Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
Vom Netzwerk:
er Sie zum Ball gebeten hat?«
    »Das ist doch etwas ganz anderes!«
    »Stellen Sie sich nicht dumm, Linh-mèi. Ich verstehe Ihre Vorurteile. In vielerlei Hinsicht sind sie sogar gerechtfertigt, wenn man sich die Geschichte der Erde und der Lunarier ansieht. Aber das heißt noch lange nicht, dass wir alle gierige, egoistische Teufel sind. Glauben Sie mir – es gibt keinen Menschen auf diesem Planeten, der Levana lieber vom Thron stürzen würde als ich. Wenn ich die Kraft dazu hätte, würde ich sie persönlich umbringen.« Das Gesicht des Arztes war kirschrot angelaufen, seine Augen blitzten.
    »Ist ja gut«, sagte Cinder. Mit ihren Stahlfingern bohrte sie ein Loch ins Polster der Stuhllehne. »Das kaufe ich Ihnen ab. Nicht alle Lunarier sind Teufel, und nicht alle Lunarier lassen sich so leicht manipulieren, dass sie Levana folgen. Aber selbst die, die ihr Widerstand leisten, wie viele von denen setzen ihr Leben aufs Spiel, indem sie fliehen?« Sie hielt inne und betrachtete den Arzt. »Und? Warum sind Sie geflohen?«
    Erst sah es so aus, als wollte er aufstehen, aber nach kurzem Zögern ließ er die Schultern sinken und sackte in sich zusammen. »Sie hat meine Tochter getötet.«
    Wahrheit .
    Cinder erschrak.
    »Und das Schlimmste daran ist«, fuhr der Arzt fort, »wenn es das Kind anderer Leute gewesen wäre, hätte ich es richtig gefunden.«
    »Was? Warum?«
    »Weil sie eine Hülle war.« Er nahm seine Mütze vom Schreibtisch und zeichnete das Fischgrätmuster mit den Fingern nach. »Vor ihrer Geburt war ich mit den Gesetzen einverstanden und hielt Hüllen für gefährlich. Ich glaubte, dass unsere Gesellschaft auseinanderbräche, wenn sie am Leben blieben. Aber doch nicht mein kleines Mädchen.« Ein verbittertes Lächeln umspielte seine Lippen. »Nach ihrer Geburt wollte ich fliehen und sie zur Erde bringen, aber meine Ehefrau war Ihrer Majestät sogar noch ergebener als ich. Sie wollte nichts mit dem Kind zu tun haben. Und so wurde meine kleine Crescent Moon weggebracht, wie all die anderen auch.« Er schob sich die Mütze auf den Kopf und blinzelte zu Cinder hoch. »Sie wäre jetzt so alt wie Sie.«
    Cinder setzte sich wieder, ganz auf die Vorderkante des Stuhls. »Das tut mir leid.«
    »Es ist schon lange her. Aber Sie müssen wissen, dass jemand sehr viel auf sich genommen hat, um Sie hierherzubringen. Dass er sogar so weit gegangen ist, Ihre Gabe zu verstecken – alles, um Sie zu schützen.«
    Cinder verschränkte die Arme und machte sich so klein wie möglich. »Aber warum ausgerechnet ich? Ich bin keine Hülle. Ich war nicht in Gefahr. Ich verstehe das nicht.«
    »Ich verspreche Ihnen, dass Sie es bald verstehen werden. Hören Sie gut zu, es könnte ein Schock für Sie sein.«
    »Ein Schock? Sie meinen, das war alles erst Vorgeplänkel?«
    Er sah sie freundlich an. »Ihre Gabe kehrt zurück, Linh-mèi. Ich konnte Ihre Bioelektrik dazu bringen, Linh Garans Prototyp kurzzeitig zu überwinden. An Ihrem ersten Tag hier bei uns, als Sie das Bewusstsein verloren haben. Das Schloss vor Ihrer Gabe ist dabei unwiederbringlich beschädigt worden. Mit etwas Übung können Sie die Sicherung jetzt alleine außer Kraft setzen, bis Sie Ihre Gabe schließlich steuern können. Offensichtlich ist es schmerzhaft, wenn sie zu schnell zurückkommt, so wie heute, aber das wird nicht oft passieren, nur wenn Sie sich emotional extrem aufregen. Können Sie sich vorstellen, was vorhin der Auslöser gewesen sein könnte?«
    Als Cinder sich an Kais Nähe im Aufzug erinnerte, machte ihr Magen einen Salto. Sie räusperte sich. »Wollen Sie mir sagen, dass ich eine echte Lunarierin werde? Mit Zauber und allem?«
    Dr. Erland schnalzte missbilligend, korrigierte sie aber nicht noch einmal. »Ja, genau. Es wird wohl eine Weile dauern, aber irgendwann werden Sie die natürliche Gabe, mit der Sie geboren wurden, ohne jede Einschränkung nutzen können.« Er fuchtelte in der Luft herum. »Möchten Sie es jetzt versuchen? Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es könnte klappen.«
    Cinder stellte sich vor, wie ein knisternder Funken die Verkabelung ihrer Wirbelsäule hochlief. Wahrscheinlich spielte sich das nur in ihrem Kopf ab, selbst verursachte Panik durch Einbildung, aber konnte sie sicher sein? Wie es sich wohl anfühlte, Lunarier zu sein? So eine Macht ausüben zu können?
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, lieber nicht. Ich bin noch nicht bereit dazu.«
    Das Lächeln des Arztes geriet etwas dünn, als sei er ein bisschen

Weitere Kostenlose Bücher