Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Lucifer Direktive

Titel: Die Lucifer Direktive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
Vom Netzwerk:
seiner Feinde. Im Bus gab es keine Wände, kein Versteck. Nie zuvor hatte er sich so allein, so schwach gefühlt. Er war der Gnade einer gesichtslosen Macht ausgeliefert, die Computer ebenso leicht manipulieren konnte wie Leute ausradieren, die ihr störend im Weg standen. Wie konnte er erwarten, sie zu schlagen?
    Er mußte irgendwo darüber nachdenken, wo er sich sicher fühlte.
    Er mußte ins D-Phi zurück. Das Wohnheim. Sein Zuhause …
    Dan kehrte fünfundzwanzig Minuten später mit verschiedenen Buslinien zur Thayer Street zurück und wahrte die gleiche Vorsicht, als er zum Wriston Quad zurückkehrte, wie vorher. Je näher er seinem Heim kam, desto gehobener wurde seine Stimmung.
    Bis er die ersten Sirenen hörte. Sie drangen an sein Ohr, als er unter dem Wayland-Bogen dem Eingang zum Quad zustrebte. Sein Magen krampfte sich zusammen. Er begann zu laufen und lief gleich in Richtung der Rauchwolken, die in den Himmel stiegen. Der scheußlich ätzende Gestank eines mißlungenen chemischen Experiments stach ihm in die Nase. Ein Löschfahrzeug fuhr vorsichtig über den schmalen Gehweg. Eine Ambulanz im Kielwasser.
    Dan bog um die Ecke und blieb wie angewurzelt stehen. D-Phi war in Rauchschwaden gehüllt. Die Mannschaft eines Feuerwehrautos mühte sich um eine bessere Position, um den Schlauch auf das Haus zu richten. Befehle wurden gebrüllt. Dan dachte, sie sprengen es in die Luft, und alles meinetwegen. Schuldgefühle drückten ihm auf den Magen und verdrängten die Furcht. Er hatte einen bitteren Geschmack in seinem ausgedörrten Mund. Dann löste sich der Nebel vor seinen Augen auf wie der Rauch. Alles kam aus einem einzigen Fenster im zweiten Stock.
    Sein Fenster.
    Es war mitsamt dem Rahmen herausgeflogen und hatte einen Teil des Mauerwerks mitgerissen. Soweit er bis jetzt sehen konnte, war aber sonst kein Schaden am Gebäude entstanden. Die Explosion hatte sich auf sein Zimmer beschränkt.
    Dan wagte zu hoffen. Vielleicht war niemand verletzt worden. Vielleicht hatten sie sein Zimmer in die Luft gejagt, ohne zu wissen, daß er gar nicht drin war. Aber es waren zu viele Sanitätstrupps im Einsatz, und eine Organisation, die ein Bankkonto abräumen konnte, würde wohl kaum einen solchen Irrtum begehen.
    Sie hatten einen anderen Irrtum begangen, und Dan bemerkte ihn mit Schmerz und Entsetzen, als er auf einer Bahre an ihm vorbeigetragen wurde. Ein weißes Laken bedeckte eine auf dem Rücken liegende Gestalt vom Kopf abwärts. Nur das Haar war zu sehen. Lockiges Haar – sein Haar …
    Peter Brents Haar.
    Die Wahrheit traf ihn wie eine Sturmbö und hätte ihn beinahe umgeworfen. Irgendwie kämpfte sich der Verstand durch seinen Schock, und er sah, was geschehen war, sah es in Farbe auf einer Leinwand in seinem Schädel. Sie hatten eine Sprengladung in seinem Zimmer angebracht und auf seine Rückkehr von der Bank gewartet. Als Peter Brent, der ihm von weitem ähnlich sah, durch die unverschlossene Tür hereingekommen war, hatten sie die Ladung gezündet. Peter war also tot, in Fetzen gerissen, weil er Dans Notizheft zurückgebracht hatte.
    Das war nicht fair. Das war verdammt nicht fair.
    Der Schock betäubte ihn, verhinderte die Tränen, aber nicht die Trauer. Wie durch einen Schleier erkannte er die Wahrheit: Peter war tot, und das war seine Schuld. Er hatte den Tod seines besten Freundes verursacht. Es würde kein kalifornisches, unbekümmertes Lächeln mehr geben, keine Probleme, die zu lösen er ihm half …
    Dan hatte das Gefühl, der Schmerz würde ihn ohnmächtig werden lassen. Dann schien ihn jemand zu bemerken, den er kannte. Instinktiv zog er sich hinter die Hausecke zurück. Sein Verstand arbeitete wieder, wog ab, plante. Dadurch fühlte er sich schmutzig und herzlos. Aber er sah einen Ausweg. Die Bahre mit dem lockenköpfigen Leichnam würde den Killern als Erfolgsnachweis dienen. Es würde noch ein Weilchen dauern, bis die Wahrheit ans Licht käme. Bis dahin war er frei. Er hatte Zeit gewonnen zu planen, zu handeln.
    Tief aus seinem Innern zog er die Kraft wegzulaufen, so schnell als möglich um die Ecke zu verschwinden, die Grasnarbe vor dem zementierten Gehweg aufzureißen und sich dem Strom der zum Explosionsort eilenden Menschen entgegenzustürzen. Er schien der einzige zu sein, der vom Tatort weglief, aber das machte nichts.
    Er dachte an seinen Vater.
    Er dachte an Peter Brent …
    Und seine Hand glitt in die Jackentasche und berührte den 3.200-Dollar-Scheck, den Brent ihm zur Einzahlung

Weitere Kostenlose Bücher