Die Loge
wohnt der Papstattentäter in Zimmer zweiundzwanzig der ›Pensione Abruzzi in der Via Gioberti. Wir haben Grund zu der Annahme, daß er bewaffnet und äußerst gefährlich ist.«
Bartoletti legte wortlos auf. Casagrande zündete sich eine Zigarette an und begann zu warten.
In Paris hielt Eric Lange sein Handy ans Ohr und hörte Raschid Husseinis Stimme.
»Ich denke, wir haben deinen Mann gefunden.«
»Wo ist er?«
»Dein italienischer Kriminalbeamter hat sich den ganzen Tag merkwürdig benommen. Eben ist er in der ›Pensione Abruzzi‹ verschwunden – eine Bruchbude in der Nähe der Stazione Termini .«
»In welcher Straße?«
»Via Gioberti.«
Lange sah auf seine Uhr. Nach Rom kam er heute nacht auf keinen Fall mehr. Er würde morgen mit der ersten Maschine fliegen müssen. »Überwacht ihn weiter«, sagte er. »Ruft mich an, falls er die Pension verläßt.«
»Wird gemacht.«
Lange unterbrach die Verbindung, dann rief er bei Air France an und ließ sich einen Platz für den Flug um sieben Uhr fünfzehn reservieren.
18
R OM
Rossi drückte die Pistolenmündung an Gabriels Stirn und riß das Paketband von Gabriels Mund.
»Wer sind Sie?«
Als Gabriel schwieg, bohrte ihm der Kriminalbeamte die Mündung der Waffe schmerzhaft in die Schläfe.
»Ich bin ein Freund von Benjamin Stern.«
»Mein Gott! Das erklärt, warum sie nach Ihnen fahnden.«
»Wer?«
»Jeder! Die Polizia di Stato. Die Carabinieri. Sogar die Geheimpolizei SISDE ist hinter Ihnen her.«
Ohne die Pistole von Gabriels Schläfe zu nehmen, zog Rossi ein Photo aus der Jackentasche und hielt es ihm vors Gesicht. Gabriel kniff im grellen Licht die Augen zusammen. Das Photo war körnig und offenbar mit einem Teleobjektiv aufgenommen, aber scharf genug, um ihn sein eigenes Gesicht erkennen zu lassen. Er begutachtete die Kleidung, die er auf dem Photo trug, und stellte fest, daß das Ehud Landaus Sachen waren. Angestrengt versuchte er, sich zu erinnern – München … das Olympische Dorf … Weiss mußte ihn auch dort beschattet haben.
Das Photo wurde wie ein Vorhang hochgezogen, so daß Gabriel wieder in Alessio Rossis Gesicht starrte. Der Kriminalbeamte roch nach Schweiß und Zigaretten. Sein Hemdkragen war feucht und schmuddelig. Gabriel wußte, wie Männer aussahen, die unter Druck standen. Rossi war verdammt nervös, auch wenn er versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen.
»Dieses Photo haben alle Polizeireviere in Rom und hundert Kilometer Umkreis erhalten. Der Sicherheitsdienst des Vatikans behauptet, daß Sie den Heiligen Vater auskundschaften, weil Sie ein Attentat auf ihn verüben wollen.«
»Das ist nicht wahr.«
Der Italiener ließ die Pistole sinken. Die Stelle an Gabriels Schläfe, an die er die Mündung gedrückt hatte, pochte noch einige Sekunden lang. Rossi drehte die Lampe zur Wand und behielt die Pistole so in der Hand, daß sie an seinem Oberschenkel lag.
»Woher haben Sie meinen Namen?«
Gabriel antwortete wahrheitsgemäß.
»Malone haben sie auch umgelegt«, sagte Rossi. »Sie sind als nächster dran, mein Freund. Wenn die Sie aufspüren, liquidieren die Sie.«
»Wer sind die?«
»Befolgen Sie meinen Rat, Herr Siedler oder wie zum Teufel Sie sonst heißen. Verschwinden Sie aus Italien. Am besten noch heute nacht.«
»Ich reise nicht ab, bevor Sie mir nicht erzählt haben, was Sie wissen.«
Der Italiener legte den Kopf schief. »In Ihrer Lage sollten Sie eigentlich keine Forderungen stellen, denken Sie nicht? Ich bin aus einem einzigen Grund hier: Ich versuche, Ihnen das Leben zu retten. Ignorieren Sie meine Warnung, ist das allein Ihre Sache.«
»Ich muß wissen, was Sie wissen.«
»Sie müssen Italien verlassen.«
»Benjamin Stern war mein Freund«, sagte Gabriel. »Und ich brauche Ihre Hilfe.«
Rossi starrte Gabriel eine Weile durchdringend an, dann stand er auf und verschwand im Bad. Gabriel hörte Wasser ins Waschbecken laufen. Im nächsten Augenblick kam Rossi mit einem nassen Handtuch zurück. Er wälzte Gabriel auf die Seite, befreite seine Handgelenke von dem Klebeband und gab ihm das Handtuch. Gabriel wusch sich damit das Blut von der linken Halsseite, während Rossi wieder ans Fenster trat und die dünnen Vorhänge einen Spaltbreit aufzog.
»Für wen arbeiten Sie?« fragte er und sah dabei auf die Straße hinunter.
»Unter den jetzigen Umständen ist es vielleicht besser, wenn Sie das nicht wissen.«
»Mein Gott«, murmelte Rossi wieder. »Worauf habe ich mich bloß eingelassen?«
Der
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