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Die Luecke im Gesetz

Die Luecke im Gesetz

Titel: Die Luecke im Gesetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingo Lenssen
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die Schenkung annimmt.
    Manchmal beginnt hier ein Wettlauf mit der Zeit, denn oftmals ist es entscheidend, wer zuerst von der Schenkung erfährt: der Erbe oder der Beschenkte.
15. Der Brief und das Testament
    Von einer Freundin hatte Marlis L. erfahren, dass ihr alter Schulfreund Gotthilf vor einem halben Jahr verstorben war. Diese Freundin berichtete ihr auch, dass Gotthilf sehr vermögend gewesen war und keine Kinder oder sonstige Erben gehabt hatte. Aus diesem Grund war das Finanzamt, das heißt der Staat, Erbe geworden.
    Marlis L. erinnerte sich an einen Brief, den sie vor langer Zeit von Gotthilf erhalten hatte. Allerlei hatte ihr alter Freund Gotthilf in diesem Brief geschrieben. Es gab viel zu berichten, denn Gotthilf hatte viele Jahre im Ausland gelebt, sie hatte ihn schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Im Brief stand unter anderem aber auch Folgendes geschrieben:
    »Liebe Marlis,
    Du weißt, dass Du meine einzige große Liebe warst. Sollte mir einmal etwas passieren, so möchte ich, dass Du meine Alleinerbin bist. Bis zum heutigen Tag hat es keine andere Frau nach Dir gegeben, ich habe Dir ja bereits berichtet, dass ich weder verheiratet bin, noch Kinder habe ...«

    Danach enthielt der Brief noch einige persönliche Mitteilungen, er war mit Ort und Datum versehen und hatte auch eine vollständige Unterschrift von Gotthilf. Diesen Brief legte mir Marlis L. vor und fragte, ob er erbrechtliche Relevanz haben könnte.
    Der Brief konnte in der Tat als Testament gewertet werden. Unsere Nachforschungen ergaben, dass dies das einzige Schriftstück von Gotthilf war, das man als Testament bezeichnen konnte.
    Auch wenn ein Amt keine Emotionen haben kann, so war die Enttäuschung des Sachbearbeiters vom Finanzamt doch deutlich zu spüren, als wir die Ansprüche von Marlis L. auf die Erbschaft beim Finanzamt anmeldeten. Das Finanzamt musste die Erbmasse in Höhe von insgesamt 1.500.000,- € an Marlis L. herausgeben. Es behielt allerdings seinen Erbschaftssteueranspruch. Dieser lag bei 50 Prozent, was, wie ich meine, auch ausreichend war.
    Merke: Auch ein Brief kann als Testament gewertet werden!
16. Suizid und Lebensversicherung
    Mary K. war verzweifelt. Ihr Mann hatte sich umgebracht und sie und ihre beiden kleinen Kinder alleine zurückgelassen. Sie lebten in einem Haus, das sie sich gekauft hatten, das aber noch lange nicht abbezahlt war. Da sich ihre Hinterbliebenenrente auf circa 1.000,- €, belief, war Mary K. klar, dass sie das Familienheim nicht würde halten können. Meine Frage, ob sonst noch etwas im Nachlass vorhanden sei, das sie eventuell veräußern könnte, um das Haus halten zu können, verneinte Mary K. Erst als ich sie sehr direkt auf Versicherungen ansprach, erwähnte sie die Lebensversicherung, die ihr Mann abgeschlossen hatte, fügte jedoch gleich hinzu, dass diese ja bei Suizid nicht bezahlen würde.
    Mary K. war wie viele Leute von etwas überzeugt, was sie einmal in irgendeiner Zeitung gelesen oder an irgendeiner Theke gehört hatte. Meist ist dieses so aufgeschnappte Wissen jedoch eine Ansammlung von Halbwissen oder gar falschem Wissen.
    Konkret bedeutete dies in unserem Fall: Zwar gab es früher bei Lebensversicherungen einen Leistungsausschluss bei Suizid, seit 2008 ist dies allerdings anders. Der Leistungsausschluss gilt nur für einen Zeitraum von drei Jahren nach Abschluss des Versicherungsvertrages, danach muss die Versicherung voll bezahlen. Der Leistungsausschluss entfällt aber auch dann, wenn der Suizid innerhalb dieser drei Jahre in einem Geisteszustand geschieht, der die freie Willensbestimmung eingeschränkt hat. Mit dieser Frage muss­ten wir uns in vorliegendem Falle allerdings nicht beschäftigen, da die Karenzzeit von 3 Jahren abgelaufen war.
    Mit dem Geld von der Lebensversicherung konnte Mary K. die Restschulden ihres Hauses begleichen und mit ihren Kindern im Haus wohnen bleiben. Um die Lebensunterhaltskosten für ihre kleine Familie aufbringen zu können, nahm Mary K. eine Halbtagsstelle an.
    Merke: Klauseln in Verträgen müssen nicht gültig sein. Manches Mal lohnt es sich, rechtlichen Rat einzuholen. Auch bei einem Suizid kann es einen Anspruch gegen die Lebensversicherung geben.

Kapitel 3
Strafrecht
1. Die hübsche Zeugin
    Nun eine Geschichte, die schon einige Jahre her ist: Als junger Referendar saß ich neben dem Richter auf der Richterbank, wir hatten folgenden Fall zu beurteilen:
    Harry S. war wegen einer Trunkenheitsfahrt angeklagt. Er war einer von den Typen,

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