Die Lucifer-Connection (German Edition)
So eine Missgeburt. Polizistenmörder kann ich nicht ab. Das rüttelt an unserer Zivilisation.“
„Das tust du auch.“
„Woher weißt du das?“
„Ich kenne dich ’ne Weile.“
„Ich meine das mit dem Mörder.“
„Hat man mir gesteckt. Bin gespannt, was die Chefin dazu sagen wird.“
Igel zog ein belegtes Brötchen aus dem Mantel. „Hab’ noch nicht gefrühstückt.“
„Wie kannst du hier fressen?“
„Ich sag’ dir, was in zehn Jahren ist. Du säufst mehr, sogar eine Menge mehr. Und Leichen und missbrauchte Kinder oder tote Junkies sind dann längst nicht mehr so wichtig wie die Frage, wo du zum Essen hingehst.“
34
Gill erreichte den Flughafen, stellte den Daimler ab und legte die Glock ins Handschuhfach. Er nahm den Bergen, ging in den Terminal und orientierte sich. Sein Ticket bezahlte er mit Kreditkarte. Das Visum lag bereit. Überall rannten bemitleidenswerte Geschöpfe herum, die in ihre Handys blökten, um wichtig zu erscheinen. Da er noch genug Zeit hatte, betrat er die internationale Buchhandlung. Er kaufte den neuen Scholl-Latour, ein Buch über Sierra Leone und ein paar afrikanische Zeitungen. Dann trank er Kaffee und las, bis es Zeit wurde, zum Schalter zu gehen. Nach einer Stunde des Wartens und der Sicherheits-Checks saß er endlich auf seinem Platz an Bord des Airbus.
Die Passagiere waren fast ausschließlich Weiße. Männer in Anzügen. Ganz sicher keine Touristen. Ein Zeichen dafür, dass man Sierra Leone wieder legal aussaugen durfte. Auf dem Platz neben ihm breitete ein dicklicher, älterer Mann mit gegerbter Tropenhaut Börsenzeitungen über seinen Schoß aus. Er lächelte Gill an. „Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber ich muss ein paar Stunden Zeitungen lesen. Sozusagen meine Hausaufgaben machen.“
„Keine falsche Scham. Ich bin der schweigsame Typ.“ Er hob das Buch von Scholl-Latour. „Und ebenfalls des Lesens mächtig.“
„Welch glückliche Fügung. Vielleicht nehmen wir beide nachher einen Whisky?“
„Gerne.“
Sie schnallten sich an und lasen, beachteten den Start der Maschine nicht. Innerlich fluchte Gill über das Rauchverbot. Als sein Nebenmann einen Kaffee bestellte, schloss sich Gill an. Schweigend lasen sie die nächsten Stunden.
35
Nachdem sie ein paar Minuten dem Flußlauf gefolgt war, setzte die Gulfstream zur Landung im Tal an. Am Rande der ehemaligen Gummiplantage hatte man eine behelfsmäßige Piste gebaut. Als Leuchtmarkierungen für Nachtlandungen waren in unregelmäßigen Abständen Tonnen voll brennbarem Material plaziert worden. Die Plantage lag vor einem Sumpfgebiet hingekauert wie ein giftiges Untier. Sumpf und der Fluss schützten sie von drei Seiten. Zu Land war sie nur von der schmalen Dschungelseite zugänglich, durch die ein Pfad lief. Ungepflegte Gummibäume und verwahrloste Kieswege führten zwischen den bunkerähnlichen Hütten zu einer Villa im Kolonialstil. Daneben befand sich von Stacheldraht eingezäuntes Gelände mit mehreren Lehmhütten und einem Brunnen: die Brutfarm. Kinder und Frauen hockten apathisch vor den Hütten und sahen zum Flugzeug. Zaran würde einige von ihnen in ein anderes Land, in ein unvorhersehbares Schicksal entführen. Der hirnvernebelnde Gestank des Wahnsinns und der Verzweiflung lag über dem Camp.
Bei der harten Landung rollte Alexa ein paar Meter durch das Flugzeug. Zerschunden und fast ohne Bewusstsein lag sie nackt auf dem Boden. Blut rann ihr über die Schenkel. Zaran hatte sich angeschnallt und war bester Laune.
„O mein Gott“, stöhnte Alexa vor Schmerzen.
„Gott ist heute nicht hier“, höhnte Zaran. „Er ist anderweitig beschäftigt, der große himmlische Faschist!“
Sie spürte eine furchtbare Angst, dass er ihr die Seele aus dem Körper saugen könnte. Angst ist nichts anderes als erschöpfter Wille, sprach sie sich selbst Mut zu.
Ein paar Wild Side Boys hatten sich am Rand der Piste versammelt. Wüste Gesellen, die im Drogenrausch mit ihren AK47-Sturmgewehren herumwedelten. Einige der Kalaschnikows waren mit leuchtender Neonfarbe eingesprüht. Der Geruch nach Fett und Fäulnis umgab die Männer wie eine zweite Haut. Ihr brutaler Anführer ließ sie die Landung bejubeln. Unbeschwert ballerten sie in den Himmel, begeistert von ihren motorischen Fähigkeiten. Hiroshima Bomb trug einen schwarzen Brillenrahmen ohne Gläser, was ihm ein insektenhaftes Aussehen verlieh. Ins krause Haar hatte er kleine Spiegel geflochten. Darauf saß ein zerbeulter Zylinder.
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