Die Lucifer-Connection (German Edition)

sagte: „Natürlich will ich den Turner noch, Carl. Aber ich bin gerade im Aufbruch und verlasse London. Kannst du ihn bei dir behalten, bis ich dir sage, wohin er soll? Die Rechnung schickst du nach Wien … Nein, ich habe da zu tun. Ich kann nicht für dich zu Janosch gehen! Ich bin doch nicht dein Scout! Sag mal – bist du jetzt endgültig verrückt geworden, du alte Schlampe?“
    60
    Sie saßen in dem dunklen Pub vor Halfpints Bitter. Höhnisch sah Gill durch das Fenster zu einer Videokamera, die auf der anderen Straßenseite angebracht war und mit ihrem gierigen Auge alles aufsaugte. Keine andere Stadt hatte mehr Kameraüberwachung als London. In keiner anderen europäischen Stadt waren seit dem Zweiten Weltkrieg mehr Bomben hochgegangen.
    John tat das, was alle Schriftsteller am liebsten tun: sich über ihre Verleger beschweren und mit glasklarer Logik erklären, wie diese durch fehlendes Engagement und Dummheit die eigenen Bestseller verhinderten. Gill ließ es gelangweilt über sich ergehen, als Carl eintrat und sich zu ihnen setzte. „Ihr bösen, bösen Jungs! Wo habt ihr mich da nur reingehetzt? Aber was tu ich nicht alles aus Liebe. Wenn das rauskommt, ist es um den armen Carl geschehen. Niemand wird mehr ein Bild von mir kaufen und mich einladen …“
    John war an diese Litaneien gewöhnt. „Carl, bitte. Gill hat nur wenig Zeit.“
    „Ja, ja. Wenn der Mohr erstmal seine Schuldigkeit getan hat. Kommt mal schnell nach London, und der dumme Carl muss springen.“
    „Carl, bitte.“
    „Na schön. Zaran verlässt London in diesem Moment. Er geht wohl nach Wien. Was für ein Bursche!“ Er warf einen Zettel mit Zarans Wiener Anschrift auf den Tisch. „Manchmal wohnt er auch bei Freunden auf ihren finsteren Ritterburgen. Mehr kann ich für dich nicht tun, Schätzchen. Es ist schon sehr, sehr böse von mir, dass ich dir seine Wiener Adresse verrate. Dafür bist du mir aber etwas schuldig, du deutsches Ungetüm.“
    „Ist doch klar, du schlimmer Junge.“
    Carl strahlte. „Ja, das war ganz schön ungezogen von mir, nicht wahr?“
    „Wenn das rauskommt, wird’s wohl was setzen.“
    „Um Himmels Willen! Da tut dem bösen Carl jetzt schon sein Popöchen weh.“
    Gill stand auf, griff den Zettel und umarmte John.
    „Ich bring’ dich. Kein Problem.“
    „Kümmere dich lieber um Carls Ratte. Du hast was gut bei mir.“ Unbemerkt steckte er John die Beretta zu. Dann verließ er den Pub. Auf der Straße zog er sein Handy und buchte sich auf die nächste Maschine nach Wien. Er hatte noch genügend Zeit, um gemächlich nach Heathrow zu gelangen. Während des Fluges würde er sich Girls Aloud auf die Ohren knallen.
    61
    „Hat die Staatsanwaltschaft inzwischen einen internationalen Haftbefehl gegen Zaran erlassen?“
    Klaus saß auf einem Stuhl neben Alexas Bett. Ihr Kopf war verbunden, und sie hing an mehreren Schläuchen. Cobra stand am Fenster des Einzelzimmers in der Essener Privatklinik und sah hinunter in den Park, in dem Patienten herumhumpelten oder auf Bänken dösten.
    „Es läuft eine gigantische Vertuschung, um Zaran zu schützen. Das kommt von ganz oben. Innenministerium, Verfassungsschutz, Außenministerium, was weiß ich. Hat mir jedenfalls Domogalla gesteckt. Man muss nicht besonders schlau sein, um zu ahnen, dass sie es mir und Gill in die Schuhe schieben.“
    „Die toten Polizisten?“
    „Sicher. Die auch.“
    „Sie können die Kinder doch nicht unter den Tisch fallen lassen.“
    „Längst passiert. Existieren nicht mehr. Sind von irgendeiner EU-Hilfsorganisation abgeholt worden. Domogalla konnte gerade noch Kopien der Einsatzprotokolle einsacken, bevor er suspendiert wurde.“
    „Wieso wurde er suspendiert?“
    „Weil er fahrlässig die toten Polizisten in einen Terrorismuseinsatz geschickt hat. Sie nennen es Urlaub.“
    „Damit kommen sie nicht durch. Ich habe auch ein paar Kontakte. So lasse ich mich nicht mundtot machen.“
    „Erstmal liegst du ein paar Wochen. Und das ist auch richtig so. Du musst wieder gesund werden. So lange werde ich diese Pisser schon hinhalten und beschäftigen. Ich schalte eine komplette Düsseldorfer Kanzlei ein, die ihnen die Hölle heiß macht.“
    Alexa stöhnte. „Ich will schnell wieder auf den Beinen sein. Ohne mich werdet ihr nicht weit kommen.“
    „Du redest, als wolltest du einen Job bei mir.“
    Sie lachte gequält. „Wo ist Gill?“
    „Was glaubst du wohl?“
    „Er ist hinter Zaran her.“
    „Deine Gehirnzellen funktionieren