Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
gefror. »Nein. Noch nicht.«
»Tja, keine von uns geht zum Ball, wenn er bis dahin nicht repariert ist.«
Cinder ließ sich nicht anmerken, wie gereizt sie war. Sie hatten in der letzten Woche schon zweimal darüber gesprochen. »Ich brauche Geld, um einen neuen Magnetriemen zu kaufen. Mindestens 800 Univs. Wenn die Einnahmen vom Markt nicht direkt auf dein Konto überwiesen würden, hätte ich längst einen gekauft.«
»Und ich soll dir vertrauen, dass du dir kein albernes Spielzeug kaufst?«, fragte Adri mit einem verächtlichen Blick auf Iko, dabei gehörte diese eigentlich ihr. »Außerdem kann ich nicht beides bezahlen: einen Magnetriemen und ein Kleid, das du sowieso nur einmal tragen würdest. Entweder du findest einen anderen Weg, den Hover zu reparieren, oder du musst dir das Kleid für den Ball selbst besorgen.«
Cinders Gereiztheit verstärkte sich. Sie hätte darauf hinweisen können, dass Adri Pearl und Peony Kleider von der Stange statt von der Schneiderin hätte kaufen können, damit noch Geld für Cinders übrig blieb. Oder darauf, dass die beiden ihre Kleider auch nur einmal anziehen würden. Oder darauf, dass sie diejenige war, die das Geld verdiente, und sie deswegen auch bestimmen sollte, wie es ausgegeben wurde. Aber all ihre Argumente würden zu nichts führen. Rechtlich gesehen war Cinder Adris Eigentum, genau wie die Haushalts-Androidin – und damit auch ihr Geld, ihre paar Habseligkeiten und selbst der neue Fuß, den sie erst vor ein paar Stunden angeschlossen hatte. Adri erinnerte sie nur allzu gerne daran.
Also schluckte sie den Ärger hinunter, bevor Adri einen Funken ihrer Rebellion bemerken konnte.
»Vielleicht kann ich den Magnetriemen gegen etwas anderes tauschen. Ich versuche es mal in ein paar Läden hier in der Gegend.«
Adri schnaubte. »Warum tauschen wir ihn nicht gegen diese nutzlose Androidin?«
Iko schoss hinter Cinders Beine.
»Wir würden nicht viel für sie bekommen«, sagte Cinder. »Niemand will so ein altes Modell.«
»Ach, wirklich? Vielleicht sollte ich euch beide als wandelnde Ersatzteillager verkaufen.« Adri griff nach dem unfertigen Saum von Pearls Ärmel und fummelte daran herum. »Mir ist es ganz egal, wie du den Hover reparierst. Aber tu’s vor dem Ball, und zwar billig. Dieses Schrottding belegt da unten nur einen kostbaren Parkplatz.«
Cinder steckte die Hände in die hinteren Hosentaschen. »Willst du damit sagen, wenn ich den Hover in Stand setze und ein Kleid besorge, darf ich dieses Jahr mitkommen?«
Adris Mundwinkel zuckten kaum merklich. »Es würde an ein Wunder grenzen, wenn du etwas Passendes zum Anziehen findest, das gleichzeitig diese …« Ihr Blick fiel auf Cinders Stiefel. »… Absonderlichkeit versteckt. Na gut. Wenn du den Hover reparierst, darfst du mit zum Ball gehen.«
Peony lächelte Cinder erstaunt an, während ihre ältere Schwester zur Mutter herumwirbelte. »Das ist nicht dein Ernst! Die? Die soll mitkommen?«
Cinder lehnte sich gegen den Türrahmen und versuchte ihre Enttäuschung vor Peony zu verbergen. Pearls Wutausbruch war überflüssig. Ein kleines orangefarbenes Licht hatte am Rande von Cinders Gesichtsfeld aufgeleuchtet – Adri hatte ihr Versprechen nicht ernst gemeint.
»Tja«, sagte sie und bemühte sich, zuversichtlich auszusehen. »Dann schaue ich mich mal nach einem Magnetriemen um.« Adri winkte gleichgültig in Cinders Richtung. Pearls Kleid beanspruchte ihre ganze Aufmerksamkeit, und Cinder war entlassen.
Cinder warf einen letzten Blick auf die prachtvollen Gewänder ihrer Stiefschwestern, bevor sie das Zimmer verließ. Kaum hatte sie den Flur betreten, schrie Peony laut auf.
»Prinz Kai!«
Cinder erstarrte, ging zurück und sah auf den Netscreen. Die Pestwarnungen waren von einer Live-Übertragung einer Pressekonferenz aus dem Palast abgelöst worden. Prinz Kai sprach vor den Journalisten – Menschen und Androiden.
»Mach den Ton an«, sagte Pearl und schubste die Näherin zur Seite.
»… Forschung bleibt unsere oberste Priorität«, sagte Prinz Kai gerade, wobei er sich an den Seiten seines Pultes festhielt. »Unser Forschungsteam ist fest entschlossen, einen Impfstoff gegen diese Krankheit zu finden, der meine Mutter bereits zum Opfer gefallen ist und die uns meinen Vater zu nehmen droht – wie auch Zehntausende unserer Bürger. Heute ist die Krankheit innerhalb unserer Stadtgrenzen ausgebrochen, die Lage hat sich verschärft. Wir können nicht mehr behaupten, dass diese Krankheit
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