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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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gesehen, wie sich Vorhänge und Schatten hinter den Fenstern bewegten. Offensichtlich bestand keine Gefahr, dass sie auf Peters Plan eingehen würden, ihre Vorräte auszutauschen. Sie würde nichts mehr dazu sagen müssen. Das Schweigen der Nachbarn würde es an ihrer Stelle tun.
    Sie hätte über den Rasen laufen und mit in seinen Pick-up hüpfen können, bevor er wegfuhr. Shazia hätte bei den Mädchen bleiben können. Sie hätte sich auf dem Sitz zurücklehnenund spüren können, wie sich endlich etwas anderes bewegte als bloß die Wolken am Himmel. Aber sie hatte die Gelegenheit verstreichen lassen. Sie konnte es nicht riskieren, dass sie sich beide irgendwo ansteckten. Sie musste an ihre Töchter denken.
     
    Maddie klopfte mit ihrem Pinsel gegen den Rand des Trinkglases. Ping. Ping. Ping. Vor sich hatte sie Papier ausgebreitet, auf das sie smaragdgrünes Gras und blauen Himmel gemalt hatte.
    Ann legte ihrer Tochter eine Hand auf den Arm. «Maddie, bitte. Hör auf mit dem Krach.»
    Doch Maddie schlug nur noch lauter gegen das Glas.
    Mit einem Ruck richtete sich Ann auf. Sie hatte geträumt. Das Zimmer war dunkel, im Kamin brannte nur noch Glut. Aber das Klopfen war noch da. Es kam aus der Diele. Sie sah sich um. Alle schliefen fest – Kate, Maddie, Peter, Shazia.
    Sie zog den Reißverschluss an ihrem Schlafsack auf, kroch hinaus und trat auf den gesteppten Daunenstoff. Wer konnte um diese nachtschlafende Zeit bei ihnen klopfen? Plötzlich keimte eine Hoffnung in ihr auf. Mom. Dad. Beth.
    Sie rannte zur Tür. Der Fußboden unter ihren Socken war kalt. Mondlicht schien durch das Fenster an der Treppe. Vor der Scheibe neben der Tür bewegte sich ein dunkler Schatten. Dort war jemand. Ann tastete automatisch nach dem Schalter für das Außenlicht, aber natürlich ging es nicht an. Sie stieß die Nase gegen die raue Scheibe und spähte hinaus. «Wer ist da?»
    «Ann?»
    Eine Frauenstimme, die sie kannte, aber nicht die Stimme ihrer Mutter. «Ja?»
    «Ann? Ach, Gott sei Dank.»
    Libby!
    «Wo bist du gewesen? Wir haben uns solche Sorgen gemacht.» Ann hob die Hand und legte sie auf den Riegel. Dann waren Libby und Smith also nicht nach Arizona gefahren, sondern genauso wie sie die ganze Zeit hier eingesperrt gewesen.
    «Lass mich rein.»
    «Ich bin gleich so weit, Libby. Du musst ja halb erfroren sein!»
    Ann hatte die Tür schon beinahe ganz entriegelt, als sie es hörte, das heftige, verschleimte Husten auf der anderen Seite. Sie erstarrte. «Ist alles in Ordnung mit dir?»
    «Kannst du mich reinlassen? Es ist so kalt.»
    «Bist du   … krank?» Während Libby schwieg, hörte sie ein zweites Geräusch. Ein Baby weinte. Jacob.
    «Bitte, Ann.»
    Hinter ihr schlurfte es, und als Ann sich umdrehte, kam Peter gähnend aus der Finsternis.
    «Wer ist da?», fragte er.
    «Libby. Mit Jacob.»
    «Dann lass sie rein.» Peter langte an ihr vorbei nach dem Riegel.
    Ann hielt seinen Arm fest. «Warte.»
    Libby hustete wieder. Es klang wie Krupp.
    Ann fühlte etwas Dunkles in sich aufsteigen. Sie nahm den Riegel und schob ihn mit aller Kraft wieder zu, dass es durch die Diele hallte.
    Libby rüttelte am Türknopf.
    Verwirrt fragte Peter: «Was tust du da?»
    «Sie hat die Grippe.» O Gott, Libby.
    «Aber wir können sie doch nicht einfach draußen stehenlassen.»
    Libbys Stimme war heiser. Zwischen zwei Hustenanfällenerklärte sie: «Jacob ist gesund. Das verspreche ich. Er ist schon damit durch.»
    «Wenn er sie schon gehabt hat, ist er immun», sagte Peter zu Ann.
    An Libbys Stelle würde sie das auch behaupten. Ihr Herz pochte laut. Sie musste nachdenken. Konnte sie den Kleinen aufnehmen? Er war so winzig. Sie konnte ihn allein in ein Zimmer legen. Aber nicht unten im Haus. Da gingen alle Zimmer ineinander über. Vielleicht konnte sie unten bleiben, und Peter und die Mädchen zogen nach oben. Aber was war, wenn sie krank wurde? Wie konnte sie dann dafür sorgen, dass die Mädchen sich nicht ansteckten? Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Sie verwarf einen nach dem anderen.
    «Mom?»
    Kate und Maddie standen in der Diele. Hinter ihnen Shazia.
    «Wer ist an der Tür?», fragte Maddie und rieb sich die Augen.
    «Shazia», sagte Ann, «bitte geh mit den Mädchen nach nebenan.»
    Shazia zögerte und sah Peter an.
    «Bitte, Shazia», sagte er.
    Sie nahm die Mädchen bei den Schultern und führte sie hinaus.
    Der Türknopf drehte sich fordernder hin und her. «Ann? Bitte!»
    «Wenn er sie wirklich gehabt hat, besteht

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