Die Lucifer Direktive
anderes.«
»Ich habe meine Entscheidung getroffen. Und du?«
»Ich will dir was sagen.« Sie setzte sich dicht neben ihm aufs Bett, und ihre Augen blickten so sanft, wie er sie bislang nicht gesehen hatte. »Ich werde darüber nachdenken, während wir was essen, und meine Entscheidung fällen, während wir bumsen.«
Der Morgen meldete sich mit einem Klopfen an der Tür. Es war noch keine sieben Uhr. Dan rollte sich aus dem Bett, weniger ausgeruht als wiederbelebt, und achtete darauf, Jill nicht zu stören. Aber ein Arm, der ihn festhielt, als er aufstehen wollte, sagte ihm, daß sie schon wach war.
»Gibst du so schnell auf?« seufzte sie. Die ganze Nacht lang hatte sie die Führung übernommen, Lehrerin und Schüler. Er hatte sich ihr ausgeliefert, und beide wußten es. Dan hatte sich völlig in ihr verloren und wollte sich noch mehr in ihr verströmen.
Wieder ertönte ein anhaltendes Klopfen, diesmal lauter. Dan lächelte ihr zu und entzog sich ihr. »Ich kümmere mich besser darum.«
Jill hielt sich die Decke vor die Brust, ihr Revolver war darunter verborgen. Dan schlüpfte in seine Hose und ging zur Tür.
»Mr. Lennagin«, begrüßte ihn der kleine, schnauzbärtige Assistant Manager, der bei seiner Ankunft so hilfsbereit und freundlich gewesen war. »Es tut mir unendlich leid, wenn ich Sie zu dieser frühen Stunde belästigen muß, aber ich fürchte, es läßt sich nicht vermeiden. Darf ich hereinkommen?«
»Well …«
Ehe Dan weiter Einspruch erheben konnte, war der kleine Mann an ihm vorbei durch die Tür gerauscht, die er hinter sich schloß. Er wechselte einen flüchtigen, desinteressierten Blick mit Jill und sah dann wieder Lennagin an.
»Ich bedaure außerordentlich, daß ich Sie behelligen muß, aber es haben sich einige Umstände ergeben, die Sie interessieren könnten. Ich dachte, es sei in Ihrem Sinne, sofort darüber informiert zu werden.«
»Worüber?«
»Zürich ist eine wunderbare Stadt, Mr. Lennagin, aber wir haben hier ebenso unsere Probleme wie Sie in Ihren amerikanischen Städten. Gestern nachmittag gab es einen Mord am Bahnhofsplatz. Ein höchst widerwärtiger Zeitgenosse namens Lutz Stettner, dem man nachsagte, daß er mit Kriminellen und Terroristen zu tun hatte. Verkaufte ihnen Waffen, glaube ich.«
»Was geht das mich an?« fragte Dan. Ob der Manager seine Nervosität witterte?
»Oh, ich behaupte nicht, daß es das tut. Bitte entschuldigen Sie mein Benehmen. Wenn ich dennoch fortfahren dürfte …«
»Bitte.«
Der Hotelmanager verschloß die Tür und legte die Kette vor. »Die Züricher Polizei begrüßt Stettners Tod. Lieber würden sie seinen Mörder belohnen als ihn ins Gefängnis zu werfen. Daher ist kaum anzunehmen, daß gründliche Ermittlungen durchgeführt werden. Offiziell wird man die Angelegenheit zu den Akten nehmen und vergessen. Inoffiziell jedoch sind da Stettners Freunde, die über den Mord an ihm nicht so glücklich sind. Sie haben bereits viele Fragen gestellt und Leute ausgeschickt, die die Stadt durchkämmen sollen. Es scheint, daß man zur angenommenen Tatzeit in der Nähe von Stettners Lagerhaus zwei junge Leute gesehen hat. Der junge Mann, so hörte ich, hat lockiges Haar. Er war in Begleitung einer blonden jungen Frau.« Die letzte Feststellung galt Jill.
Dan wollte etwas erwidern. Der Manager sprach weiter.
»Vor kaum fünfzehn Minuten sind drei von Stettners Freunden in der Lobby des Baur au Lac aufgetaucht. Sie waren gut gekleidet und trugen Aktenkoffer bei sich. Ich kann nicht sagen, was sich darin befand. Sie erkundigten sich bei mir, ob zwei junge Leute, auf die die eben genannte Beschreibung zutrifft, hier wohnen. Ich erklärte ihnen, daß ich mich an einen jungen Mann mit lockigem Haar erinnern könnte, der gestern nachmittag ausgecheckt hätte. Damit schienen sie sich zufriedenzugeben, aber sie werden bestimmt wiederkommen, vielleicht noch vorm Mittag. Sie werden behördliche Anweisungen mitbringen, die mich zur Zusammenarbeit zwingen. Auch Zürich ist nicht frei von Korruption.«
»Haben Sie die Polizei benachrichtigt?« fragte Dan ruhig.
»Eine komische Sache ist das mit der Polizei«, sagte der Manager zu ihm. »Sie will von keiner Seite in den Fall hineingezogen werden. Sie werden weder die Suche nach den Mördern von Stettner forcieren noch die Mörder schützen. Für sie existiert das Problem nicht. Die Ratten, sagt man, fressen sich gegenseitig auf. Wo sich diese beiden jungen Leute auch immer aufhalten mögen, sie befinden
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