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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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finden, durchforstete sie unzählige Verzeichnisse. Alles, was nach Schriftstück aussah, leitete sie in den Drucker, darunter auch das neunte Schreiben mitfreundlichen Grüßen von Philipp Hardenberg. Der Empfänger hieß Maringer und war auf dem zerrissenen Alfo-Investment-Blatt mit der geringsten Summe verzeichnet gewesen. Ihre sonstige Ausbeute bestand aus Berichten über diverse, meist ausländische Firmen, deren Entwicklung überaus positiv bewertet wurde. Nach den drei Briefen, die Nadia ihr geschickt hatte, suchte sie vergebens.
    Nachdem sich etwa zweihundert bedruckte Seiten angehäuft hatten, ging das Papier im Drucker zur Neige. Sie nahm einen großen Umschlag aus einem Schreibtischschubfach, adressierte ihn an sich selbst, steckte sämtliche Ausdrucke und die kleine Bandkassette mit ihrer Kopie vom Diktiergerät hinein und machte in einem Anflug von Ironie Dieter Lasko zum Absender. Briefmarken fand sie nicht, leistete sich ein «Gebühr zahlt Empfänger». Es war zu viel Papier, um es in der Handtasche oder sonst wie mitzunehmen, ohne Nadia aufmerksam zu machen.
    Anschließend griff sie zum Handy und wählte die Nummer des Hotels in Luxemburg, um in Erfahrung zu bringen, wie der Dunkelhaarige vom Flughafen hieß. Eine junge Frau nahm ihren Anruf entgegen und erklärte in ausgezeichnetem Deutsch, Frau Lasko habe bereits ausgecheckt. Sie fragte nach dem Mann in Frau Laskos Begleitung, behauptete, es handle sich um eine äußerst dringende, geschäftliche Angelegenheit. Von einem Mann wusste die Dame an der Rezeption nichts. Frau Lasko habe ein Einzelzimmer gehabt, teilte sie mit. Bei einem verheirateten Mann auf Geschäftsreise war das nicht verwunderlich. Doch die Namen der männlichen Gäste aus den umliegenden Einzelzimmern wollte die ansonsten freundliche Frau bei aller Dringlichkeit nicht preisgeben. Schade.
    Als Michael kurz nach drei heimkam, durchwühlte sie immer noch Verzeichnisse in der Hoffnung, auf persönliche Briefe oder sonst etwas von Bedeutung zu stoßen, womit sieNadias Mann die Augen öffnen könnte. Das Fenster stand offen, weil der Drucker einen merkwürdigen Geruch im Zimmer verbreitet hatte. Als sie den Automotor auf der Straße hörte, lag der Mauszeiger auf etwas, von dem nur Nadia wusste, was es beinhaltete. Aber es war ihr letzter Versuch. Sie drückte noch einmal die Eingabetaste und betrachtete die wechselnde Anzeige auf dem Monitor, als das Garagentor hochfuhr.
    Das Bild kam zum Stillstand und zeigte eine Karteikarte mit einem Namen, einer Anschrift und einer Telefonnummer. Dass es sich nur um Dr. med. Peter Reusch handelte, war nicht so wichtig. Hinter der Karte des Arztes befanden sich weitere, von denen jeweils die obere Zeile sichtbar war. Sie klickte rasend schnell durch und stieß auf Jacques. Unten klappte die Verbindungstür zwischen Diele und Garage. Jacques hatte auch auf der Karteikarte keinen Nachnamen, aber eine Anschrift in Genf und eine Handynummer, die sie rasch notierte. Noch ein paar Klicks. Sie entdeckte Philipp, aber Nadias Gefälligkeitsarbeitgeber kümmerte sie einen feuchten Dreck. Michaels Stimme schallte durchs Haus: «Bist du oben, Schatz?»
    Schatz! Dieter hatte sie in den Anfängen ihrer Ehe ein paar Mal Häschen genannt, aber nur in intimen Momenten, ansonsten immer Susanne. Und das Schatz galt nicht ihr, auch wenn es ihren Puls in die Höhe trieb. Er kam die Treppe herauf.
    «Ja», rief sie, ließ den Zettels mit Jacques’ Handynummer im noch offenen Umschlag und die Karteikarten vom Bildschirm verschwinden, wechselte das Verzeichnis, wollte zurück in die Textverarbeitung, verfehlte sie in der Eile jedoch und startete mit einem Doppelklick etwas anderes.
    Michael tauchte in der Tür auf. Und bei seinem Anblick erlosch die Wut schlagartig. Unvermittelt kam sie zu der Einsicht, dass sie nichts gewann, wenn sie ihm erklärte, wer siewar und was sie hier machte. Wie sollte er nach nur einer Nacht eine Frau akzeptieren, die versucht hatte, aus dem Betrug an ihm Kapital zu schlagen?
    «Das ist vielleicht eine Scheiße», sagte er und kam näher. «Es ist tatsächlich ein Virus. Kemmerling ist am Boden zerstört. Eine halbe Stunde nachdem ich gestern weg war, hatte er einen Crash. Die ganze Platte hat es ihm leer geputzt.» Er lächelte resignierend.
    Den prall gefüllten Umschlag mit ihrem Namen hatte sie mit der Schrift nach unten auf den Schreibtisch gelegt. Michael betrachtete ihn nur flüchtig, beugte sich über sie und küsste sie rasch. «Bin

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