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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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Maddie Hannah erzählt?»
    Rachel ließ ihre Hände wieder in die Manteltaschen gleiten. «Sie hat gesagt, sie hätte einen kleinen Bruder gehabt, der aus seinem Mittagsschlaf nicht wieder aufgewacht sei.»
    So einfach.
    «Ist das wahr?», fragte Rachel.
    Maddie, ihr kleines, unkompliziertes Mädchen, das Regenbögen malte. Ann hatte geglaubt, sie sei unbeschadet davongekommen. Sie hatte so sehr glauben wollen, dass Maddie von all der Trauer um sie herum unberührt geblieben war, dass sie der Wahrheit nicht ins Gesicht gesehen hatte. Und nun hatte ausgerechnet Maddie mit ihrer Freundin gesprochen, und Ann hörte förmlich die schüchterne Stimme, die sich nach einer Antwort sehnte.
Doch wie soll man seinem Kind helfen, wenn man sich nicht einmal selbst zu helfen weiß?
     
    Als sie ankam, war das Postamt geschlossen. Ann klemmte sich den dicken Umschlag unter den Arm und probierte beide Türen, aber sie waren fest zugesperrt. Den Öffnungszeiten zufolge sollte noch vier Stunden geöffnet sein. Sie klopfte an die Scheibe. Sie meinte, drinnen Leute umherlaufen zu sehen. Sie rüttelte an der Tür und winkte, aber niemand kam. Sie sah auf die Uhr. Mist. Keine Zeit mehr, um zu einer anderen Filiale zu laufen. Sie würde warten müssen, bis die Schule aus war. Ein paar Stunden mehr oder weniger machten jetzt auch nichts mehr aus.
    Als sie die Schule wieder betrat, war das Sekretariat unbesetzt. Auf dem Gang hallten ihre Schritte, weil es so leise war. Auch das Krankenzimmer war leer. Die Cafeteria. Die Bücherei. Wo waren alle hin? Vom anderen Ende des Gangs hörtesie eine laute Männerstimme über Mikrophon. Sie stieß die Tür zur Turnhalle auf. Der Raum war voller Kinder, die im Schneidersitz auf dem Boden saßen. Die Lehrer und anderen Mitarbeiter standen an den Wänden. Maddie saß ziemlich weit vorne neben Hannah. Die beiden saßen dicht zusammen, ein blonder Schopf und ein brauner, und spielten heimlich eines ihrer Klatschspiele, nicht ahnend, dass sie nicht mehr lange Freundinnen sein würden.
    Am Mikrophon stand der Rektor.
    «…   der obersten Gesundheitsbehörde des Staates Ohio die Schule geschlossen.» Er hob die Hände, um den Jubel der Kinder zu beenden.
    Wenn die Schule geschlossen wurde, musste eine ansteckende Krankheit ausgebrochen sein, Hepatitis oder eine bakterielle Meningitis. Aber niemand hustete. Niemand wirkte krank. Vielleicht war es ein Umweltgift. Blei im Wasser oder Asbest, das sich von den Rohren löste. Besorgt fragte sich Ann, wie oft Maddie wohl aus dem Trinkbrunnen trank.
    «Eure Lehrer werden Zettel an euch austeilen, die ihr bitte euren Eltern zu lesen gebt. Wenn ihr in eure Klassenzimmer zurückkehrt, werdet ihr eure Schreibtische und Schrankfächer leeren. Wer eine Plastiktüte für seine Sachen braucht, bekommt eine vom Lehrer oder der Lehrerin. Der Beschluss wird im Radio und im Fernsehen durchgegeben, deshalb werden diejenigen von euch, die mit dem Auto in die Schule gebracht werden, bestimmt bald von euren Eltern abgeholt. Sie werden euch persönlich abmelden müssen. Wartet, bis euer Name über die Lautsprecheranlage aufgerufen wird. Alle, die mit dem Schulbus fahren, warten in ihren Klassenzimmern, bis ihre Busse da sind. Für die, deren Eltern erst später kommen können, werden in der Cafeteria Tische gedeckt. Und jetzt möchte ich, dass ihr alle aufsteht und leise und geordnetin eure Klassenzimmer zurückkehrt. Die Vorschulgruppen zuerst.»
    Der Lärmpegel stieg an, als sich die Kinder in Bewegung setzten. Ann hielt nach Maddie Ausschau und erspähte sie im Strom der plappernden, lachenden Kinder, die zum Ausgang strebten. Ann winkte.
    Als Maddie vor ihr stand, wirkte sie aufgekratzt. «Hast du gehört, Mom? Wir müssen nicht mehr in die Schule.»
    «Ja, das habe ich gehört.» Ann versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie beunruhigt sie war. Was in aller Welt konnte die Gesundheitsbehörde veranlasst haben, die Schule zu schließen?
    Hannah schob Maddie weiter. «Los.»
    Maddie drehte sich um und rief: «Du kommst mich abholen, oder, Mom?»
    «Ja, ich bin gleich da, Schatz.»
    Maddies Lehrerin bildete das Ende der Schlange. Sie wirkte ernst. An einer Hand hielt sie Heyjin, in der anderen hatte sie einen Stapel blauer Blätter. «Wenn Sie nicht beschäftigt sind, Mrs.   Brooks, dann könnte ich beim Anziehen der Kinder Ihre Hilfe brauchen.»
    «Selbstverständlich.» Es würde nicht lange dauern, den Kunstraum abzuschließen. Ann hatte schon begonnen, für die

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