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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Heller. Jasmin in Lederkluft, mit dem Motorradhelm unter dem Arm direkt vor der Tür, Heller ein Stück tiefer auf dem Treppenabsatz. Er erklärte gerade: «…   vor ’ner halben Stunde weg – in ’nem neuen Jaguar.»
    Sie stand bereits in der Tür. Und Jasmin tippte sich an die Stirn. «Blödsinn.»
    Heller traten die Augen aus den Höhlen. «Hab ich doch gesehen», begehrte er auf. «Sie hatte andere Klamotten an. Wieder so schweineteure Fummel. Ich möcht nicht wissen, was die neuerdings treibt. Ich meine, ich hätt sie auch schon in ’nem weißen Porsche gesehen. Ist ’ne Weile her. Den hatte sie nicht hier vor dem Haus abgestellt. Da war ich   …»
    Jasmin schnitt ihm das Wort ab: «Wieder mal voll bis zum Abwinken. Das brauchst du nicht extra zu betonen.» Dann wandte Jasmin sich ihr zu und erkundigte sich, ob sie einen Moment Zeit hätte. Sie bat ihre Nachbarin herein, um sich nicht mit Heller auseinander setzen zu müssen.
    Er war betrunken, aber nicht betrunken genug, um sich überzeugen zu lassen, er sei einer Sinnestäuschung erlegen. Seine Wohnung lag zur Straße. Wenn er Nadia aus dem Haus hatte kommen und abfahren sehen, musste ihm sein Rest Verstand sagen, dass er es mit zwei Frauen zu tun hatte. So war es auch. Während sie die Wohnungstür hinter Jasmin schloss, hörte sie ihn murren: «Da muss man erst mal drauf kommen. Das sind zwei. Praktisch, kann man krumme Dinger drehen und hat immer ein Alibi.» Er kicherte und verzog sich brabbelnd ein Stockwerk tiefer.
    Jasmin stand mitten im Wohnzimmer. Auf dem Tisch lag noch das Geld neben dem blutverschmierten Messer und dem mit Zigarettenkippen gefüllten Unterteller. Jasmin betrachtete alles nachdenklich. Susanne ging rasch an ihr vorbei, nahm die Scheine und legte sie in den Schrank.
    Während sie die Schranktür schloss, sagte Jasmin zögernd: «Ich fliege morgen für knapp vier Wochen in Urlaub.» Sie erzählte von einer Bekannten, die versprochen hatte, die Pflanzen zu gießen. Aber nun lag ihre Bekannte mit einem gebrochenen Bein im Krankenhaus. «Und da dachte ich, wenn ich Ihnen einen Wohnungsschlüssel gebe und Sie so nett wären, das zu übernehmen?»
    Sie hatte nicht einmal richtig zugehört, fühlte sich immer noch wie betäubt von Nadias Honorarerhöhung und nickte nur. Jasmin lächelte dankbar, ging in ihre Wohnung, holte Verbandzeug und kümmerte sich um die Schnittwunden. Wieder verirrten sich ihre Augen zu dem Messer und dem Unterteller. Aber Fragen stellte sie nicht, und der Lederkluft nach zu urteilen, war sie während der letzten Stunden nicht daheim gewesen.
    Als sie wieder allein war, brachte Susanne das Geschirr in die Küche, wusch das Messer ab, kippte die Zigarettenstummel und die Asche vom Unterteller in den Mülleimer. Erst danach sah sie winzige Papierschnipsel im Eimer liegen. Sie fischte alle heraus, pustete Zigarettenasche ab und trug ihren Fund ins Wohnzimmer.
    Es gab keinen besonderen Grund, nicht einmal Neugier. Für großartige Gedanken war noch gar kein Platz. Zuerst war es nur eine Beschäftigung. Mit viel Geduld ließ sich das zerrissene Blatt zusammenfügen wie ein Puzzle. Im oberen Bereich befand sich ein imposanter Briefkopf: «Alfo Investment». Sie hatte das schon mal gelesen, wusste nur nicht, wo. Am unteren Rand des Blattes sah sie kleine Zahlen; Telefonnummer, Faxnummer, Bankverbindungen. Sie ließen sich wegen der Risse nicht mehr alle entziffern, prägten sich ihr jedoch ein. In der Mitte des Blattes standen noch mehr Zahlen, relativ groß mit der Hand geschrieben.
    Es waren neun insgesamt, jede siebenstellig. Vor jeder Zahlein Name. Die Zahlen waren der Höhe nach aufgelistet. Die kleinste stand ganz unten, eins Komma drei Millionen. Oben stand hinter dem Namen Zurkeulen fünf Millionen siebenhundertdreißigtausend. Telefonnummern waren das kaum, dafür waren sie zu rund. Und wenn es Euro waren, ergaben sie eine Summe von etwas mehr als zwanzig Millionen. Eine unvorstellbare Menge Geld. Eine Million im Todesfall, dachte sie noch einmal flüchtig. Danach wusste sie nicht mehr, was sie denken sollte.
    Eine Weile saß sie nur so da und betrachtete die Schnipsel. Die Schnittwunden pochten unangenehm. Wie ein Film, der vom Ende her abgespielt wurde, zog alles noch einmal an ihr vorbei. Bis zu Michael Trenkler. Er lehnte mit dem Rücken gegen die Haustür, schaute sie an mit diesem Ausdruck von Furcht und Misstrauen in den Augen. «Nochmal mache ich das nicht mit», sagte er und sprach ihr damit

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