Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
spielte ein holografisches Spiel. Die Figuren ähnelten den Lieblingsprominenten des Mädchens – allein drei Doppelgänger von Prinz Kai waren unter ihnen. Lange war es Peonys und ihr Lieblingsspiel gewesen, aber jetzt kämpfte Pearl gegen irgendwelche Fremden im Netz und sah gelangweilt und unglücklich dabei aus. Als Cinder hereinspazierte, gafften Pearl und Adri sie mit offenem Mund an, während eine Miniaturversion des Prinzen in das Langschwert seines virtuellen Gegners fiel, weil Pearl das Spiel zu spät angehalten hatte.
»Cinder«, sagte Adri und legte den Portscreen auf einen Beistelltisch. »Wie geht es dir?«
»Sie haben ein paar Tests mit mir gemacht und gemerkt, dass sie mich nicht gebrauchen können. Also haben sie mich wieder weggeschickt.« Cinder lächelte gezwungen. »Mach dir keine Sorgen, ich bin mir sicher, dass sie dein nobles Opfer anerkennen werden. Vielleicht schicken sie dir eine Dankeschön-Tele.«
Adri stand auf und sah Cinder ungläubig an. »Sie dürfen dich nicht zurückschicken!«
Cinder zog sich die Handschuhe aus und stopfte sie in die Hosentasche. »Dann musst du wohl eine offizielle Beschwerde einreichen. Tut mir leid, dass ich hier einfach so reingeplatzt bin. Ich sehe ja, dass du mit dem Haushalt alle Hände voll zu tun hast. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest. Ich versuche, meinen Unterhalt zu verdienen, damit du mir das nächste Mal, wenn du wieder einen bequemen Weg gefunden hast, mich loszuwerden, vielleicht doch eine Träne nachweinst.«
Sie marschierte in den Flur. Iko streckte ihren glänzenden Kopf aus der Küche. Ihr blauer Sensor wurde hell vor Überraschung. Cinder war erstaunt, wie schnell aus ihrer Bitterkeit Erleichterung wurde. Eine Zeit lang hatte sie gedacht, dass sie Iko nie wiedersehen würde.
Ihre Freude verflog, als Adri ihr in den Flur hinterhergehastet kam. »Warte mal, Cinder.«
Obwohl sie mit dem Gedanken spielte, Adri zu ignorieren, blieb Cinder stehen und drehte sich zu ihrem Vormund um.
Sie starrten sich an. Adri malmte mit den Zähnen, sie hatte ihre Überraschung noch nicht überwunden. Sie sah alt aus, um Jahre älter als noch vor kurzem.
»Ich werde im Labor anrufen und deine Geschichte überprüfen, ich will sichergehen, dass du mir nichts vorlügst«, sagte sie. »Wenn du irgendetwas getan hast … wenn du mir diese eine Gelegenheit, meiner Tochter zu helfen, durchkreuzt hast …« Ihr versagte die Stimme vor Ärger, dann schrie sie Cinder schrill an. Cinder konnte die Tränen aus ihren Worten heraushören. »Zu irgendetwas musst du doch nütze sein!« Sie richtete sich auf und hielt sich am Türpfosten fest.
»Was verlangst du denn noch von mir?«, brüllte Cinder zurück und ruderte wie wild mit den Armen. »Gut, schick den Ärzten eine Tele! Ich habe nichts Schlimmes gemacht. Ich bin dort gewesen, sie haben mich durchgetestet, und sie wollten mich nicht. Tut mir leid, dass sie mich nicht in einem Pappkarton zurückgeschickt haben, falls du dir das erhofft hast.«
Adris Mund wurde schmal. »An deiner Stellung in diesem Haushalt hat sich nichts geändert, und ich dulde es nicht, dass die Waise, die ich in mein Haus aufgenommen habe, so respektlos mit mir spricht.«
»Ach ja?«, sagte Cinder. »Soll ich vielleicht auch mal all die Dinge auflisten, die ich eigentlich nicht dulde und die mir heute angetan worden sind? Sie haben mich mit Nadeln gestochen und Stifte in meinen Kopf gesteckt und mich mit giftigen Mikroben …« Sie unterbrach sich, denn sie wollte nicht, dass Adri die Wahrheit erfuhr. Etwas über ihren wirklichen Wert. »Ganz ehrlich, es ist mir so egal, was du duldest und was nicht. Du bist diejenige, die mich verraten hat, obwohl ich dir nie etwas getan habe.«
»Das reicht. Du weißt ganz genau, was du mir angetan hast. Und der ganzen Familie.«
»Ich kann nichts für Garans Tod.« Sie wandte den Kopf ab. Sie war so wütend, dass kleine weiße Flecken vor ihren Augen tanzten.
»Gut«, sagte Adri, die ihre gewohnte Überlegenheit wiedergewonnen hatte. »Na schön. Du bist also wieder da. Willkommen zu Hause, Cinder. Aber solange du in meinem Haus lebst, tust du, was ich sage. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Cinder stützte sich mit der Cyborg-Hand an der Wand ab. »Ich soll tun, was du sagst. Klar. ›Erledige deine Pflichten, Cinder. Such dir einen Job, damit ich meine Rechnungen zahlen kann. Geh und spiel Versuchskaninchen für die verkorksten Wissenschaftler.‹ Ja, du hast dich sehr klar
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