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Die Lüge im Bett

Die Lüge im Bett

Titel: Die Lüge im Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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man sich so etwas in so einer Zeit noch leisten kann .«
    Sie wirft ihm einen offenen Blick zu, grinst aber innerlich. Genauso hat sie es sich gedacht. Svens Lippen werden schmal, sein Teint um eine Spur blasser. Leute aus alten Familien, womöglich mit Wappen und Titel, Stil und Geld, Gut und Stadtpalais, sind Svens wunder Punkt. Diese Kreise sind ihm verschlossen, dem Herrn Neureich.
    Trotzdem hat er heute einen Auftrag für sie. Wahrscheinlich, weil sonst kein freier Mitarbeiter zur Verfügung steht. Sie soll in der Fußgängerzone eine Umfrage starten übers weihnachtliche Kaufverhalten. Was sind die Trends, wieviel Geld geben wir im Durchschnitt für ein Geschenk aus, was denkt die junge Generation über Weihnachten. Nicht gerade neu, aber alle Jahre wieder. Nina zieht mit ihrem Kameramann und einem Assistenten für den Ton los. Wie immer gehen einige der Passanten sofort in Deckung, andere folgen der Kamera wie magnetisiert. Eine ältere Dame, drei Pakete unter dem Arm, formuliert sehr gewählt und kurz: In ihrer Nachbarschaft lebten drei Witwen um die Achtzig an der Armutsgrenze. Die eine sei gehbehindert, die zweite sehe kaum noch etwas, doch eines hätten sie alle drei gemeinsam: die Einsamkeit und die Existenzangst. Deshalb bekomme ihre eigene Familie in diesem Jahr nichts von ihr. Sie hätten sowieso schon alles. Die Geschenke gingen in diesem Jahr an diese Frauen.
    Nina ist fasziniert und betrachtet die Frau genauer. Irgendwie kommt sie ihr bekannt vor. Aber es fällt ihr nicht ein. Vielleicht eine Schauspielerin alter Tage? Oder eine Politikerin?
    Als sie zum Wagen zurückgehen, bleibt sie an einem Wäschegeschäft kurz stehen. Ihr Kameramann auch. Er betrachtet die champagnerfarbene Strapsgarnitur einer dunklen Schaufensterpuppe und schnalzt anerkennend mit der Zunge. Nina sticht etwas anderes ins Auge. Ein schwarzer, verführerisch geschnittener Body. Sie denkt an ihre erste Nacht mit Nic. An die Bescherung nach der Bescherung sozusagen. Ihr Herz klopft. Ihr Kameramann will weiter, sie geht einige Schritte mit, dreht dann noch mal um. Wo ist das Preisschild? 398 Mark! Ihr Herz schlägt noch schneller, der Kopf wird heiß, die Gedanken wirbeln durcheinander. Soll sie? Diese Summe verdient sie jetzt in etwa durch ihren Einsatz. Was soll's, es ist ihr Geld, ihr Fest - und bald auch ihr Body!
    Sie grinst und geht schnell ihrem Kameramann hinterher.
     
    Für den Schnitt bekommt sie Birgit zugeteilt. So ein Glück, denkt Nina und geht fröhlich in den Schneideraum. Birgit ist bester Laune und lädt Nina zum Abendessen ein. Nina sagt gern zu, allerdings kann sie erst um acht, weil sie noch Weihnachtseinkäufe erledigen will. Dann schauen die beiden sich alle Interviews an. Bei der alten Dame schüttelt Nina den Kopf:
    »Ich könnte schwören, daß ich sie kenne, ich weiß aber nicht mehr, woher. Kennst du sie?«
    Birgit schaut genau hin: »Ein bekannter Kopf ist sie, glaube ich, nicht!«
    Nina läßt diese Sache zunächst auf sich beruhen und konzentriert sich auf ihren Beitrag. Es läuft gut und reibungslos, um sechs Uhr verläßt sie den Sender, fährt mit dem nächsten Bus direkt in die Fußgängerzone. Bei ihrer Hausbank riskiert sie trotz ihres überzogenen Kontos ihre Scheckkarte. Wenn der Automat sie schluckt, ist alles vorbei! Aber ihre Euroscheckkarte kommt wieder zum Vorschein - weil Weihnachten ist? - und mit ihr die angeforderten vierhundert Mark. Nina steckt sie hastig ein. Nichts wie weg und zu der Wäscheboutique, bevor sie Skrupel bekommt, über ihre Pension nachdenkt, über die Weihnachtsgeschenke für Mutti und Vati, Schwester und Schwager, Zwillinge ... und Nic! Mein Gott, sie hat nichts für Nic! Während sie noch darüber nachdenkt, fallen ihr im Eingang zu einem Koffergeschäft rote Koffer auf. Sie geht etwas langsamer. Das ist das Geschäft, in dem Sven Stammkunde ist. Nina bleibt stehen und betrachtet die ausgestellten Koffer, knallrote Hartschalenkoffer in verschiedenen Größen, und auch ein passendes Beautycase steht dabei. Hat Sven die Koffer für seine Neue doch tatsächlich bei Gottfried Keller gekauft. Nicht zu fassen. Sicherlich war die Neue auch noch mit dabei und hat mit großer Geste alles ausgesucht, bevor Sven die Kreditkarte zückte. Welche Frechheit! Am liebsten hätte sie dagegen gepinkelt. Leider ist sie kein Hund, der mal kurz das Beinchen heben und diese widerlich roten Koffer garnieren könnte.
    »Haben Sie es sich doch anders überlegt?«
    »Was?« Nina fährt

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