Die Londoner Drakulia Vampire 01 - Luzifers Wüstling
– lang, schmal, weiß – auf Voss’ Schulter. Hielten ihn fest. Fielen in seine Träume ein und verwandelten sie in Alpträume.
Du kannst dich nicht ändern. Du gehörst mir.
Als Voss sich aus Träumen dann wieder in die Wirklichkeit des Tages zurückgeschleppt hatte, brannte ihm der Abdruck der satanischen Finger auf seiner Schulter ... als wäre Er immer noch bei ihm. Selbst jetzt, als der Mond dort an einem von Sternen übersätem Himmel aufging, lasteten diese Träume schwer auf ihm, und er fragte sich, warum Luzifer ihn nach über hundert Jahren Schweigen ausgerechnet jetzt wieder aufgesucht hatte.
Rasch schritt er auf dem Bürgersteig voran, wobei er dem Blick einer besonders freundlichen Prostituierten– ach ja, diese Französinnen! – auswich, und schlüpfte zwischen einer Gruppe von feuchtfröhlichen Männer und einer der Arkadensäulen hindurch. Größer und zugleich auch besser eingefasst als Vauxhall befanden sich die jardins , die Gärten, an dem Ort, wo sich früher die Residenz von Kardinal Richelieu befunden hatte. Jetzt fand man dort Läden, Bordelle, Cafés und Theater zuhauf – alles, was das Herz des Bürgertums zu seiner Zerstreuung begehrte. Das Café des Chartres , wo sich laut Moldavi Napoleon und seine neue Kaiserin Josephine zu Schäferstündchen eingefunden hatten, fand man hinten in einer Ecke des Palais, und daneben befand sich eine beliebte Weinschenke, aus der Zecher hinaus unter die von Flieder und Lilien gesäumten Kolonnaden strömten.
Als er weitereilte, fiel ihm eine blasse, schlanke Gestalt auf. Sie lehnte an einer der Säulen, und als er sie sah, blieb er vor Überraschung fast stehen. Das war unmöglich. Ihre Blicke kreuzten sich, und ihm lief ein Schauer über den Rücken. Es war die blonde Frau, die er im Grauen Hirschen gesehen hatte. War sie ihm nach Paris gefolgt?
Wie zuvor trug sie auch diesmal ein langes, altmodisches Gewand, das aussah, als gehöre es eher zu einer mittelalterlichen Schlossherrin als zu einer Pariser Ladeninhaberin oder Hure oder was auch immer sie war. Ihre blassen Augen hielten seine fest, als er vorüberging, und sie nickte ihm unmerklich zu. Dieses Mal hast du dich also an mich erinnert.
Er konnte die Worte in seinem Kopf hören, als hätte sie sie ihm ins Ohr geflüstert – aber sie hatte sich nicht von der Säule wegbewegt.
Gut, Voss. Du lässt mich hoffen. Bist du schon bereit?
Er hielt inne und sah sie über die Straße hinweg an. Ich weiß nicht, was du meinst , dachte er und spürte, sie würde ihn hören.
Sie nickte und lächelte ein wenig. Selbst aus der Entfernung wurde ihm warm. Du wirst es wissen, wenn die Zeit gekommen ist.
Eine Menschentraube schob sich zwischen sie, und als die vorüber war, war sie verschwunden.
Beklommenheit legte sich ihm auf die Schultern, und die rasende Pein von seinem Mal her erinnerte ihn wieder daran, weswegen er hier war. Er verdrängte den Schmerz und wappnete sich für das, was sicherlich eine waghalsige, wenn nicht tödliche, Unterredung mit Moldavi werden würde.
Endlich fand Voss die Ladenfront, die er suchte. Der würzige Rosmarin- und Salbeiduft von Corcellets berühmten Würsten musste nicht allzu sehr kämpfen, um sich gegenüber den anderen Gerüchen aus Patisserien oder gegen Zigarrenrauch zu behaupten, obschon der durchdringende, süßliche Duft von Nelken, den eine Hure trug, die an Voss vorbeistrich, hier fast den Sieg davontrug.
„Verzeihen Sie, Madame“, sagte er, als er an ihr vorbei in die kleine Epicerie ging. Die Patés und Würstchen interessierten ihn nicht sonderlich, obwohl der Geruch von Blut, der hier schwer in der Luft hing, ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ.
Wie lange war es her, seit er seinen Durst zuletzt gestillt hatte?
Der Gedanke war ihm bislang noch gar nicht gekommen und überrumpelte Voss, als er sich durch den vollen Laden schob. Denn es geschah nicht oft, dass er mehr als ein oder zwei Tage ohne zumindest ein bisschen lustvolles Saugen, Trinken und Vögeln zubrachte. Und zusätzlich zu all dem musste er dann so etwa einmal in der Woche drei oder vier willige Partnerinnen finden, um seinen Flüssigkeitsbedarf restlos zu decken.
„Monsieur“, sagte der Herr hinter dem Tresen, noch während er das Päckchen für einen anderen Kunden zusammenstellte und einen Angestellten scharf gestikulierend anwies, einem weiteren zu helfen. Sein Gruß ging in der
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