Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
ihnen, kletterte auf den Kofferraum des Hovers und zog die Beine zu sich heran. »Weißt du, man erzählt sich, dass er auf dem Ball eine Braut sucht.«
»Eine Braut!«, sagte Iko. »Wie romantisch.«
Cinder ging am hinteren Stoßdämpfer in die Hocke und zog eine kleine Taschenlampe aus dem Gürtel. »Gibst du mir den Schraubenschlüssel wieder?«
»Hast du mir nicht zugehört? Eine Braut, Cinder.«
»Ach, Blödsinn. Er ist doch höchstens neunzehn oder so.« Cinder klemmte die Taschenlampe zwischen die Zähne und nahm Iko den Schraubenschlüssel ab. Die hinteren Schrauben waren nicht so verrostet, weil sie durch den Kofferraum geschützt waren, und konnten mit ein paar schnellen Drehungen gelöst werden.
»Achtzehneinhalb«, sagte Peony. »Es stimmt aber. Alle Promi-Links sind sich einig.«
Cinder stöhnte entnervt.
»Ich würde Prinz Kai sofort heiraten.«
»Ich auch«, sagte Iko.
Cinder spuckte die Taschenlampe aus und schlurfte zur vierten Ecke des Riemens. »Ihr und alle anderen Mädchen im Staatenbund.«
»Als ob du’s nicht machen würdest«, sagte Peony.
Cinder antwortete nicht. Sie lockerte die letzte Schraube, die den Magnetriemen hielt. Klirrend fiel sie zu Boden. »Das hätten wir.« Sie schlüpfte unter dem Hover hervor und verstaute Schraubenschlüssel und Taschenlampe in dem Fach in ihrer Wade, bevor sie wieder aufstand. »Seht ihr noch irgendwelche anderen Hover, die wir ausschlachten sollten, wenn wir schon mal hier sind?« Sie zog den Magnetriemen unter dem Hover hervor und klappte ihn an den Scharnieren zu einem weniger sperrigen Metallstab zusammen.
»Ich habe da drüben was gesehen.« Iko schwenkte das Licht über die Schrotthaufen. »Aber ich weiß nicht, was für ein Modell.«
»Super. Zeig mal.« Cinder stupste die Androidin mit dem Magnetriemen an. Iko setzte sich in Bewegung, dabei murmelte sie vor sich hin, dass sie hier auf dem Schrottplatz feststeckten, während es bei Adri zu Hause sauber und gemütlich war.
»Außerdem«, sagte Peony und sprang vom Kofferraum, »sind die Gerüchte, dass er auf dem Ball nach einer Braut sucht, viel besser als das, was man sonst noch so hört.«
»Lass mich raten. Prinz Kai ist ein Marsbewohner? Oder nein, warte, er hat ein uneheliches Kind mit einer Eskortdroidin, stimmt’s?«
»Eskortdroidinnen können Kinder bekommen?«
»Natürlich nicht.«
Wütend pustete Peony sich eine Locke aus der Stirn. »Nein, es ist schlimmer. Man sagt, na ja, dass er …« Sie flüsterte mit rauer Stimme: »… Königin Levana heiraten wird.«
»Königin …« Cinder erstarrte und sah sich nach allen Seiten um, als könnte jemand hinter den Abfallhaufen lauern. Dann sagte sie leise: »Ehrlich, Peony. Dieser Promikram weicht dein Hirn auf.«
»Ich will es auch nicht glauben, aber alle sagen es. Deswegen wohnt die Botschafterin der Königin im Palast, um ein Bündnis einzufädeln. Diese Hexe. Alles aus politischen Gründen.«
»Das glaube ich nicht. Prinz Kai würde sie nie heiraten.«
»Das weißt du doch gar nicht.«
Aber sie wusste es genau. Cinder kannte sich vielleicht nicht in der intergalaktischen Politik aus, aber sie wusste, dass Prinz Kai ein Idiot wäre, wenn er Königin Levana heiratete.
Wieder sah Cinder zum lauernden Mond hoch und hatte plötzlich eine Gänsehaut. Der Mond hatte sie schon immer beunruhigt, als würden seine Bewohner sie von dort oben beobachten. Vielleicht würde sie sie auf sich aufmerksam machen, wenn sie den Mond zu lange anstarrte. Unsinniger Aberglaube, aber andererseits war an Lunariern alles unheimlich und hatte mit Aberglauben zu tun.
Die Lunarier hatten sich vor Jahrhunderten aus einer irdischen Mondkolonie entwickelt. Aber sie waren nicht mehr menschlich. Es hieß, Lunarier konnten Gedanken manipulieren. So dass man Dinge sah, Gefühle hatte und Sachen tat, die man eigentlich nicht sehen, fühlen und tun sollte. Durch diese übernatürliche Macht waren sie gierig und grausam geworden – und Königin Levana war die Schlimmste von ihnen.
Es hieß auch, dass sie spürte, wenn Menschen über sie sprachen, sogar Tausende Kilometer entfernt. Selbst unten auf der Erde.
Und es hieß, dass sie ihre ältere Schwester, Königin Channary, ermordet hatte, um selbst den Thron zu besteigen. Dass sie ihren Ehemann ermorden ließ, damit sie eine bessere Partie machen konnte. Dass sie ihre eigene Stieftochter gezwungen hatte, sich das Gesicht zu verunstalten, weil sie schon mit dreizehn Jahren schöner war, als es die
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