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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Notgedrungen müsste Nadia in die Kettlerstraße fahren und sich bis nächsten Mittwoch in anderthalb Zimmern einquartieren. Den Schlüssel hatte sie ja, und heimkommen durfte sie erst, wenn sichergestellt war, dass Michael sich nicht im Haus aufhielt. Aber das ließe Nadia sich vermutlich nur einmal bieten.
    Mit einem langen Seufzer entzog sie ihm ihre Hand wieder. «Ich kann sie nicht hängen lassen. Ich habe es doch versprochen.» Sie schaltete ihre Stimme auf eifrig und wunderte sich, wie gut ihr das gelang. «Weißt du, was? Ich hole die Unterlagen und leihe mir nochmal den Laptop von Philipp. Ich soll ja nur ein paar Analysen erstellen, das kann ich auch auf dem Boot tun.»
    Er stieß die Luft aus. «Auf so einen Urlaub pfeife ich!» Frustriert schüttelte er den Kopf. «Du hast wirklich ein besonderes Talent für Kneipp’sche Güsse. Eben hatte ich noch das Gefühl   …» Er winkte ab, betrachtete sie missbilligendund verletzt. «Was willst du eigentlich beweisen? Wie gut du bist? Keine Sorge, das weiß ich. Mir ist jeden Tag bewusst, dass ich mir im Labor nur mein Taschengeld verdiene, wenn du es darauf anlegst. Und dass du dich nur zurückhältst, um mein männliches Ego nicht zu knicken.»
    Sie verstand ihn so gut, seinen Zorn, seine Enttäuschung. Aber es war eine einmalige Chance, ihm mit der richtigen Antwort die Laune restlos zu verderben. Wenn er wütend war, kam er kaum auf die Idee, die vergangene Nacht und die letzten Stunden noch einmal zu erwähnen. Es war grausam, schäbig, gemein und ekelhaft, es war Nadias Art, nicht ihre. Aber sie schaffte es, warf den Kopf leicht zurück in den Nacken, hob eine Augenbraue an und erkundigte sich: «Muss ich dich daran erinnern, wer dein Studium finanziert hat?»
    Er reagierte wie erwartet, presste kurz die Kiefer aufeinander. «Nein.» Mit einem Blick an ihr vorbei auf den dunklen Monitor fuhr er fort: «Eines Tages schmeiße ich das Ding aus dem Fenster. Ich könnte mich ohrfeigen, dass ich ja zu dem Scheiß gesagt habe. Ich hätte wissen müssen, was passiert. Von wegen, nur ein paar Versicherungen und Baufinanzierungen vermitteln. Kurz darauf kamen schon die kleinen Firmen mit ihren kurzfristigen Krediten. Und jetzt bist du wieder mittendrin. Hardenberg wusste genau, warum er dich haben wollte. Wenn du Blut leckst, bist du nicht zu halten. Aber ich bin nicht bei dir geblieben, weil ich auf ein Vermögen spekuliert habe. Ich hab das mit dir durchgestanden, weil ich dich liebe, Nadia.»
    Ihr war danach, sich in die Finger zu beißen. Es tat weh, tief im Innern trieb es einen Stachel in eine äußerst empfindliche Stelle. Nadia! Natürlich liebte er Nadia. Er hatte sie in der vergangenen Nacht und in den letzten Stunden geliebt. Jeder Kuss, jede Berührung, jeder verschwommene Blick hatte Nadia gegolten. Susanne Lasko hatte als Frau für ihn nichtexistiert, mochte sie noch so gut schmecken und riechen. Sie presste die Nägel der linken Hand in die Handfläche, bis es schmerzte. «Das weiß ich», sagte sie.
    Er nickte bedächtig. «Du weißt es, aber es ist dir nicht halb so wichtig wie deine Jongliererei.»
    «Das ist nicht wahr.»
    Er winkte ab. «Lüg dir nicht ständig selbst was vor. Ich sag dir nur eins: Was wir vor zwei Jahren erlebt haben, reicht mir für den Rest meines Lebens. Wenn du wieder Scheiße baust oder mit Hardenberg baden gehst, sieh zu, wie du allein an Land kommst.» Mit einem Ruck drehte er sich um und verließ den Raum.
    Seine Worte hallten ihr in den Ohren nach und verursachten einen beträchtlichen Wirbel im Hirn. Kein vernünftiger Mann konnte es als Scheiße bauen bezeichnen, wenn seine Frau zur Flasche griff, weil er sie betrogen hatte. Mit dir durchgestanden! Damit mussten die Alkoholexzesse gemeint sein, die Nadia eingeräumt hatte. Auf ein Vermögen spekuliert! Jongliererei! Kurzfristige Kredite. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte.
    Sie ging zurück in das Zimmer, hob Rock und Bluse vom Boden auf und schlüpfte in die Unterwäsche. Michaels eilige Schritte auf der Treppe waren verklungen. Von sehr weit her hörte sie gedämpft heftiges Plätschern, offenbar ersäufte er seinen Zorn im Pool. Sie räumte auf, zog das graue Kostüm an und kontrollierte, ob kein verräterisches Zeichen zurückgeblieben war. Zuletzt füllte sie noch den Drucker mit Papier auf, nahm das Handy und den dicken Umschlag, steckte auch die selbst verfasste Einladung mit Behringers Emblem hinein, klebte ihn zu und ging zur Garage.
     
    Für die

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