Die Luft, die du atmest
unterhielt.
«Ich war genauso überrascht wie alle anderen, als die WHO auf Alarmstufe 5 erhöht hat.» Wieder ein kleines Lachen. «Nein, sie haben mich nicht um Rat gebeten.»
Es war jemand, den er mochte, das war deutlich. Jemand, mit dem er eine Weile nicht geredet hatte. Jetzt aber Schluss, dachte sie. Belauschte sie ihn etwa? Wie schrecklich. Sie stellte die Hähnchenbrüste in den Kühlschrank, damit die Gewürze einzogen, und ging in den Hauswirtschaftsraum, wo sie Peters Stimme nicht mehr hören konnte.
Die Jeans stapelten sich schon wieder. Manchmal zogen die Mädchen sie gar nicht erst an, sondern warfen sie gleich wieder zu den schmutzigen Sachen. Nun, es wurde Zeit, dass Kate lernte, mit der Waschmaschine umzugehen. Sie konnte mit etwas Einfachem anfangen, den Handtüchern zum Beispiel. Und Maddie war groß genug, um Socken zu sortieren und Sachen auf Bügel zu hängen. Es würde beiden guttun, ein wenig mehr Verantwortung zu übernehmen.
Peter steckte seinen Kopf zur Tür herein und hielt ihr das Telefon hin. «Es ist Beth.»
Ach so, das erklärte seine glückliche Stimme. Ann nahm das Telefon. «Hey.»
«Peter klingt bombig.» Die Freude in der Stimme ihrer Schwester war nicht zu überhören. Beth hatte Peter schon immer gemocht. Einmal hatte sie zu Ann gesagt, dass er für sie wie der Bruder war, den sie sich immer gewünscht hatte. «Er sagt, du lässt ihn und seine Studentin bei euch wohnen, bis er eine Unterkunft für sie gefunden hat.»
Ann machte die Tür zu und lehnte sich dagegen. «Sie ist mehr als bloß seine Studentin.»
«Oh.» Pause. «Wow.»
Eine Welle von Mitleid schwang darin mit. Ann presste sich den Hörer fest ans Ohr. «Du müsstest sie mal sehen, Beth. Sie ist so jung und hübsch und … nett.»
«Mensch, das stinkt ja zum Himmel. Jetzt sag nicht, dass sie auch noch reich ist.»
Unwillkürlich musste Ann lachen. «Ich muss zugeben, dass sie sich ziemlich zurückhalten. Ich glaube nicht, dass die Mädchen schon dahintergekommen sind.»
«Na, hoffentlich. Vielleicht muss er da bloß etwas hinter sich bringen.»
Beth war genau wie ihre Mutter und hoffte wider jede Vernunft, dass Peter irgendwann ein Licht aufging und zu ihr zurückkehrte. Sie hofften es, weil sie Peter so gern mochten, sie brachten nicht sonderlich Verständnis für ihre Situation auf.
«Er will sich immer noch scheiden lassen, Beth.» Warum fiel es ihr nach all dieser Zeit immer noch so schwer, es auszusprechen? «Vor ein paar Tagen sind die Unterlagen gekommen. Ich weiß nicht, ob ich sie in die Post stecken oder warten soll, bis sich die Lage beruhigt. Ich habe bei meiner Anwältin angerufen und eine Nachricht hinterlassen, aber noch hat mich niemand zurückgerufen.»
«Was sagt Mom dazu?»
«Ich habe es ihr noch nicht gesagt. Ich wollte damit eigentlich bis Thanksgiving warten, wenn wir bei ihr sind, aber –» Lohnte es sich angesichts der Umstände überhaupt, Thanksgiving zu feiern? Sie verwarf den Gedanken sofort wieder. Maddie liebte Feiertage, sogar den Murmeltiertag. Sie bestand darauf, dass Ann das Haus schmückte und Leckereien kochte. Selbst wenn es keinen Truthahn und keinen Kürbis-Pie geben sollte, selbst wenn sie hierbleiben mussten und nicht zu ihren Eltern fahren konnten, würden sie zusammen sein, sie und ihre Töchter. Das war Grund genug, um dankbar zu sein.
«Gut, wenn du’s nicht willst, sage ich auch nichts», meinte Beth.
«Danke. Aber wieso bist du nicht im Hotel?»
«Carlos hat mir heute freigegeben.»
Normalerweise ließ ihr Chef sie nie auch nur einen Tag Urlaubnehmen. Sie saß an der Rezeption, und er schien zu glauben, dass niemand außer ihr die Gäste richtig aufzunehmen wusste. Ann langte nach dem Korb mit der sauberen Wäsche und begann sie zusammenzulegen. «Und warum?»
«Der große Kongress ist abgeblasen worden. Gestern sind die meisten Putzkräfte nicht erschienen. Und die vom Zimmerdienst haben auch blaugemacht. Was im Grunde nicht so schlimm war, weil auch keine Lebensmittel geliefert wurden. Eine Katastrophe.»
Ann strich mit der Hand über den weichen Baumwollflanell von Maddies Schlafanzug. «Pass bloß gut auf dich auf. Du solltest Orte meiden, wo viele Menschen zusammenkommen –»
«Ich weiß, ich weiß. Carlos zwingt uns, ständig diese dummen Schutzmasken und Handschuhe zu tragen. Kein Wunder, dass die Gäste fernbleiben.»
Ann hörte ein leises saugendes Geräusch und runzelte die Stirn. Rauchte Beth wieder?
«Ich kriege die Kosten
Weitere Kostenlose Bücher