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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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hat. Zumindest dann nicht, wenn Onkel Lu nicht schleunigst Besuch von einem Arzt bekommt.«
    Steven runzelte die Stirn. »Was hat er wohl damit gemeint, als er sagte, es sei kein Zufall gewesen, dass dein Onkel zu mir kam?«, fragte er nachdenklich. »Er meinte, Paul Liebermann hätte meine Eltern gekannt. Wie kann das sein?«
    »Jedenfalls muss diese Information ziemlich brisant gewesen sein«, warf Sara ein. »Luise Manstein hat sofort auf Zöller geschossen. Offenbar wollte sie nicht, dass du mehr weißt.«
    »Mehr über was? Onkel Lu meinte, es sei an der Zeit, dass ich etwas sehr Wichtiges über mich erfahre. Was, verdammt?« Steven seufzte und stöberte lustlos in Zöllers Büchern, die noch immer verstreut auf dem Mosaikfußboden lagen. Auf einigen von ihnen waren verwischte Blutspuren zu sehen. »Jetzt sind wir so weit gekommen!«, fluchte er. »Wir haben das dritte Rätsel gelöst, haben es bis nach Neuschwanstein geschafft, und stehen doch immer noch am Anfang! Es ist zum Verzweifeln!«
    Er starrte auf das Bild des heiligen Georg, der vor einer kleinen Burg auf einem Felsen mit einem grünen Drachen kämpfte. Genauso fühlte sich auch Steven, er kämpfte, er rang und strampelte, und kam doch nicht vom Fleck.
    »Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass das alles hier mit meinen Erinnerungen aus der Kindheit zusammenhängt«, sagte Steven leise. »Ich weiß zwar nicht, wie und warum, aber es gibt irgendeine Verbindung von mir zu diesem Tagebuch. Die Schwindelgefühle, wenn ich darin lese, die Erinnerungen an früher … Es ist, als ob irgendetwas mit aller Macht an mein Bewusstsein klopft. Das Tagebuch führt mich zurück in meine Kindheit. Und Albert Zöller kennt den Zusammenhang!« Seine Stimme wurde wieder lauter, so dass es in der hohen Kuppel hallte. »Verflucht! Warum hat er nicht schon früher geredet! Was weiß er, was ich nicht wissen darf?«
    »Die verrückte Luise sprach vorher von einem Versteck«, murmelte Sara nachdenklich. »Ein Ort, an dem etwas versteckt ist. Vermutlich führt uns das Balladen-Rätsel dorthin. Aber was kann das sein? Ein Schatz? Jedenfalls muss es etwas sein, was für Luise Manstein extrem wichtig ist.«
    Steven räusperte sich. »Bislang dachten wir ja immer, dass es nur darum geht, die wahren Hintergründe über Ludwigs Tod zu erfahren. Aber vielleicht ist es doch etwas anderes. Etwas, was auch mit meiner Vergangenheit zusammenhängt.« Er griff zu dem Tagebuch, auf dem ein dicker Blutstropfen prangte. »Es hilft nichts«, sagte er und wischte den Tropfen mit seinem letzten weißen Taschentuch ab. »Ich muss dieses verdammte Buch zu Ende lesen. Zum Glück sind es nur noch wenige Seiten.«
    »Wenn Onkel Lu überhaupt eine Chance haben soll, dann lies schnell«, erwiderte Sara und tupfte noch einmal den Schweiß von Zöllers Stirn. »Ich glaube, wir haben nicht mehr viel Zeit.«
    »Dann ist es wohl am besten, wenn du dir das Ende anhörst. Vielleicht entdeckst du ja etwas, was ich sonst übersehen würde.«
    Steven setzte sich auf die Stufen zur Empore, schlug das Buch auf und las den vorletzten Eintrag des Tagebuchs laut vor.

32
JG, JG, JG
    S ie holten den König um Mitternacht.
    Die meisten Lakaien hatten zu diesem Zeitpunkt das Schloss bereits verlassen. Nur vier Diener waren bei Ludwig geblieben, es herrschte eine beinahe unwirkliche Stille. Schon vorher hatte Neuschwanstein mit seinen Baugerüsten und halbfertigen Zimmern, mit seinen nackten, mit losen Brettern belegten Korridoren und der märchenhaften Einrichtung auf mich wie ein Geisterschloss gewirkt. Jetzt spürte ich förmlich einen Hauch des Bösen durch das Gemäuer wehen.
    Ich hatte mich in einer der Dienerkammern ein wenig zur Ruhe gelegt und war in einen unruhigen Halbschlaf gefallen, aus dem mich plötzlich lautes Stimmengewirr riss. Als ich die steile Wendeltreppe nach oben eilte, sah ich im Türrahmen des Schlafzimmers Ludwigs mächtige Gestalt stehen. Zwei Pfleger waren rechts und links von ihm postiert, sie hielten den König mit starken Armen fest. Ludwig selbst wirkte bleich und aufgedunsen, er hatte ganz offensichtlich getrunken. Seine Stimme klang leise und apathisch, so als hätte er sich bereits in das Unausweichliche gefügt.
    »Was … was wollen Sie denn?«, stammelte er. »Was soll das? Lassen Sie mich los!«
    Dr.   von Gudden, flankiert von seinem Assistenzarzt Dr.   Müller, trat aus der Gruppe der Pfleger hervor und richtete das Wort an den König.
    »Majestät, es ist die

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