Die Ludwig-Verschwörung
liebsten Projekte verschlüsselte. Ein Schloss, das in den Ammergauer Alpen steht.«
»Linderhof«, stöhnte Steven.
»Yep.« Sara wischte sich den Mund mit einer Serviette ab und stand vom Tisch auf. »Ich finde, wir sollten diesem Schlösschen noch heute einen Besuch abstatten. Gut möglich, dass es dort irgendeinen Hinweis gibt, wie wir diese Buchstabenrätsel lösen können. Irgendetwas, was mit dem Wort ›Liebe‹ zusammenhängt.«
Steven blieb sitzen und sah sie skeptisch an. »Warum sollte ich mich noch mehr in Gefahr bringen? Wer sagt uns denn, dass diese Schläger und Mörder nicht irgendwo da draußen umherstreifen und nur darauf warten, dass wir uns zeigen? Hier in Ihrer Wohnung bin ich wenigstens in Sicherheit.«
»Haben Sie mir nicht gesagt, dass Bücher Ihre größte Leidenschaft sind?« Sara zwinkerte ihm zu. »Dieses Buch ist vermutlich der größte Coup, den ein Antiquar jemals landen kann. Sagen Sie mir nicht, dass Sie nicht auch Blut geleckt haben. Das hier ist das Rätsel des Jahrzehnts! Wir haben die Chance, den berühmtesten Kriminalfall der neueren deutschen Geschichte aufzuklären! Ein tödliches Geheimnis, das 125 Jahre zwischen zwei Buchdeckeln ruhte.« Sie zuckte mit den Schultern, nahm das Tagebuch vom Tisch und ging zur Tür. »Aber Sie können natürlich auch hier bleiben und schmollen. Dann geh ich halt allein.«
»Halt, warten Sie!« Steven sprang auf und folgte ihr in den Gang. »Ich habe ja nicht direkt nein gesagt, ich wollte nur, nur … einige Bedenken äußern. Außerdem …« Er machte einen letzten verzweifelten Versuch. »Was ist mit der Polizei? Vergessen Sie nicht, ich werde gesucht! Mein Bild ist vermutlich schon heute Abend in jeder Boulevardzeitung.«
Sara grinste und deutete durch die geöffnete Tür in ihr Schlafzimmer, wo der verspiegelte Wandschrank zu sehen war.
»Zerbrechen Sie sich deshalb mal nicht den Kopf, Herr Lukas. Wir müssen nur aus unserem gediegenen Antiquar einen ganz neuen Typ machen.« Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Hab ich Ihnen eigentlich schon erzählt, dass mein schnuckeliger Exfreund David fast genau Ihre Maße hatte?«
10
D er König lag mit geschlossenen Augen und gepolsterten Lederkopfhörern auf einem sanft schaukelnden Wasserbett und lauschte den Klängen der Tannhäuser-Ouvertüre. Das Bett war ganz aus Eichenholz geschnitzt, darüber thronte ein verschnörkelter Baldachin, der an eine spätgotische Kathedrale erinnerte. Die Tür der Hauskapelle stand einen Spaltbreit offen, so dass man das dreiflügelige Altarbild sehen konnte, vor dem der König jeden Morgen betete, bevor er der lästigen Pflicht des Geldverdienens nachging.
Er hatte viel Geld angehäuft in den letzten Jahren, viel mehr als die paar Millionen, über die Ludwig einst verfügte. Doch genau wie dieser empfand er keine rechte Befriedigung dabei, zu horten, zu raffen, zu befehlen. Geld war nur eine abstrakte Masse, die es ihm ermöglichte, immer mehr in seinen Träumen zu leben. Der letzte Schritt dorthin war das Buch. Sein Geheimnis war der letzte Mosaikstein. Danach würde nichts mehr so sein wie früher. Wäre es zu einem anderen Zeitpunkt aufgetaucht, wer weiß, vielleicht hätte es die Zukunft dieses Landes verändert. Vielleicht würde es dies heute noch tun.
Das Buch …
Ein leiser Missklang mischte sich in Wagners schmetternde Trompeten und Hörner. Nicht, dass der König Zweifel daran hegte, ob er jemals in den Besitz der Aufzeichnungen Theodor Marots gelangen würde. Doch er wurde ungeduldig. Zu lange hatte er schon gewartet. Dieser verdammte Professor, die intrigante Hofschranze, hatte ihn an der Nase herumgeführt, und der kleine Antiquar war einfach verschwunden.
Der König leckte sich die trockenen Lippen und drehte die Musik ein wenig lauter. Wenigstens hatte er dafür gesorgt, dass der Mann nicht zur Polizei gehen konnte. Sonst würde er riskieren, ein paar Monate in U-Haft zu verbringen, ohne seine geliebten Bücher. Seine Exzellenz lächelte. Er hatte den Antiquar richtig eingeschätzt, Menschen waren so leicht zu durchschauen.
Die Idee mit dem Mantel und dem Hut war genial gewesen, beide Kleidungsstücke hatten sich noch im Auto befunden, wo Gareth und Gawain den Professor das erste Mal in die Mangel genommen hatten. Gareth musste die mit Blutflecken verunreinigten Stücke nur im Antiquariat deponieren, danach hatte ein Anruf bei den richtigen Stellen genügt, um die Gendarmen wie zornige Hummeln ausschwärmen zu lassen.
Seine
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