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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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Nachttisch gehabt.
    Williams erste Bäder waren ruhig und friedlich gewesen, in leise schwappendem Wasser, das Baby von Wärme umgeben, den winzigen Daumen im Mund. Wenn Peter seine kleine Glatze einseifte, fielen William die Augen zu. Peter hob ihn aus der Wanne und trug ihn in ein Handtuch gewickelt schlafend in das Zimmer, wo Ann Kate die Haare bürstete. Sie sahen sich über die Köpfe ihrer Kinder hinweg an. Ohne jede Ahnung davon, wie bald ihr Glück der Trauer weichen würde.
    Peter hielt seine Hand unter den silbrigen Strahl. Das Wasser war kalt wie die Seen. Vor seinen Augen zogen Kanadagänse in einem perfekten V im Abendlicht über das Wasser. Alle im gleichen Takt, doch immer wieder scherte eine aus und flog in die falsche Richtung davon. Die anderen zogen unbeirrt weiter. Keiner von ihnen verließ das V, um den verlorenen Kameraden zurückzuholen.
    Diesen Winter gab es keine Gänse. Dieses Jahr waren sämtliche Vögel ausgeschert.
    Er betupfte sich die Stirn und die Wangen mit Wasser, ließ es sich in den Mund tröpfeln.
    Auf ihrer Hochzeitsreise war Ann beinahe in einem Ozean ertrunken, der so warm war wie Badewasser. Sie war hinter ihm hinausgewatet, lachend durch die Wellen gestampft. Dann war sie plötzlich verschwunden. Eine rückfließende Welle hatte sie umgerissen und weggeschwemmt. Er war hinterhergesprungen und hatte sie noch an einem Arm erwischt. Sie hatte sich an ihn geschmiegt und ihn geküsst. «Mein Held», hatte sie lachend gesagt.
    Er hörte Trommeln. Er drehte den Kopf. Das Zimmer kippte weg. Er hielt sich an der Küchentheke fest. Irgendwo bellte ein Hund. Einen Hund hatte er in ihrem Hotel noch nicht gesehen.Katzen ja. Zwei Stück, die durch die Zimmer schlichen. Aber keine Hunde.
    Die Wände bebten bei jedem Schlag. Wo waren sie, diese ungeduldigen Trommler? Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, ließ sich von dem Krach durch das Esszimmer ziehen. Seine Füße verfingen sich an der Teppichkante. Er hob sie drüber, stieß sich an Stühlen und der Tischecke.
Ich komme, ich komme.
    Gleich war er da. Er spürte die Trommeln bis in die Knochen. Auch das Licht wurde heller. Es flutete durch die Fensterscheiben, sodass der Fußboden funkelte und von der Decke ein Strahlen ausging. Die Wand hielt ihn aufrecht. Hinter dem Glas bewegten sich dunkle Gestalten. Da draußen waren Leute. Er ging dicht an die Scheibe und spähte hinaus. Es waren Fremde, und sie wollten herein.
    Er blinzelte. Die Gestalten wurden hell. Er traute seinen Augen nicht.
    Da stand sein Vater. Und da war Anns Schwester. Sie hatten sich zusammen auf den Weg gemacht. Glücklich streckte er die Hand nach dem Türknopf aus.

ACHTUNDVIERZIG
    «Warum hat es so lange gedauert?», fragte Kate verärgert, als Ann die Autotür öffnete. Jacob holte aus und schlug nach Kates Kinn, und sie fing seine Hand ab. «Wie geht’s, Maddie?»
    «Ich hab eine Spritze bekommen.» Maddie schob sich an Ann vorbei und kletterte ins Auto. Sie hatte sich die Maske vom Gesicht gerissen und hielt sie noch in der Hand. «Und der Doktor hat mir vor allen Leuten den Pulli hochgezogen.» Sie fummelte nach dem Gurt, und Ann half ihr, sich anzuschnallen.
    Kate lehnte sich zurück. «Und jetzt ist alles wieder gut?»
    «Wir wissen immer noch nicht, was die Reaktion ausgelöst hat», sagte Ann.
    «Ich dachte, sie wäre bloß allergisch gegen Katzen.»
    «Es muss noch was Neues hinzugekommen sein.» Ann setzte sich ans Steuer und schloss schnell die Tür. Sie sah Kate im Rückspiegel an. «Du musst mir helfen herauszufinden, was es gewesen sein kann.»
    Kate betrachtete Maddie mit einem sorgenvollen Blick. «Wie sollen wir das machen?»
    «Keine Ahnung. Wir haben zwei Wochen, hat der Arzt gesagt. Sag mir mal genau, was ihr beiden gemacht habt, als es losgegangen ist.»
    «Nichts. Wir haben Jacob angezogen.»
    Ann ließ den Motor an und fuhr los. «Ihr wart nicht draußen?»
    «Nein.»
    «Vielleicht ist es Staub.» Wie sollte sie das feststellen? Es war schlicht unmöglich. «Wenn wir nach Hause kommen, putze ich erst mal überall. Und ihr geht erst hinterher in eure Zimmer. Maddie, du bleibst am besten unten.»
    Sie fuhren auf die Straße. Heiße Luft strömte aus den Lüftungsschlitzen. Sie kamen an einem Baumarkt, einem Geschäft für Mobiltelefone und einer Reihe von Restaurants vorbei. Alles war geschlossen. Die Uhr auf dem Armaturenblatt zeigte 16   :   15.   Sie waren eine Stunde in der Klinik gewesen. Sowie sie zu Hause waren, musste sie

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