Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
»Ist der Konferenzlink sicher?«, fragte er, weil er an den direkten Telechip dachte, den Cinder in Nainsi gefunden hatte. Die Schirme in diesem Raum waren mit D-TELEs ausgerüstet, damit sie internationale Konferenzen abhalten konnten, ohne befürchten zu müssen, im Netz abgehört zu werden. War Nainsi der Chip von einem Vasallen Levanas aus demselben Grund eingesetzt worden – um sie heimlich auszuspionieren? Falls ja, was hatte Levana herausgefunden?
»Selbstverständlich«, sagte Torin. »Die Links sind allesamt überprüft worden, Eure Hoheit. Wir haben gerade die Beziehungen der Erde zu Luna diskutiert, als Ihr geruhtet, zu uns zu stoßen.«
Kai verschränkte die Arme. »Gut. Sie meinen die Beziehungen zu der königlichen Domina, die jedes Mal einen Anfall kriegt und mit Krieg droht, wenn sie ihren Willen nicht bekommt?«
Niemand lachte. Torin fixierte Kai. »Kommt Euch der Zeitpunkt der Konferenz ungelegen, Eure Hoheit?«
Kai räusperte sich. »Ich bitte um Entschuldigung. Das war unangebracht.« Er erwiderte die Blicke der Regierenden, die ihn aus Tausenden Kilometern Entfernung beobachteten. Unter dem Tisch faltete er die Hände. Er fühlte sich wie ein Kind, das an der Seite seines Vaters an einer Konferenz teilnehmen darf.
»Ganz offensichtlich«, sagte Präsident Vargas aus Amerika, »sind die Beziehungen zwischen der Erde und Luna seit vielen Jahren angespannt, und unter Königin Levanas Herrschaft ist es nur noch schlimmer geworden. Wir sollten keiner Seite die Schuld hieran geben. Es ist nur wichtig, dass die Situation wieder ins Lot kommt, bevor …«
»Bevor sie einen Krieg beginnt«, fiel ihm ein Provinzvertreter aus Südamerika ins Wort. »Wie der junge Prinz bereits angemerkt hat.«
»Sollten die Berichte aus dem Netz stimmen«, sagte Generalgouverneur Williams aus Australien, »ist die Kommunikation zwischen der Erde und Luna bereits aufgenommen worden. Ist es zutreffend, dass Levana sich auf der Erde aufhält? Ich konnte diesen Nachrichten kaum Glauben schenken.«
»Doch, das stimmt«, sagte Torin und aller Augen richteten sich auf ihn. »Die Königin ist gestern Nachmittag eingetroffen, und ihre Oberste Thaumaturgin, Sybil Mira, ist bereits seit etwas über zwei Wochen Gast an unserem Hof.«
»Hat Levana Sie über den Zweck ihres Besuches unterrichtet?«, fragte Premierminister Kamin.
»Sie behauptet, einen Friedensvertrag schließen zu wollen.«
Ein Vertreter der Amerikanischen Republik lachte laut auf. »Das glaube ich erst, wenn ich es schwarz auf weiß sehe.«
Präsident Vargas ignorierte den Kommentar. »Ein ziemlich verdächtiger Zeitpunkt, nicht wahr? Ich meine, so bald nach …« Er beendet den Satz nicht. Niemand sah Kai an.
»Diese Ansicht teilen wir«, sagte Torin. »Aber wir konnten ihr die Bitte nicht abschlagen.«
»Es sah immer danach aus, als sei sie geneigter gewesen, mit dem Asiatischen Staatenbund eine Allianz zu diskutieren als mit einem der anderen Staaten«, sagte Präsident Vargas. »Allerdings waren ihre Forderungen auch immer überzogen. Haben sie sich geändert?«
Aus dem Augenwinkel sah Kai, wie Torin tief Luft holte. »Nein«, sagte er. »Unserer Kenntnis nach haben sich die Forderungen Ihrer Majestät nicht verändert. Ihr Ziel ist noch immer ein Heiratsbündnis mit dem Herrscher des Staatenbundes.«
Auch wenn sich die Gesichter auf den Schirmen Mühe gaben, unbeeindruckt zu bleiben, nahm ihr Unbehagen sichtlich zu. Kai ballte die Fäuste so kräftig, dass seine Fingernägel Halbmonde in den Handflächen hinterließen. Er hatte die Diplomatie dieser Treffen immer verabscheut. Alle dachten dasselbe, aber niemand war mutig genug, offen zu sprechen.
Natürlich würden sie alle Anteil an seinem Schicksal nehmen, doch sie wären froh, dass es nicht sie selbst getroffen hatte. Sie wären verärgert, dass Königin Levana in einem Land der Erde die Diktatur eingeführt hätte. Aber das wäre in ihren Augen immer noch besser, als wenn Levana die Erde mit ihrer Armee angriff.
»Die Haltung des Staatenbundes«, fuhr Torin fort, »hat sich ebenso wenig verändert.«
Das rüttelte sie auf.
»Ihr werdet sie nicht heiraten?«, fragte Königin Camilla aus dem Vereinigten Königreich, wobei ihre Stirnfalten sich noch vertieften.
Kai lehnte sich defensiv zurück. »Mein Vater war ganz entschieden gegen eine solche Allianz, und ich glaube, seine Gründe sind heute genauso gültig wie letzte Woche, letztes Jahr oder vor zehn Jahren. Ich muss doch erwägen,
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