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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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unserem Büro beworben. Bei der Rücksendung Ihrer Unterlagen ist uns leider ein Fehler unterlaufen. Wir bedauern das zutiefst und bitten Sie, unseren Irrtum zu entschuldigen und uns in den nächsten Tagen zu einem weiteren Gespräch aufzusuchen. Wir würden uns freuen, Ihre Gehaltsvorstellungen zu hören und in Zukunft mit Ihnen arbeiten zu dürfen.
    In Erwartung Ihres Besuchs verbleiben wir mit freundlichen Grüßen
    Behringer und Partner.»
     
    Im Geist sah sie sich vor dem Acrylschreibtisch stehen und der verdutzten Frau Luici diese Einladung unter die Nase halten. Der Text war so schön. Aber der Briefkopf gefiel ihr nicht. Im Schreiben von Behringer und Partner war er eindrucksvoller gewesen. Und da bot das Textverarbeitungsprogrammunendliche Möglichkeiten. Mit Hilfe des Handbuchs gelang es ihr nicht nur, die Buchstaben in exakt die Form und Größe zu bringen, die Behringer und Partner verwendeten. Sie schaffte es auch, das Firmenemblem in die linke obere Ecke zu platzieren.
    Dann war der Brief wirklich fertig, und es fiel ihr schwer, ihn wieder zu vernichten. Sie liebäugelte mit dem Drucker. Er reagierte prompt, war weder mit einem Passwort noch mit einem Vorhängeschloss gesichert und brauchte nicht mal eine Sekunde, ihr Meisterwerk auszuspucken. Es hätte von Behringer und Partner sein können, so echt wirkte es.
    Inzwischen war es nach zehn. Ihr Nacken war verspannt, der Rücken ebenso, und ihr Magen signalisierte, dass er nach den üppigen Schlemmereien der letzten Wochen an diesem Tag entschieden zu kurz gekommen sei. Sie holte ein Fertiggericht aus einem Gefrierschrank, erhitzte es in der Mikrowelle und aß rasch am Küchentisch. Dann war sie bereit für das Bad. Diesmal entschied sie sich für einen duftenden Zusatz, der Berge von Schaum produzierte.
    Auf dem Bett lagen noch das Handtuch und die Unterwäsche. Sie nahm nur das Handtuch, wusch das Make-up aus dem Gesicht und betrachtete skeptisch die elektrische Zahnbürste. Daran hatte sie nicht gedacht, ihre Zahnbürste mitzunehmen. Sie hatte auch nach dem Frühstück vor lauter Computer und nach dem geteilten Schnitzel aus Sorge um Nadias Verbleib vergessen, sich die Zähne zu putzen. Unverzeihlich. Nach einigem Zögern entschied sie sich für den blauen Bürstenkopf, spülte ihn gründlich unter heißem Wasser und benutzte ihn mit dem Gedanken an die Gabel, die sie mit Nadias Mann geteilt hatte.
    Zehn Minuten später lag sie träumend im warmen Wasser und döste vor sich hin, bis plötzlich etwas störte. Mit einem Schlag war sie wieder hellwach. Sie meinte, da sei einGeräusch gewesen, riss die Augen auf. Der winzige Monitor neben der Tür war dunkel. Sie horchte angestrengt. Unten im Haus klapperte etwas, sehr leise nur. Dann ging ein metallisches Schnappen durch das gesamte Haus, begleitet vom gleichmäßigen Surren, mit dem der Rollladen vor dem Fenster nach unten glitt.
     
    Nach zwei, im Höchstfall drei Schrecksekunden beruhigte sie sich wieder. Die Alarmanlage war aktiviert worden, hatte ihrerseits die Zentralverriegelung aktiviert und das Haus in eine uneinnehmbare Festung verwandelt. So weit war es klar. Aber es musste mehrere Kombinationen geben. Bei der, die sie kannte, hatten die Rollläden sich nicht gerührt. Schritte kamen die Treppe hinauf. Es konnte nur Michael sein.
    Der erste Reflex war, aus der Wanne hochzuschießen, sich in Windeseile abzutrocknen, unter die Bettdecke zu schlüpfen und sich schlafend zu stellen. Dafür war es zu spät. Er tauchte in der Tür auf. In einer Hand einen angebissenen Toast mit Schinken, in der anderen eine Gewürzgurke. Ein ganz normaler Mann mit schönen Augen, der Hunger hatte. Sie rang sich ein gequältes Lächeln ab und flüsterte: «Hallo.»
    Er reagierte nicht, lehnte sich mit der Schulter gegen den Türrahmen, biss von seinem Toast ab und betrachtete sie mit einem abwägenden Blick. Er sieht Nadia, beschwichtigte sie das aufsteigende Schamgefühl und erkundigte sich zögernd: «Seid ihr zurechtgekommen bei Kemmerling?»
    Er schüttelte den Kopf. «Hat keinen Zweck. Er hat tatsächlich alles untergebracht. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber an dem lahmen Kasten sitzen wir drei Wochen.»
    Das Schamgefühl ließ sich nicht beschwichtigen. Die Schaumberge hatten sich längst verflüchtigt. Sie äugte über das Wasser und versuchte abzuschätzen, wie viel von ihr er aus seinem Blickwinkel sehen konnte.
    «Tut mir Leid», sagte sie. «Aber ich musste auch noch etwas Dringendes erledigen. Und

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