Die Loge
Spiritus Sancti. Amen.«
Dann zielte er mit seiner schallgedämpften Pistole auf Malones Kopf und drückte ein letztes Mal ab.
Im Sprachgebrauch des Diensts war das Gerät, das der Überwachungskünstler namens Mordecai in Malones Arbeitszimmer angebracht hatte, als ein »Glas« bekannt. Es war im Innenleben des Telefons versteckt und übertrug nicht nur Malones Telefongespräche, sondern auch alles, was in seinem Arbeitszimmer gesprochen wurde. So hatte Mordecai das Gespräch zwischen Gabriel und Malone mithören können. Und er hatte auch gehört, wie der Journalist an seinem PC gesessen und getippt hatte, nachdem Gabriel gegangen war.
Kurz nach einundzwanzig Uhr hörte Mordecai gemurmelte Worte in einer Sprache, die er nicht verstand. Anschließend war fünf Minuten lang zu vernehmen, wie Schubladen aufgezogen und geschlossen wurden. Er vermutete dabei Malone, aber als die Haustür aufging und ein breitschultriger Mann heraustrat, wußte Mordecai sofort, daß im Haus soeben etwas Schreckliches passiert war.
Der Mann ging rasch die Stufen hinunter und kam quer über den Platz – genau auf den Überwachungswagen zu. Mordecai geriet in Panik. Die einzigen Waffen, die er besaß, waren ein Richtmikrofon und eine Nikon mit Teleobjektiv. Es war die Nikon, nach der er griff. Als der Mann sich dem Fahrzeug näherte, hob Mordecai gelassen die Kamera ans Auge und machte rasch drei Aufnahmen.
Auf der letzten, davon war er überzeugt, würde der Mann gut zu erkennen sein.
14
R OM
Die Vatikanstadt ist der kleinste Staat der Welt und auch einer der am dünnsten besiedelten. Obwohl dort jeden Tag über viertausend Menschen arbeiten, leben nur etwa vierhundert in seinen Mauern. Kardinalstaatssekretär Marco Brindisi gehörte zu ihnen. Seine Privatwohnung im Vatikanpalast war nur eine Etage von den Gemächern des Heiligen Vaters entfernt. Während manche Prälaten das Leben im Zentrum der vatikanischen Macht als ein Leben im goldenen Käfig empfanden, genoß Kardinal Brindisi es wirklich. Seine Zimmer waren prächtig, sein Weg ins Büro war sehr kurz, und sein Stab aus Priestern und Nonnen kümmerte sich um all seine Bedürfnisse. Der einzige Nachteil war vielleicht die Nähe zum päpstlichen Haushalt. Innerhalb des Palasts konnte der Kardinal wenig tun, um sich vor den neugierigen Blicken der päpstlichen Sekretäre zu schützen. Die Hinterzimmer im »L'Eau Vive« waren für viele private Treffen des Kardinals gut geeignet, auch wenn andere – wie die Verabredung an diesem Abend – unter größerer Geheimhaltung stattfinden mußten.
Auf dem San-Damaso-Hof vor dem Palastportal wartete eine Mercedes-Limousine. Anders als die minderen Kurienkardinäle brauchte Brindisi sich nicht damit zu begnügen, was der vatikanische Fuhrpark gerade anzubieten hatte. Ein Mercedes mit Fahrer und ein Sicherheitsbeamter der Vigilanza standen ständig für ihn bereit. Brindisi stieg hinten ein, und der Wagen glitt davon. Er rollte langsam die Via Belvedere entlang – an der Päpstlichen Apotheke und der Unterkunft der Schweizergarde vorbei –, bevor er durchs Annentor in die Stadt Rom hinausfuhr.
Der Mercedes überquerte die Piazza della Città, bog dann in eine Tiefgarageneinfahrt ein. Das Gebäude darüber war ein dem Vatikan gehörender Wohnkomplex, in dem viele Kurienkardinäle wohnten. Häuser dieser Art waren über ganz Rom verteilt.
Der Wagen hielt neben einem grauen Fiat-Lieferwagen. Als Brindisi ausstieg, wurde die Hecktür des Fahrzeugs geöffnet, und ein Mann kletterte aus dem Wagen. Wie Brindisi trug er eine schwarze Soutane mit Umhang und breitem Gürtel in Scharlachrot. Im Gegensatz zu dem Staatssekretär war er jedoch nicht berechtigt, diese Insignien zu tragen. Er war kein Kardinal; tatsächlich war er nicht einmal ein geweihter Priester. Kardinal Brindisi kannte seinen Namen nicht; er wußte nur, daß dieser Mann kurz als Schauspieler gearbeitet hatte, bevor die Vigilanza ihn engagiert hatte.
Brindisis Doppelgänger trat aus dem Schatten und blieb dabei für einen Augenblick vor dem Kardinal stehen. Wie jedesmal spürte Brindisi einen kleinen Schauder über den Rücken laufen. Er hatte das Gefühl, in einen Spiegel zu sehen. Die Gesichtszüge, die randlose Brille, das goldene Brustkreuz … der Mann hatte sogar gelernt, die arrogante Schräge von Brindisis Zucchetto zu imitieren. Ein halbherziges Lächeln, eine genaue Imitation des Originals, huschte über das Gesicht des Mannes, dann sagte er: »Guten Abend, Euer
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