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Die Loge

Die Loge

Titel: Die Loge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Euer Exzellenz?«
    »Das ist der Zweck dieser Zusammenkunft.«
    »Das Programm zur Endlösung der Judenfrage ist längst angelaufen. Die Maschinerie ist in Gang gesetzt, und der Heilige Vater kann nichts tun, um sie zu stoppen. Er könnte die Lage der Juden nur verschlimmern, und ich weiß, daß der Heilige Vater das niemals wollen würde.«
    »Das stimmt natürlich, Herr Luther. Aber wie könnte ein Protest die Lage der Juden verschlimmern?«
    »Das Zusammentreiben und die Abtransporte müssen unbedingt reibungslos und mit möglichst wenig Hysterie oder Gegenwehr vor sich gehen. Das Überraschungsmoment ist ein kritischer Faktor. Protestiert der Heilige Vater offiziell und spricht womöglich aus, was der Abtransport nach Osten für die Juden wirklich bedeutet, wird das Zusammentreiben gefährlicher und schwieriger. Gleichzeitig würden viele Juden versuchen, in den Untergrund abzutauchen und sich so dem Abtransport zu entziehen.«
    »Das ist eine unbestreitbar logische Schlußfolgerung, Herr Luther.«
    Ich glaubte, es sei wieder an der Zeit, den Delegierten Kaffee anzubieten. Behutsam schob ich den Kopf des Jungen von meinem Schoß, klopfte an die Tür und wartete, bis Bischof Lorenzi »Herein!« rief.
    »Noch etwas Kaffee, Euer Exzellenz?«
    »Bitte, Schwester Regina.«
    Nun trat eine Gesprächspause ein, bis ich Kaffee nachgegossen und den Raum wieder verlassen hatte. Dann fuhr Herr Luther in seinen Ausführungen fort. Wieder ließ ich die Tür einen Spalt breit offen, damit ich hören konnte, was gesagt wurde.
    »Es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb es entscheidend ist, daß der Heilige Vater nicht öffentlich protestiert. Viele der Männer, die uns bei dieser notwendigen Arbeit unterstützen, sind gute Katholiken. Würde der Papst ihr Verhalten verurteilen oder ihnen gar die Exkommunizierung androhen, würden sie vielleicht anfangen, ihre Arbeit zu überdenken oder sie mit anderen Augen zu sehen.«
    »Ich darf Ihnen versichern, Herr Luther, daß der Heilige Vater nicht im Traum daran denken würde, in Zeiten wie diesen Katholiken zu exkommunizieren.«
    »Ich will mir keineswegs anmaßen, der Kirche Ratschläge darüber zu erteilen, wie sie ihre Angelegenheiten regeln soll, aber es gibt bestimmte Gründe, weshalb päpstliches Schweigen die beste Lösung für alle Beteiligten wäre – auch für den Heiligen Stuhl.«
    »Ihre geschätzte Meinung würde mich sehr interessieren, Herr Luther.«
    »Sehen Sie sich die Zahl an, die ich Ihnen vorgelegt habe. Stellen Sie sich das vor: elf Millionen Juden! Eine fast unvorstellbare Zahl! Wir rotten sie so schnell und effizient wie möglich aus, aber das ist eine gewaltige Aufgabe, mit der wir das Reich betraut haben. Was würde passieren, wenn Deutschland, Gott behüte, diesen Krieg gegen Stalin und seine Bande von jüdischen Bolschewisten verlöre? Versuchen Sie sich vorzustellen, was passieren würde, wenn es bei Kriegsende in Europa Millionen von verschleppten Juden gäbe – lebend und enteignet, lärmend auf ihrem Recht bestehend, nach Palästina auszuwandern. Die Zionisten und ihre Freunde in Washington und London hätten ihren großen Tag. Die Errichtung eines jüdischen Staats in Palästina ließe sich unmöglich verhindern. Juden würden Nazareth kontrollieren. Juden würden Bethlehem kontrollieren. Juden würden Jerusalem kontrollieren. Juden würden alle heiligen Stätten kontrollieren. Hätten sie einen eigenen Staat, hätten sie wie heute der Vatikan das Recht, ihre Diplomaten in alle Welt zu entsenden. Das Judentum, dieser uralte Feind der Kirche, wäre gleichberechtigt mit dem Heiligen Stuhl. Der jüdische Staat würde zur Basis für die Weltherrschaft der Juden. Für die römisch-katholische Kirche wäre das eine wahrhafte Katastrophe, ein Rückschlag unvorstellbaren Ausmaßes, der gleich hinter dem Horizont lauert, wenn wir die Ausrottung der jüdischen Rasse in Europa nicht zum Abschluß bringen.«
    Hiernach herrschte langes Schweigen. Ich konnte nicht in den Konferenzraum sehen, aber ich versuchte, mir die Szene vorzustellen. Bischof Lorenzi, stellte ich mir vor, kochte vor Zorn über derart groteske und monströse Ausführungen. In meiner Phantasie machte er sich bereit, den Mann aus Berlin durch eine nachdrückliche Verurteilung der Nazis und ihres Vernichtungsfeldzugs gegen die Juden zu zerschmettern. Statt dessen hörte ich in jener Nacht durch den Türspalt:
    »Wie Sie wissen, Herr Luther, haben wir Mitglieder der Crux Vera den

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