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Die Loge

Die Loge

Titel: Die Loge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Interesse beobachtete. Für Gabriel schien er sich noch weniger zu interessieren.
    Gabriel betrat das »Abruzzi«. Die Spanierinnen waren ganz aufgedreht von der Mittwochaudienz beim Papst zurückgekommen. Einer von ihnen, einem Mädchen mit einem Kurzhaarschnitt, war es offenbar gelungen, die Hand des Papsts zu berühren.
    Oben in seinem Zimmer wählte Gabriel erneut Rossis Nummer.
    »Pronto.«
    »Inspektor Rossi?«
    »Si.«
    »Mein Name ist Heinrich Siedler. Ich habe Sie schon mehrmals angerufen.«
    »Sind Sie noch in der ›Pensione Abruzzi‹?«
    »Ja.«
    »Rufen Sie hier nicht wieder an.«
    Klick.
    Die Nacht sank herab, und mit ihr kam ein Sturm vom Mittelmeer herüber. Gabriel lag bei offenem Fenster auf seinem Bett und hörte zu, wie der Regen aufs Straßenpflaster klatschte, während in seinem Kopf das kurze Gespräch mit Alessio Rossi wie ein Tonband mit Endlosschleife ablief.
    »Sind Sie noch in der ›Pensione Abruzzi‹?«
    »Ja.«
    »Rufen Sie hier nicht wieder an.«
    Der italienische Kriminalbeamte wollte mit ihm reden, soviel war klar. Ebenso klar war jedoch, daß er mit Herrn Siedler nicht an seinem Dienstapparat sprechen wollte. So blieb Gabriel nichts anderes übrig, als abzuwarten und darauf zu hoffen, daß Rossi den nächsten Schritt tun würde.
    Kurz nach einundzwanzig Uhr klingelte endlich das Telefon. Am Apparat war der Nachtportier.
    »Hier ist jemand, der Sie sprechen möchte.«
    »Wie heißt er?«
    »Das hat er nicht gesagt. Soll ich ihn raufschicken?«
    »Nein, ich bin in einer Minute unten.«
    Gabriel legte den Hörer auf, trat auf den Korridor hinaus und sperrte die Tür hinter sich ab. Unten saß der Nachtportier am Empfang. Außer ihm war niemand zu sehen. Gabriel blickte den Mann an und zuckte mit den Schultern. Der Nachtportier deutete mit einem Wurstfinger in Richtung Gemeinschaftsraum. Dort war niemand bis auf die kroatischen Tischtennisspieler.
    Er ging zum Empfang zurück. Der Italiener warf die Hände hoch, um anzudeuten, daß er keine Ahnung habe, wohin der Besucher verschwunden sei, und wandte sich wieder seinem kleinen Schwarzweißfernseher zu. Gabriel stieg wieder die Treppe zu seinem Zimmer hinauf. Er schloß die Tür auf und trat über die Schwelle.
    Gabriel sah den Schlag kommen – ein Lichtreflex auf dunkel brüniertem Metall, der wie ein feucht schimmernder Pinselstrich auf einer noch leeren Leinwand in einem Bogen auf ihn zukam. Zu spät riß er die Hände hoch, um seinen Kopf zu schützen. Der Griff einer Pistole krachte hinter seinem linken Ohr an die Schädelbasis.
    Der Schmerz folgte sofort. Das Zimmer verschwamm vor seinen Augen. Seine Beine schienen plötzlich gelähmt, und er spürte, daß er in einer Spiralbewegung zu Boden ging. Der Angreifer fing ihn auf und ließ ihn lautlos aufs Linoleum gleiten. Ein letztes Mal hörte Gabriel Peter Malones Warnung – »Halten diese Leute Sie für gefährlich, werden sie nicht zögern, Sie liquidieren zu lassen«  –, dann nur noch die Geräusche des Tischtennismatchs unten im Gemeinschaftsraum.
    Klacka-klacka-klack …
    Sein Gesicht brannte, als er wieder zu sich kam. Er öffnete die Augen und wurde sofort unbarmherzig von einer Halogenbirne geblendet, die keine Handbreit von seinem Gesicht entfernt brannte. Er schloß die Augen wieder und wollte den Kopf wegdrehen. Ein heftiger Schmerz durchzuckte seinen Hinterkopf, als habe ihn ein weiterer Schlag getroffen. Er fragte sich, wie lange er bewußtlos gewesen war. Lange genug, daß der Angreifer ihm den Mund hatte zukleben und seine Handgelenke mit Paketband fesseln können. Lange genug, daß das Blut auf seiner Wange angetrocknet war.
    Das grelle Licht war so nah, daß Gabriel nichts von dem Raum erkennen konnte. Er hatte das Gefühl, noch immer im »Abruzzi« zu sein. Dieser Eindruck bestätigte sich, als er die Stimmen von Personen vernahm, die sich auf Serbokroatisch stritten. Er lag auf seinem Pensionsbett.
    Er wollte sich aufsetzen. Ein Pistolenlauf schien aus der Helligkeit heranzuschweben. Er drückte gegen Gabriels Brustbein und stieß ihn auf die Matratze zurück. Dann tauchte ein Gesicht auf. Dunkle Schatten unter den Augen, Bartstoppeln am kantigen Kinn. Lippen bewegten sich, Laute drangen an Gabriels Ohr. In seiner Benommenheit nahm er diese Szene wie einen Film mit fehlerhafter Synchronisation wahr. Sein Gehirn brauchte einen Augenblick, um die eben gehörten Worte verarbeiten und begreifen zu können.
    »Mein Name ist Alessio Rossi. Was zum Teufel wollen

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