Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
handelte, den königlichen Berater. »Es ist an der Zeit?«, fragte sie Kai. »Was meint er damit?«
Kai starrte sie an, halb entschuldigend, halb angsterfüllt. Ihr drehte sich der Magen um.
Zeit, das Schicksal des Asiatischen Staatenbundes zu besiegeln.
»Nein«, flüsterte sie. »Kai, du kannst doch nicht …«
»Eure Majestät«, sagte Konn Torin, ohne Cinder eines Blickes zu würdigen. »Ich habe Euch viel Freiheit gewährt, aber jetzt sollte Schluss damit sein. Ihr macht Euch zum Gespött der Leute.«
Kai schloss die Augen und rieb sich die Stirn. »Nur einen Moment noch. Ich brauche noch einen Augenblick zum Nachdenken.«
»Den haben wir nicht mehr. Wir haben das alles oft genug besprochen …«
»Ich habe neue Informationen«, sagte Kai barsch. Konn Torins Gesicht verdunkelte sich, und er warf einen argwöhnischen Blick auf Cinder. Sie erschrak vor der Missbilligung – dieses Mal wurde sie nicht gehasst, weil sie ein Cyborg war, sondern ein normales Mädchen, das die Aufmerksamkeit des Kaisers nicht verdiente.
Und dieses Mal war sie ganz seiner Meinung.
Falls sie verständnisvoll aussah, übersah der Berater es. »Eure Majestät. Bei allem Respekt, Ihr könnt Euch den Luxus, ein liebeskranker Teenager zu sein, nicht mehr erlauben. Ihr habt eine Pflicht gegenüber Eurem Volk zu erfüllen.«
Mit gesenktem Kopf und leerem Blick sah Kai Konn Torin an. »Ich weiß«, sagte er. »Ich werde das tun, was das Beste für mein Volk ist.«
Mit beiden Händen raffte Cinder ihren Rock zusammen, Hoffnung keimte in ihr auf. Er hatte ihre Warnung verstanden. Er verstand, was für einen Fehler er machte, wenn er Königin Levana heiraten würde. Sie hatte es geschafft.
Aber dann drehte er sich zu ihr um und die Hoffnung verflog, als er sie hilflos ansah.
»Danke, dass du mich gewarnt hast, Cinder. Wenigstens gehe ich nicht blind in diese Sache.«
Sie schüttelte den Kopf. »Kai. Du darfst das nicht tun.«
»Ich habe keine Wahl. Sie hat eine Armee, die uns vernichten kann. Sie hat ein Gegenmittel, das wir brauchen … Ich muss es darauf ankommen lassen.«
Cinder taumelte zurück, als hätte sie jetzt den Schlag abbekommen, vor dem er sie vorhin geschützt hatte. Er würde Königin Levana heiraten.
Königin Levana würde Kaiserin werden.
»Es tut mir leid, Cinder.«
Er sah niedergeschmettert aus. Doch während sich auf Cinder eine tonnenschwere Last legte, fand Kai irgendwo noch genug Stärke, sich mit erhobenem Kopf umzudrehen und auf die Bühne am anderen Ende des Ballsaals zuzugehen, um den versammelten Gästen seine Entscheidung zu verkünden.
Sie überlegte fieberhaft, was ihn bewegen könnte, seine Meinung zu ändern. Aber was sollte das sein?
Er wusste, dass Levana einen Krieg beginnen würde. Dass sie ihn wahrscheinlich nach der Hochzeit töten würde. Wahrscheinlich wusste er viel mehr über ihre grausame Vergangenheit als Cinder, und selbst das machte keinen Unterschied. Er schien immer noch so naiv zu sein, zu glauben, dass aus der Verbindung mehr Gutes als Schlechtes entstehen würde und er dem nicht im Wege stehen dürfe.
Außer Kai hatte nur die Königin selbst die Macht, das Heiratsbündnis zu verhindern.
Cinders Herz ballte sich wie eine Faust zusammen.
Bevor sie wusste, was sie tat, stürmte sie hinter Kai her, packte ihn am Ellenbogen und wirbelte ihn zu sich herum.
Ohne zu zögern, schlang sie ihm die Arme um den Hals und küsste ihn.
Kai erstarrte, sein Körper fühlte sich fest an wie der eines Androiden, aber seine Lippen waren weich und warm. Cinder hatte ihm nur einen kurzen Kuss geben wollen, aber jetzt konnte sie einfach nicht aufhören. Ein heißes Prickeln schoss durch ihren Körper, überraschend und erschreckend, aber nicht unangenehm, es brandete wie Elektrizität durch ihre Verdrahtungen. Diesmal überwältigte es sie nicht. Diesmal drohte es nicht sie von innen zu verbrennen.
Alle Hintergedanken und ihre ganze Verzweiflung waren für einen kurzen Moment wie weggeblasen. Sie küsste ihn nur, weil sie ihn küssen wollte, aus keinem anderen Grund. Und sie wollte, dass er das merkte.
Ihr war nicht klar, wie sehr sie sich wünschte, dass er sie auch küsste – bis deutlich wurde, dass er es nicht tun würde.
Cinder ließ von ihm ab. Ihre Hände lagen noch auf seinen Schultern, und sie bebte von der rohen Energie, die in ihr freigesetzt worden war.
Kai gaffte sie mit offenem Mund an, und obwohl Cinder zurückweichen wollte, um sich wortreich zu entschuldigen, schob
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