Die Luft, die du atmest
Gras und suchte im grauen Licht nach Baumwurzeln. Wenn sie zu nahe an der Birke grub, war die Sonne nicht zu sehen. Wenn sie zu weit wegging, würde sie nicht mehr durch die Zweige scheinen, und das sah so schön aus. Sie musste den Fleck finden, der die Abendsonne einfing. Sie fuhr mit dem Handschuh über den Boden, um zu sehen, wie steinig er war. Dann stand sie auf, stieß den Spaten in den harten Boden und stellte einen Fuß hinten auf das Blatt, wie sie es bei Peter gesehen hatte. Sie legte sich mit ihrem ganzen kläglichen Gewicht in die Bewegung. Die Schaufel rutschte zur Seite weg.
Sie grub den Spaten tiefer, um größeren Halt zu haben. Trotzdem kippte er auch beim zweiten Mal weg, als sie sich draufstellte. Bei Peter hatte es so einfach ausgesehen. Fuß drauf, zutreten, mit beiden Händen am Stiel die Erde ausheben. Sie fasste den Spaten fest an, hob ihn hoch und rammte ihn in denBoden. Ping. Das Metall stieß auf etwas Hartes. Stein vielleicht. Mit der Taschenlampe leuchtete sie auf die Stelle. Immerhin war sie ein kleines Stück in die Erde eingedrungen. Das war ein Anfang.
Sie fand einen Rhythmus. Die Schaufel hoch- und niederstoßen. Die gelockerte Erde herausschaben. Hoch, nieder, schaben. Nach einer Weile hatte sie eine schmale Rinne ausgehoben. Das Loch musste nicht breit werden, nur tief.
Peter, wie er sie über den Rand seiner Lesebrille hinweg ansah. Wie er ihr Kaffee nachschenkte. Wie er sich zu ihr aufs Sofa setzte und seine Beine neben ihren ausstreckte.
Der Mond stieg höher, während sie arbeitete, und gab ein fahles Licht. Irgendwann brauchte sie keine Taschenlampe mehr. Sie knipste sie aus, um Batterien zu sparen. Dann und wann hielt sie inne und sah sich um. Es war niemand da. Die Straße war leer, die Häuser dunkel.
Die Männer mit dem Laster würden wiederkommen. Beim ersten Mal waren sie höflich gewesen, aber das würde sich ändern. Sie würden es am Ton ihrer Stimme hören, dass sie log. Sie durfte nichts zurücklassen, was sie finden konnten. Sie stieß den Spaten in den Boden, wieder und wieder.
So war es zwischen uns immer
, hatte sie ihm damals auf der Terrasse vorgeworfen. Sie hatte sich so einsam gefühlt, so umzingelt von all ihren Fehlern. Und er hatte geantwortet:
Nein, das war es nicht. Weißt du das nicht mehr?
Doch, sie wusste es noch.
Peter, wie er mit den Mädchen mitlief, als sie unsicher auf ihren Fahrrädern loswankten. Wie er am ersten warmen Tag den Rasensprenger aufbaute. Wie er ihnen das Flugbild bestimmter Vögel erklärte. Das Gras teilte, um ihnen einen Tierbau zu zeigen. Wie er mit ihnen vor dem Haus saß und fernes Gewitter beobachtete. Die Mädchen hatten viel von ihmgelernt. Irgendwo in Kate und Maddie würde Peter weiterleben.
Ann kauerte sich neben das Loch und langte hinein. Ihr Arm verschwand bis zum Ellbogen. Gute dreißig Zentimeter. Noch nicht annähernd tief genug. Sie stieg hinunter und grub weiter.
Der Spaten klirrte gegen einen Widerstand. Der Griff vibrierte, dass sie es bis in die Arme spürte. Sie ging in die Knie und fühlte nach. Durch das Leder ihrer Handschuhe ertastete sie eine scharfe Kante. Sie schabte mit beiden Händen die Erde weg und wuchtete einen schweren Kalkstein heraus. Dieses alte Ackerland war voll davon. Sie warf ihn beiseite.
Das Graben wurde leichter, als sie die weiche Lehmschicht unter dem festen Boden erreichte. Sie hob den Lehm in dicken Klumpen aus. Inzwischen stand sie bis zu den Oberschenkeln im Loch. Da war wieder ein Stein. Sie legte die Oberfläche mit dem Spaten frei und versuchte ihn herauszuhebeln. Ihre Muskeln an den Schulterblättern und zwischen den Rippen schmerzten. Ihre Fingerspitzen pochten, und sie konnte spüren, dass sich an den Handflächen Blasen gebildet hatten. War es Einbildung, oder konnte sie jetzt mehr sehen?
Ann blickte auf. Bald würde die Sonne aufgehen. Sie musste schneller graben. Sie musste fertig sein, bevor die Mädchen aufwachten. Sie musste alle Spuren beseitigen, bevor der Laster kam. Sie hatte Peter zum Schluss allein gelassen, aber sie würde sich ihn nicht wegnehmen lassen.
Im Flur wickelte Ann Peter in Laken ein, sodass er ganz in einem Baumwollkokon verschwand. Kates Eule legte sie mit hinein. Dann band sie die Enden zusammen und verschnürte das Bündel von oben bis unten mit vielen Knoten, damit er sicher in seiner Stoffhülle aufgehoben war.
Sie breitete die Federdecke auf dem Boden aus und legte zuerst seine Beine darauf. Stück für Stück schob sie
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