Die Lucifer-Connection (German Edition)
durchsichtig. Die Zeit war gekommen, das Tagwerk anzugehen. Nebelstreifen trieben zwischen den Baumkronen und in den Pfaden. Er schluckte eine Captagon gegen die aufkommende Müdigkeit. In den letzten Nächten hatte er zu wenig Schlaf gehabt. Während er auf die einsetzende Wirkung wartete, beschmierte er sein Gesicht und den Hals mit dunklem Matsch. Bereits nach kurzer Zeit setzte die Reaktion des Amphetamins auf seinen nüchternen Magen ein: sein Herzschlag erhöhte sich, sein Gesicht brannte. Seine Augen glühten, Schultern und Beinmuskeln schmerzten. Die Lippen waren aufgesprungen, der ganze Körper fühlte sich zerkratzt an. Das Amphetamin neutralisierte die Körpersignale. Euphorie machte sich breit und verzerrte seine Gesichtszüge. Die Zivilisation verließ ihn wie ein Astralleib. Seine Kehle wurde immer trockener. Er trank alles Wasser, das er noch hatte. Dann band er sich ein olivgrünes Schweißband um den Kopf. Er konnte es sich nicht leisten, im entscheidenden Moment einen Schweißtropfen ins Auge zu bekommen. Er sah schrecklich aus. Gill nahm die Bananenmagazine und klebte sie umgekehrt mit Haftband zusammen, um sie schneller wechseln zu können. Jetzt würde er sich eine Kalaschnikow besorgen. Ohne Rücksicht auf den Preis, den seine Seele dafür bezahlte, war Gill zum Morden bereit. Inspiriert von einem Hass, der nun endlich mitleidlos toben durfte.
Das Satellitentelefon meldete sich. Der Empfang war besser als das Programm deutscher Fernsehsender. „Softparade an Universal Soldier.“
„Universal Soldier hört.“
„Waiting for the Sun.“
„Universal Soldier verstanden.“
Klaus und seine Leute würden mit Sonnenaufgang angreifen. Er sah auf die Casio. Er hatte noch eine Viertelstunde, um das Chaos loszutreten und in die alte Villa zu gelangen, in der sie Alexa gefangen hielten. Er musste sie sichern, damit sie nicht noch in letzter Minute von den durchgeknallten Boys umgelegt wurde. Das konnten die Angreifer im Hubschrauber nicht. Deshalb war er hier. Vorsichtig schlich er durch den Busch den Hang hinunter und umging die Wachtposten. Er arbeitete sich so schnell wie möglich voran und achtete nicht auf die Geräusche, die er verursachte. Dann war der Pfad vor ihm, der abwärts hinter einer Kurve am Lager endete. Er ließ seinen Rucksack liegen und schlich hinauf zu der Kurve, hinter der er die Wachen gesehen hatte. Zwei Gestalten schliefen sitzend, mit dem Rücken zu Gill, vor dem verglimmenden Feuer. Neben ihnen lagen mehrere leere Flaschen. Aus der Schlangengrube hinter ihnen hörte er das wütende Zischen einer Mamba. Er glitt auf die Wachen zu, lautlos wie ein Schatten. Dann stach er mit voller Wucht sein Kampfmesser von oben nach unten in den Hals einer Wache, kurz vor der Schulter. Ein gurgelnder Laut. Die andere Wache fuhr hoch und sah Gill aus großen, ungläubigen Augen an. Der Boy trat zurück und wollte nach seinem Panga greifen. Er war zu überrascht und noch zu berauscht, um zu schreien. Gill traf ihn mit einem Yop-Chagi in den Magen. Der Mann flog zurück, fing sich, torkelte, verlor das Gleichgewicht und stolperte in die Schlangengrube. Sofort stürzten sich die Mambas auf sein nacktes Bein, stießen innerhalb einer Sekunde mehrmals zu. Mit der Kraft der Todesangst sprang der Mann aus der Grube. Der Aufschrei des Todgeweihten wurde erstickt, weil Gill ihm nachgesetzt war und das Messer in seinen Nacken rammte. Die Klinge trat durch den Mund aus wie eine Zunge aus Stahl. Ohne zu schreien, starb er und biss dabei auf Metall. Gill trat ihn in die Grube zurück. Über seinen Leichnam konnten sich die Schlangen in die Freiheit winden. Wieder was fürs Karma getan.
Er nahm sich eine der Kalaschnikows, die neben dem Feuer lagen. Auf rutschfesten Gummisohlen ging er den feuchten Weg bergab. Der Rucksack, der vor wenigen Stunden so schwer gewogen hatte, war nun leicht wie eine Feder. Er schwitzte überhaupt nicht mehr. Adrenalin knallte bis in die grauen Haarspitzen und sang in seinen Ohren. Kurz vor dem Ende des Pfades nahm er das Bergen Bag ab und holte die Minen heraus. Im Abstand von dreißig Metern setzte Gill die Claymores, die er mit einem Stolperdraht über den Pfad verband.
Er erreichte den Rand des Waldes seitlich von dem Kampfstand, der die Siedlung gegen Norden mit einem RPG-7 sicherte. Die Waffe lag neben einem Wild Side Boy, der seinen Rausch ausschlief. Der Junge war keine fünfzehn Jahre alt. Über seinem T-Shirt hing eine Kette mit menschlichen Ohren. Gill legte
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