Die Lucifer-Connection (German Edition)

Sonst wirkt sein Zauber nicht mehr, und er ist unrein. Bringt uns in Teufels Küche.“
    „Der Kerl stinkt wie eine Jauchegrube.“
    „Die Kamajors dürfen ihre Kleidung nie waschen. Da steckt der Zauber von Jahren drin. Und sicherlich auch das Blut gefressener Feinde.“
    Der Kamajor nahm eine Patrone aus dem Gurt, führte sie zwischen seine Lippen und murmelte vor sich hin. Er zog ein kleines Kurzhaarbündel hervor und befestigte es an der Patrone. Dann steckte er sie Gill in die Tasche.
    „Solange Sie die Patrone in der Tasche haben, wird keine andere Kugel Sie treffen können.“
    „Wenigstens pisst er mich nicht an, um mich kugelfest zu machen. Was sind das für Haare?“
    „Von der Scham einer Jungfrau. Das hält Sie gesund. Dies ist Afrika.“
    „Warum gibt er sie mir?“
    „Er sagt, er hat Ihren Hass gesehen. Die Kamajors sind Männer des Hasses. Sie sind einer von ihnen.“
    „Langsam arbeite ich mich in der hiesigen Nahrungskette nach oben, was?“
    Nicht ohne Bedauern reichte Gill dem Kamajor zwei Packungen Pall Mall. Der Mann nahm sie lachend an. Roelf verabschiedete sich von dem Dschungelmenschen. Er überreichte ihm ein kleines Päckchen, das dieser entgegennahm. Dann stiegen sie ein und fuhren langsam über den holprigen Pfad zur Piste zurück. Die unbefestigte Straße zog sich endlos durch das dichte Grün.
    „Was haben Sie ihm gegeben?“
    „Pfeilspitzen, die getötet haben. Mächtiger Juju.“
    „Ein schönes Mitbringsel. Wo haben Sie die her?“
    Roelf sah Gill einen kurzen Augenblick entgeistert an. „Aus Rebellenkadavern rausgeschnitten natürlich. Glauben Sie, so was kriegen Sie im Wal-Mart?“
    „Erzählen Sie mir was über die Kamajors.“
    „Kamajor ist Mende-Sprache und bedeutet Jäger. Sie sind eine alte Geheimgesellschaft, wie es viele in Schwarzafrika gibt. Etwa die Leopardenmenschen. Für die war Sierra Leone berüchtigt. Die angeblich letzten wurden Ende der Vierziger von den Briten gehängt. Aber es gibt sie natürlich weiterhin. Westafrika ist die Hochburg dieser Geheimgesellschaften, und Sierra Leone und Liberia sind ihre Zentren. Taylor war Chef einer Poro-Gesellschaft und hatte es mit Menschenopfern. Auf seinem Speiseplan standen regelmäßig rituell verzehrte Menschenherzen. Die sind in Den Haag vom Hocker gefallen, als das rauskam. Die Kamajors fressen auch gerne ihre Feinde. Wie in allen Geheimgesellschaften wählt man künftige Mitglieder in jungen Jahren aus. Sie leben von da an außerhalb des Dorfes, wo sie nach den widerlichsten Initiationsriten in ihre Geheimnisse eingeweiht werden. Magie spielt ebenso eine Rolle wie die Jagdausbildung. Ihre Aufgabe ist es, ihr Dorf vor wilden Tieren und Feinden zu schützen. In jedem Dorf gibt es höchstens zwei Kamajors.
    Erst der Bürgerkrieg hat eine militärische Organisation aus ihnen gemacht – wenn man das überhaupt so nennen kann. Auf Stammesbasis wurde die Civil Defense Forces ins Leben gerufen, eine Miliz aus Buschkriegern und Medizinmännern. Sie sollten, geschützt durch Zauber, die Dörfer vor der plündernden RUF und den marodierenden Streitkräften bewahren. Executive Outcomes hat sie als erste eingesetzt, weil sie den Busch lesen und den Fährten der RUF folgen können wie Fischer einem Sardinenschwarm. Ihre brutale und gefährliche Lebensweise macht sie absolut furchtlos. Als Truppe sind sie zu undiszipliniert, wie wir feststellen mussten, aber als Dschungelkämpfer sind sie effektiv. Ich habe nie gehört, dass sie mit einem Gefangenen aus dem Busch zurückkamen. Sie sind die einzigen Schwarzen, die gerne nachts kämpfen. Die Rebellen rotteten sich eng zusammen, um sich vor den Dämonen der Dunkelheit zu schützen. Nachts wandeln nämlich die Geister der Vorväter umher. Die Kamajors sind zwar genauso abergläubisch, aber viel mutiger. Nachts rufen sie einander nicht beim Namen, damit die Dämonen sie nicht identifizieren können. Wüssten sie ihre Namen, könnten sie ihre Hütten aufsuchen.“
    „Mir hängt diese schwarze Magie langsam zum Halse raus. Ob in Europa oder in Afrika.“
    „Irgendwo in Afrika herrscht immer der Wahnsinn. Das volle Programm. Als Taylor die Macht ergriff, ließ sein General Butt Naked alle dicken Leute erschießen, weil jeder, der gut genährt war, automatisch für die Regierung gearbeitet haben musste.“
    ***
    Sie fuhren über grüne Hügel, vorbei an verwahrlosten Plantagen und Feldern, von denen einige wieder bearbeitet wurden. Ein kleines Indiz für die Rückkehr zur