Die Lüge
ihrer Handtasche, stieg aus. Und erst als sie die Autotür zuwarf, fügte sie an: «Ich hatte entsetzliche Kopfschmerzen.»
Das Zusammenzucken konnte sie nicht unterdrücken. Nadia betrachtete sie lächelnd. Und das wirkte nicht mehr freundlich oder arglos. «Leider», sagte Nadia gedehnt und schloss den Porsche ab, «musste ich mich mit Aspirin begnügen. Mein Mann war immer noch ziemlich verstimmt.»
Es war das erste Mal, dass Nadia ihn ihren Mann nannte, die Botschaft war deutlich. Nadia schlenderte auf den schmalen Weg unter Bäumen zu und kümmerte sich nicht darum, ob sie folgte oder nicht. Nach ein paar Sekunden gelang es ihr, die Lähmung abzuschütteln. Sie setzte sich ebenfalls in Bewegung und stolperte hinter Nadia her.
«Aspirin ist übrigens im Ankleidezimmer», sagte Nadia. «Falls du mal eins brauchst. Es könnte ja sein bei deiner Schädelverletzung. Da hat man wohl häufig Kopfschmerzen, oder?» Ehe sie antworten konnte, fuhr Nadia fort: «Leider bin ich nicht dazu gekommen, dir noch etwas aufzuschreiben. Machen wir es eben mündlich. Was musst du unbedingt wissen?»
«Ich weiß nicht», stammelte sie. «Ich dachte, du wüsstest das.»
Nadia war bereits zehn oder zwölf Schritte vor ihr, drehte sich um. Ihr Lächeln wirkte inzwischen wie eingefroren. «Woher soll ich wissen, was für dich interessant ist? Meiner Meinung hatte ich dir alles gesagt, was du für deine Rolle brauchst. Du solltest ja keine endlosen Debatten mit Michael führen. Kalte Schulter, erinnerst du dich? Und …» Nadia stockte kurz, das eingefrorene Lächeln setzte Reif in den Augen an, als sie den begonnenen Satz beendete: «… kalte Schulter bedeutet, im Prinzip überhaupt nichts zu tun. Bestimmt nichts, wozu spezielle oder gar intime Kenntnisse notwendig wären. Aber dafür brauchtest du ja offenbar keine besondere Einweisung. Das hätte ich nicht gedacht bei einer Frau, die seit drei Jahren ohne Mann lebt und zuvor reichlichkurz gehalten wurde. Du scheinst ein Naturtalent zu sein. Er war ganz angetan von meiner ungewohnten Hingabefähigkeit und hoffte auf eine Fortsetzung, als ich heimkam.»
Ihr Gesicht musste glühen. Nadia schürzte kurz die Lippen und erkundigte sich: «Fühlst du dich nicht wohl?»
Langsam schüttelte sie den Kopf. Nadias Lächeln bekam einen Hauch Anteilnahme, nur einen winzigen Hauch, der große Rest war teuflisch. «Was fehlt dir denn? Mein Mann?»
«Es tut mir Leid», würgte sie hervor und begriff, dass es ein großer Fehler gewesen war, die Sache nicht sofort am Freitag zur Sprache zu bringen. Da hätte es sich vielleicht noch irgendwie hinbiegen lassen, mit den Worten, die sie ursprünglich hatte sagen wollen.
Nadia lächelte ohne Unterbrechung weiter. «Leid?», erkundigte sie sich gedehnt. «Wenn es dir Leid tut, kann er aber nicht in Form gewesen sein. Hat er etwa versäumt, sich zu überzeugen, ob du einen Orgasmus hattest? Ich hoffe, du siehst ihm das nach, bei dem Ärger im Labor und dem Frust bei Kemmerling. Normalerweise ist er nicht so egoistisch.»
«Es tut mir wirklich Leid. Ich wollte nicht mit ihm schlafen. Und weil ich vergessen hatte, die Tampons … Ich dachte, Kopfschmerzen wäre eine gute Ausrede, und …»
«Ist ja gut», unterbrach Nadia ihr Stammeln gönnerhaft. «Es war mein Fehler. Ich hätte dir sagen müssen, dass wir ein ungewöhnliches Losungswort haben. Daran habe ich nicht gedacht. Aber ich meine mich zu erinnern, dass ich dir gesagt habe, wie viel mir meine Ehe bedeutet.»
Ihr Gesicht glühte immer noch, aber das Hirn kühlte unter Nadias eisigen Blicken allmählich ab. «Ja, und ich habe mich gefragt, warum du ihn dann überhaupt betrügst. Du hast keinen Grund, dich aufzuregen. Dein Mann hat nichts gemerkt. Das zählt. Wenn ich gewusst hätte, wie er auf Kopfschmerzen reagiert, hätte ich mich mit Durchfall herausgeredet.»
Nadia schaute hinauf zu den Baumwipfeln. «Am Freitag hättest du das eigentlich wissen müssen. Da hättest du ebenso gut sagen können: Fick mich.»
«Das hätte ich nie über die Lippen gebracht.»
«Nein!», höhnte Nadia. «Du nicht! Du bist ein Unschuldslamm und benutzt keine unanständigen Ausdrücke. Warum solltest du auch, wenn es anders geht. Und jetzt weißt du ja, wie es funktioniert. Wie hast du es dir denn für Mittwoch vorgestellt, zur Abwechslung im Bett? Davon muss ich dir abraten, im Bett gibt es nur Standard. Versuch es lieber im Pool, da ist er einsame Spitze.»
«Schade, dass ich das nicht
Weitere Kostenlose Bücher