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Die Luecke im Gesetz

Die Luecke im Gesetz

Titel: Die Luecke im Gesetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingo Lenssen
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von Felix K. war bereits gestorben, als er fünf Jahre alt war, der Vater hatte ihn allein großgezogen, der Junge war sein einziges Kind. Als Felix K. 21 Jahre alt war, hatte der Vater noch einmal geheiratet. Diese Ehe hielt nur zwei Jahre und scheiterte, weil Stefan K. von seiner zweiten Frau mehrfach betrogen worden war. Was folgte, war eine schmutzige Ehescheidung.
    Und um diese Ehe ging es nun. Besser gesagt, um die Folgen dieser Ehe. Denn kurz nach der Hochzeit hatte der Vater von Stefan K. eine Lebensversicherung abgeschlossen. Als deren Bezugsberechtigte hatte er seine damalige zweite Frau eingetragen. Bei der Sichtung des Nachlasses hatte Felix K. nun festgestellt, dass sein Vater völlig vergessen hatte, die Bezugsberechtigung der Lebensversicherung für seine untreue Ex-Frau zu streichen. Sollte diese Person tatsächlich die Lebensversicherung seines Vaters bekommen?
    Wir hatten Glück. Von der Versicherungsgesellschaft war die Ex-Frau noch nicht über den Tod von Felix K.‘s Vater informiert worden.
    Die Eintragung eines Bezugsberechtigten in einer Lebensversicherungspolice ist juristisch als Schenkungsangebot an den Bezugsberechtigten zu werten. Um die Schenkung vollziehen zu können, ist es notwendig, dass der Beschenkte die Schenkung annimmt. Dies kann er natürlich nur dann tun, wenn er etwas von der Schenkung weiß. Da sich im Fall von Felix K. die Versicherung aber bislang noch nicht bei der zweiten Ex-Frau gerührt hatte, konnte diese das Schenkungsangebot nicht annehmen.
    Zu Lebzeiten ist es natürlich das Recht des Versicherungsnehmers, die Schenkung zu widerrufen. Mit dem Tode geht dieses Recht auf den Erben über, in diesem Falle auf Felix K. Er widerrief die Bezugsberechtigung zugunsten der untreuen Ex-Frau gerade noch rechtzeitig. In der Lebensversicherung hatte sein Vater einen Betrag von 250.000,- € angespart. Das ergab 250.000 € mehr in der Erbmasse von Felix K.
    Merke: Erben können die Bezugsberechtigung von Lebensversicherungen widerrufen – wenn sie schnell genug sind!
    (Siehe auch das Kapitel »Lebensversicherung und Scheidung, S. 197f.)
14. Oma sparte für Enkel
    Karsten W. war traurig. Er war nicht nur traurig, weil seine Großmutter verstorben war; er war auch traurig, weil nunmehr der Bruch mit seiner Familie offen zutage trat.
    Die Großmutter hatte mit ihm gemeinsam bei der Bank ein Sparbuch angelegt, das er nach ihrem Tod bekommen sollte. In diesem Sparbuch war er als Inhaber aufgeführt. Zudem hatte die Großmutter ein Testament geschrieben. In diesem Testament hatte sie ihre beiden Töchter als Erben eingesetzt. Und diese Erben, darunter auch die Mutter von Karsten W., wollten das Sparbuch nicht herausgeben, da sie der Auffassung waren, dass es zur Erbmasse und damit ihnen gehöre. Karsten W. hatte mehrfach versucht, mit seiner Mutter und seiner Tante zu sprechen und sie davon zu überzeugen, dass die Oma doch für ihn das Sparbuch angelegt hatte und dass deshalb auch das Sparvermögen das seine sei. Darüber hatte es einen heftigen Streit in der Familie gegeben, der schlussendlich dazu führte, dass niemand mehr mit dem anderen sprach.
    Tatsächlich stand das Recht auf der Seite von Karsten W. Die Großmutter hatte für ihn gespart, sie hatte seinen Namen in das Sparbuch als Inhaber eintragen lassen und somit deutlich gemacht, dass sie eine Schenkung an Karsten W. beabsichtigte. Natürlich war diese Schenkung noch nicht vollzogen, denn zu einer Schenkung gehört nicht nur der Wille des Schenkenden, etwas ohne Gegenleistung an einen anderen geben zu wollen, sondern auch der Wille des Beschenkten, das Geschenk anzunehmen. Das Schenkungsangebot musste von Karsten W. nun eingefordert werden. Das konnte er erst jetzt nach dem Tod der Großmutter tun, denn die Großmutter wollte ja erst zu diesem Zeitpunkt schenken.
Wir stellten der Gegenseite diese rechtliche Situation sehr genau dar; aber erst, als sie sich selbst anwaltlichen Rat eingeholt hatten, konnten die Mutter und die Tante davon überzeugt werden, dass sie das Sparbuch herausgeben müssen. Karsten W. konnte mit diesem Geschenk seiner Großmutter sein Studium zu Ende führen und hatte danach sogar noch etwas auf der hohen Kante. Der Wert des Sparbuches belief sich immerhin auf 120.000,- €.
    Merke: Weiß der Beschenkte bis zum Tod des Schenkers oder Erblassers nichts von einem Vermögen, das er erben sollte, kann der Erbe die Schenkung widerrufen. Er kann das aber nicht mehr, wenn der Beschenkte gesagt hat, dass er

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