam, nahm Casagrande sie rasch an sich, bevor sein Gast danach greifen konnte. Bartoletti protestierte verhalten. »Wenn ich mich recht
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