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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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grellen, überhitzten Krankenhauszimmer gefangen, in dem sie vor zehn Jahren die Fragen einer Sozialarbeiterin zu beantworten versuchte. Die Pille, die man ihr verabreicht hatte, bewirkte, dass die Frau ständig vor ihren Augen verschwamm. Sie trug braune Schuhe und ein blaues Kostüm. Ihre Bluse klaffte am Busen. Die kleine Kate schlief auf Peters Schoß und hatte Schluckauf, ihr kleines Gesicht war tränenverschmiert. Die Sozialarbeiterin redete unablässig auf sie ein, mit zähflüssigem Südstaatenakzent. Die Vokale in «Baby» klangen bei ihr ganz weich.
Bay-biie, Bay-biie.
Als sie aufstand und nach Kate griff, sprang Ann hastig auf. Sie konnte dieser Person, dieser Fremden, die sich nicht einmal die Bluse richtig zuknöpfen konnte, doch nicht ihr Kind überlassen.
    Doch Peter hatte ihr Kate gegeben. «Wir haben keine Wahl, Ann.» Es war der erste Schritt von ihr fort gewesen.
    Sie nahm einen Kuli aus der Tasche, glättete die Papiereauf dem harten Glastisch und unterschrieb neben sämtlichen Post-it-Pfeilen, vom ersten bis zum letzten. Mit solchem Druck, dass sich die Unterschrift noch auf den nächsten Seiten abzeichnete.
    Peter hatte die Vergangenheit hinter sich gelassen.
    Sie wusste, sie würde es niemals tun können.

«…   nachdem bestätigt wurde, dass es sich bei mehreren der in Kliniken eingelieferten Verdachtsfälle tatsächlich um H5N 1-Viruserkrankungen handelt, haben die Fluglinien sämtliche Flüge von und nach Heathrow und Gatwick gestrichen, sodass Tausende von Reisenden festsitzen. Die Unterkünfte füllen sich. Einige Hotels weisen ausländische Gäste ab. Der Manager eines großen Hotels in der City gab zu, seine Mitarbeiter angewiesen zu haben, keine Inhaber von Pässen aus den betroffenen Ländern aufzunehmen.»
    NBC – Eilmeldung

FÜNF
    Peter zuckte zusammen, als er sich aufsetzen wollte. Schmerz schoss ihm in die Schulter. Der Wecker am Bett zeigte fünf. Er hatte verschlafen.
    Während er durch die stillen, nassgrauen Straßen fuhr, rieb er sich den Nacken. Er durfte nicht vergessen, Ann anzurufen und sich mit den Mädchen fürs Wochenende zu verabreden, bevor sie nach Osten zu Anns Familie fuhren. Er würde Thanksgiving allein sein. Er würde einfach einen Arbeitstag daraus machen. Und wahrscheinlich mehr erledigen können als sonst. Ohne dass ständig das Telefon klingelte oder Leute vorbeikamen.
    Er schloss die Tür zu seinem Labor auf und machte Licht. Lange Leuchtstoffröhren flackerten und gingen an. Er setzte sich an seinen Laptop und öffnete die mit winziger Schrift gefüllte graue Tabelle. Es war immer angenehm, Ergebnisse in dieser Form vorzufinden. Er erinnerte sich noch gut an die Zeiten, als man noch alles selber machen musste.
    Für jedes der kleinen Rechtecke, die er anklickte, erschien ein buntes Diagramm auf dem Bildschirm. Während er eines nach dem anderen studierte, wurde sein Gesicht immer ernster. Irgendetwas konnte nicht stimmen. Vielleicht waren die Tests fehlerhaft oder die Proben nicht in Ordnung. Er kehrte zu dem ersten Diagramm zurück und sah es sich noch einmal an. Die blaue Kurve zeigte, dass die PCR funktioniert hatte.Er betrachtete die grün ausschlagende Temperaturkurve. Die erste Probe war also tatsächlich positiv. Er ging weiter zum zweiten, dann zum dritten Ergebnis. Und immer weiter, Rechteck für Rechteck.
    Fassungslos lehnte er sich zurück. Von 32   Proben waren 29 positiv. Das hieß, dass neunzig Prozent der toten Blauflügelenten mit dem Virus infiziert waren. Ein erschreckend hoher Anteil.
    Viren übertrugen sich rasch von Wildvögeln auf Hausgeflügel. Es war nur eine Frage der Zeit, womöglich von wenigen Stunden, bis sämtliche Hausgeflügelhaltungen in der Umgebung von Sparrow Lake gefährdet waren. Millionen von Dollar standen auf dem Spiel, eine ganze Industrie.
    Er sah auf die Uhr und griff zum Telefon. Dan ging nicht ran. Peter trommelte mit den Fingern auf dem Arbeitstisch und wartete auf den Piepton. «Peter hier. Ruf mich an.»
    Mit einem zischenden Laut öffnete sich die Tür in seinem Rücken.
    «Morgen», sagte Shazia.
    Peter drehte sich auf seinem Stuhl zu ihr herum. «Du hast doch sorgfältig gearbeitet, oder? Dir ist gestern nichts ausgelaufen oder so?»
    «Wieso?» Sie trat zu ihm und beugte sich über den Bildschirm. Er rief die Diagramme auf, damit sie es selber sehen konnte. Sie sog die Luft ein. «Influenzaviren?»
    Er stand auf. «Ich mache die Aliquots fertig.» Gestern hatte Shazia das auf sich genommen. «Und

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