Die Lucifer Direktive
ich will verdammt sein …«
»Das sind wir beide, aber nicht wegen der Vergangenheit, sondern wegen der Gegenwart.«
»Dann gehe ich also davon aus, daß dein Rendezvous mit Stettner nichts mit deinem alten Herrn zu tun hat.«
»Nein. Auch ich bin hinter jemandem her …« Dan sah sie eindringlich an. »Sagt der Name Renaldo Black dir irgendwas?«
Sie trat auf die quietschenden Bremsen und starrte ihn mit zornblitzenden blauen Augen an. »Das ist das Schwein, das meine Familie ermordet hat! Woher kennst du ihn?« fragte sie.
»Das ist eine lange, zum Teil recht komplizierte Geschichte. Im Augenblick genügt es zu sagen, daß er mit einem Schwung anderer in mein Leben getreten ist – darunter Gute und Böse. Ich bin abgehauen, weil ich den Unterschied nicht mehr erkennen konnte. Und nur wenn ich ein paar Antworten rausgekriegt habe, kann ich nach Hause zurückkehren. Ich schätze, Black kennt sie.«
Jills Blick wurde weicher. »Wo ist dein Zuhause?«
»Bis vor ein paar Tagen die Brown University in Providence, Rhode Island, wo ich Delta Phi als treu ergebener Präsident diente.«
»Ich habe mich bei der Brown beworben«, erklärte sie.
»Aufgenommen?«
»Es war egal. Ich hatte es mir anders überlegt. Ich wollte nicht gleich aufs College, sondern reisen, die Welt sehen, neue Leute kennenlernen. Das war vor drei Jahren. Ich bin seither gereist, habe viel gesehen und viele Menschen kennengelernt.«
»Klingt nicht gerade, als ob du berauschende Erfahrungen gemacht hättest.«
»Eine Zeitlang war es ganz gut. Dann begann ich, mich zu langweilen. Offen gesagt, war ich gerade im Begriff, die Sache dranzugeben, als mich vor drei Tagen die Nachrichten über meine Familie erreichten, etwas vage zwar, aber ohne Anlaß zur Hoffnung. Wahrscheinlich ganz gut so. Ich fühlte mich wie ein Stück Dreck, so schuldig, und gotterbärmlich einsam.«
»Schuldig, weil man dich nicht auch umgebracht hat?«
»Vielleicht. Das gehörte zu den vielen Möglichkeiten, die mir in den letzten Tagen durch den Kopf schossen.«
»Und jetzt?«
»Hör mal, Lennagin, im Augenblick ist in meinem Leben kein Platz für Fragen.« Dabei erhöhte sie die Geschwindigkeit ihres Fiat.
»Danach glaubst du also, du hättest alle Antworten.«
»Genug jedenfalls, um Stettner zu erwischen. Ich werde noch mehr herauskriegen und Black aufspüren.«
Sie waren beim Baur au Lac angelangt. Jill Levine trat hart auf die Bremse. »Hier mußt du aussteigen, Collegeboy.«
Das tat er, aber er legte seine Hand für einen Moment auf den Rahmen ihres geöffneten Fensters, ehe er zum Hoteleingang ging. »Es mag vielleicht abgedroschen klingen, aber da du mir das Leben gerettet hast, schulde ich dir noch was.«
»Du hast recht. Es klingt abgedroschen.«
Dan ignorierte diese Feststellung und den Tonfall. »Ich weiß, wie müde und hungrig mich das Alleinsein gemacht hat. Das Essen in dem Hotel ist nicht umwerfend, aber es füllt den Magen. Und außerdem bist du die einzige, die ich kennengelernt habe, seit mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, die zu verstehen scheint, was ich durchmache. Ich würde das gerne fortsetzen.«
»Willst du mir an die Wäsche, Lennagin?«
Seine Hände glitten von der Wagentür. Er suchte krampfhaft nach einer schlagfertigen Antwort, aber ihm fiel nichts ein.
»Sei nicht so schüchtern, Collegeboy«, meinte sie bissig. »Wenn deine Familie abgeschlachtet worden ist und du dich entschließt, die Killer bis an die Zähne bewaffnet zu jagen, dann wirst du überrascht feststellen, wie simpel Sex sein kann.«
Nachdem sie jeder eine ausgiebige heiße Dusche genossen hatten, setzten sie die Diskussion in seinem Hotelzimmer fort. Ohne mit der Wimper zu zucken, zog Jill sich vor ihm wieder an. Offenbar fühlte sie sich nackt ebenso wohl wie vollbekleidet. Ganz anders als andere Mädchen, die Dan gekannt hatte. Sie erschien ihm wie ein Playboy -Klappbild, das zum Leben erwacht war. Ohne ihre Sachen wirkte ihr Körper in seiner Perfektion wie von einem Künstler geschaffen, jede Linie, Haar, Muskeln, alles war harmonisch verteilt. Sie fing seinen bewundernden Blick auf und verulkte ihn mit einem Augenzwinkern, ehe sie ihr blaues Arbeitshemd in die Jeans stopfte und ihr Haar vor dem Spiegel zurechtzauste.
»Du kannst verdammt gut mit der Kanone umgehen«, befand Dan lahm, der den Revolver auf der Kommode liegen sah.
»Das lernt man draußen«, erklärte sie. »Ich bin während der letzten drei Jahre in zwei Dutzend Ländern
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