Die Lüge im Bett
er Jeans. »So, meine Schöne«, sagt er zu Nina, als er ihr den Mantel abnimmt. Es tut Nina zwar gut, aber der Blick war nicht mit dem zu vergleichen, den er Gabriel zugeworfen hat. Freundlich-interessiert, aber nicht stolz und verliebt.
Er stellt sie überall vor. Nina kommt sich vollkommen unerfahren vor, denn die vielen Namen sagen ihr nichts.
Irgendwann setzen sie sich an einen langen Tisch. Ihre Tischnachbarn nicken ihnen einen Gruß zu, aber ein Gespräch ist nicht möglich, die Musik, Rock aus den siebziger Jahren, ist zu laut.
Aber dafür kann Nina die Tanzfläche gut beobachten. Die typisch ungelenken Bewegungen der Herren, die normalerweise nur Foxtrott tanzen, und nun, von ihren Tanzpartnerinnen alleingelassen, selbst etwas mit sich und ihren Armen und Beinen anfangen müssen, während sich ihnen gegenüber ihre jungen, hübschen Partnerinnen winden und verbiegen. Das ist nun also die Münchner Bussi-Bussi-Gesellschaft. Die High-Society. Sehen und gesehen werden. Bewundert, hofiert und fotografiert. Nicht ihre Welt. Weiß Gott nicht!
Sie beobachtet Nic von der Seite. Er spürt es und wirft ihr einen verschmitzten Blick zu. Dann beugt er sich dicht zu ihr:
»Na, was hältst du davon?« raunt er.
»Zuviel Schickimicki!« flüstert sie.
Er lacht. »Laß uns ans Büffet gehen. Und dann machen wir noch mal die Runde!«
Um eins verlassen sie das Fest. Nic hat ihr einiges zu den Herren und Damen erzählt, die sie bisher nur aus Zeitschriften kannte und in natura niemals erkannt hätte, und macht sie auch mit einigen Schauspielern bekannt, die gegen Mitternacht eintreffen. Aber Nina spürt, daß jeder nur auf der Suche nach noch größeren Berühmtheiten ist, und somit ist sie als Gesprächspartnerin völlig uninteressant. Einige freundliche Floskeln, dann gleitet der Blick an ihr vorbei. Sie ist deshalb nicht unglücklich, als Nic zum Aufbruch drängt. »Das reicht«, sagt er und lockert die Krawatte. »Mehr muß nicht sein!«
Aber mehr könnte schon sein, denkt Nina und verschwindet kurz in die marmorgeflieste, elegante Toilettenanlage, um sich aufzurüsten.
»Ich danke dir für deine Begleitung«, sagt er im Taxi zu Nina.
»Und ich danke dir für deine Einladung«, antwortet sie und bedauert, daß er so weit von ihr weg sitzt. Mußte ausgerechnet eine Mercedes-Limousine anrollen? Ein alter, enger Peugeot wäre ihr lieber gewesen.
Sie legt sich gerade eine Strategie für die folgende Stunde zurecht, da sagt Nic mit leuchtenden Augen: »Ich bin gespannt, ob Gabriel schon da ist!«
Gabriel? Kommt er etwa heute nacht zurück??
Kreuzdonnerwetter, Gabriel! Er funkt ihr wieder dazwischen! Wie kann sie ihn nur loswerden?!
»Hast du mir in Brasilien nicht erzählt, daß du alleine lebst?«
»Stimmt, das war auch so. Aber Gabriel funkte dazwischen, und einen wie ihn kann man doch nicht gehen lassen .«
Nic lächelt versonnen, dann fragt er Nina, während er sein Jackett öffnet: »Und was ist mit deinem Freund? Hast du überhaupt einen?«
Nina will nicht so allein dastehen und sagt: »Ja!« Dabei denkt sie, daß bei ihrer Familie und ihren Freunden ja nun eigentlich er als ihr Freund gilt.
Wer das denn sei, will Nic wissen, ob das der sei, von dem Leo schon erzählt habe, und ob sie ihn mal mitbringen wolle. Nina muß fast lachen. Ausgerechnet Sven, der mit Homosexuellen gar nichts zu tun haben will. Sie zögert, denn eigentlich hätte sie gedacht, daß er während des Schnitts in Köln ihre Verbindung zu Sven mitbekommen hat. Anscheinend aber wohl doch nicht. So läßt sie Sven lieber ganz aus dem Spiel, sie will nicht mehr mit ihm in Zusammenhang gebracht werden. Sie wechselt schnell das Thema. »Woran arbeitest du zur Zeit eigentlich?«
Er sieht sie verwundert an. »Darüber habe ich auch gerade nachgedacht. Ich habe ein Angebot bekommen, über das ich mir noch nicht so ganz schlüssig bin!« Es handele sich um eine Serie, und zwar ausgerechnet in Leipzig. Das sei ihm einfach zu weit weg von München, obwohl ihn die Geschichte reize. Nina überlegt sofort. Wie weit ist Köln von Leipzig entfernt?
Sie lächelt still vor sich hin. Adieu, Gabriel!
»Also, ich würde mir das gut überlegen! Sieh es doch als Sprungbrett«, redet sie ihm vorsichtig zu; er aber wiegt nur nachdenklich den Kopf.
Gabriel schläft schon, als Nic und Nina nach Hause kommen. Nina geht ins Badezimmer, kurz danach klopft es. »Stört es dich, wenn ich nebenher meine Zähne putze?« raunt Nic durch die Tür. Nina schlüpft in
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